Einführung und Kurzbericht meiner Rund-Reise in Sizilien:
Sizilien ist eine wunderschöne Insel mit herrlicher Natur und einmaligen historischen Denkmälern, die von einer sehr langen und wechselvollen Geschichte zeugen. Doch was mir nicht gefallen hat, ist der unendliche viele Müll, der sowohl in Straßengräben als auch in historischen Steinbrüchen abgeladen wird. Und die maroden Häuser in vielen Städten, selbst in UNESCO Weltkulturerbe-Städten. Wer das jedoch als „morbiden Charme“ bezeichnet, wird es vielleicht sogar genießen können.
Wer – wie ich – im Frühjahr nach Sizilien reist, kommt meist nicht auf direktem Wege dorthin, sondern muß mit den Flieger mehrmals umsteigen. So kam ich über Paris und Rom schließlich abends in Palermo an.
Geschichte – Gebirge – Genuss oder Mare – Monti – Mafia?
Wer kennt die Völker, nennt die Namen, die auf dieser Insel zusammen kamen? Es waren ziemlich viele, die auf der grüßten Mittelmeerinsel zwischen Europa und Afrika die zentrale und somit beherrschende Lage ausnutzen wollten. Sagen Ihnen vielleicht Völker wie Elymer oder Sikaner etwas, oder die Ausonier, Morgeter oder Sikuler? Mir sagten sie nichts. Dagegen die Phönizier, Griechen, Römer, Byzantiner und Araber schon. Doch auch die Normannen, die Staufer und die Aragonier sind mir nicht unbekannt. Man sollte es nicht glauben: sie alle haben die Insel über die Jahrtausende geprägt und eine Mischung aus den verschiedensten architektonischen und kulturellen Elementen dieser Völker geschaffen, die wohl weltweit einzigartig ist und den eigentlichen Reiz der Insel ausmacht.
Doch nicht nur die von Menschen geschaffenen Hinterlassenschaften sind imponierend, denn die vom Schöpfer kreierte Natur ist einfach überwältigend. Herausragend im wahrsten Sinne des Wortes ist natürlich der Ätna mit seinen 3.300 Metern ist er nicht nur Wahrzeichen der Insel, sondern auch der höchste – noch aktive – Vulkan Europas.
Nicht minder beeindruckend sind jedoch auch die drei Gebirgszüge der Insel, die auch im Symbol Siziliens, die Trinacria, dargestellt werden.https://de.wikipedia.org/wiki/Flagge_Siziliens
Doch zurück zum Untertitel: Geschichte – Gebirge – Genuss ist sicherlich passend, denn diese gewaltigen Baudenkmäler aus vorchristlicher Zeit lassen noch heute erahnen, welche Geschichte diese Insel hinter sich hat. Auch Gebirge ist richtig, denn in den meisten Teilen des Landes ist es sehr gebirgig und der Ätna ist nun wirklich nicht klein, sondern schwebt mit seiner weißen Kappe praktisch über dem Land. Genießen kann man auch. In erster Linie die Landschaft, die Natur und meist auch die kulinarischen Dinge (wenn man denn das richtige Lokal findet).
Die zweite Überschrift Mare – Monti – Mafia? Hätte eigentlich vor der ersten stehen können, denn jeder, dem ich erzählt hatte, dass ich nach Sizilien fahren wolle, warnte mich vor der Mafia. Das ist das Image, das diese Insel sich im Laufe der Jahrhunderte geschaffen hat. Noch heute gefördert durch weltberühmte Filme wie „Der Pate“ mit Marlon Brando oder „Corleone“. Auch mein Unterbewusstsein war und ist nicht frei davon, doch als ich in Reiseführern gelesen habe, dass die Mafia heute stark im Tourismusgeschäft e ngagiert ist und sich nicht den Zweig eines fruchtbaren Baumes absägen will, hatte ich weniger Bedenken, die Insel zu bereisen.
Soweit zur Vorgeschichte oder zur Einführung.
- Tag: Mittwoch, 24. 3. 2010
Nun bin ich da. In Palermo auf Sizilien. Nach einer Odyssee – hätte man früher gesagt – von Rendsburg mit dem Taxi nach Neumünster. Dann weiter mit dem „Kilius“-Bus zum Flughafen Hamburg ist es sicherlich viel angenehmer und bequemer, als mit dem Auto zum Holiday-Parkplatz am Flughafen und dann mit dem Shuttle zum Terminal zu fahren. Dann – weil man ja günstig fliegen will – zunächst nach Paris und dann weiter nach Rom und dann nach Palermo. Ich bin um 10:10 Uhr von meiner Wohnung abgeholt worden und war gegen 22:15 Uhr im Hotel in Palermo. Da sieht man schon, dass Palermo nicht gerade um die Ecke liegt und man vielleicht schneller in Los Angeles ist, als in Palermo. Das hat aber auch etwas Gutes an sich, denn jeder fliegt nach L.A. aber nur wenige nach Palermo, insbesondere in der Nebensaison.
So sieht´s am Flughafen Charles De Gaulle aus… …und so über den Alpen!
Angekommen am Flughafen Palermo sollte man eigentlich das Wort oder die Floskel „fa niente“ („macht nichts“ für italienisch Unkundige) zum allgemeinen Sprachgebrauch hinzufügen. Denn: mein Koffer war nicht mit angekommen. Vielleicht ist er in Rom hängen geblieben (wo nur eine Stunde Zeit zum Flugzeugwechsel war) oder gar schon in Paris. „Passt schon“, würden vielleicht andere sagen, die das schön öfters erlebt haben. Nun gut. Auto mieten und ins Hotel fahren.
Nur gut, dass ich mein Navi mitgenommen habe, denn im Dunkeln in einer fremden Stadt mitten im Zentrum ein Hotel zu finden, ist auch für Vielreisende eine kleine Herausforderung. So klappte es ganz gut, obgleich ich das Hotel Garibali nicht sofort erkannte und ein paar Meter zu weit fuhr. Doch das machte nichts (fa niente), denn auch wenn es eine Einbahnstraße ist, fuhr ich ein paar Meter rückwärts und dann in den Innenhof. (Wenn (fast) alle Autofahrer statt 80 auf der 4-spurigen autobahnähnlichen Straße vom Flughafen in die Stadt mindestens 120 km/h fahren, wird das wohl auch nicht strafbar sein.)
Doch das ist nur der eine Teil des ersten Eindrucks von Palermo oder von Sizilien. Das Hotel liegt direkt am Theater und das habe ich natürlich gleich fotografiert:
Das Hotel Garibaldi und der Eingang ins Untergeschoss
Da bin ich nun im Hotel und zeige meine Reservierung vor und frage gleich nach, ob ich vielleicht eine zweite Nacht bleiben kann, weil ich ja nicht weiß, wann mein Gepäck kommt. Doch für morgen ist man „fully booked“. Gut für die, schlecht für mich, kann man da nur denken. Doch der Rezeptionist schlägt ein anderes Hotel vor, das zur Gruppe gehört. Nun, warten wir´s mal ab, vielleicht kriege ich mein Gepäck ja morgen früh. Doch er erklärte mir weiter: “We have a problem!“ Der Strom wird morgen zwischen 9 und 2 Uhr abgeschaltet und so sollte ich doch möglichst bis 8:30 zum Frühstück kommen. „Fa niente“ dachte ich mir nur. Was macht´s? In drei Sprachen wir man – in gedruckter Form und sogar noch farbig – auf die Stromabschaltung aufmerksam gemacht. Das nenne ich Service!
Auf dem – sehr modernen und sehr schönen – Zimmer angekommen, habe ich sofort meine Schwiegertochter – sie ist Italienerin – angerufen, „Bella Italia“ gesagt und ihr meine ersten Erlebnisse von Sizilien erzählt. Herzliches Gelächter natürlich. Willkommen in Italien oder besser gesagt: auf Sizilien!
Doch wollen wir nicht meckern: Das Hotel Garibaldi ist schon toll!
Wo findet man ein solches Treppenhaus als Notausgang?! Das Schlafzimmer… …der Arbeitsplatz … …und das Badezimmer.
Nach der kurzen Zimmerbesichtigung bin ich gleich wieder nach draußen gegangen, denn die kleinen Snacks auf den Fliegern machen ja nicht wirklich satt und so verspürte ich – obgleich schon nach 10 Uhr abends – doch einen gewissen Appetit auf was Leckeres.
Doch erst bewunderte ich das schöne Theater, das sich selbst ohne Stativ und ohne Blitz gut fotografieren ließ (da merkt man gleich das Foto-Seminar vom Wochenende!)
Das Theater… …und auch das Foto von diesem Haus sieht gut aus!
Auf der anderen Seite des Theaters liegt ein kleines Restaurant, wo ich um 10:20 Uhr abends noch eine herrliche Avocado mit Shrimps genossen habe, wie ich sie noch nie gegessen hatte.
Dazu eine halbe Flasche sizilianischen Rotwein und ich war genau dort, wo ich sein wollte: im genussreichen Sizilien! Es war übrigens das Restaurant „La Scudiero“.
So, nun ist es schon 00:45 Uhr und ich sollte wohl mal ins Bettchen gehen. Mein Schlafanzug schwirrt wohl noch irgendwo auf einem Flughafen herum…
- Tag: Donnerstag, 25. 3. 2010
Ich musste ja (für meine Verhältnissen) früh aufstehen, um rechtzeitig bis 8:30 Uhr zum Frühstück zu sein, denn ab 9:00 Uhr wird ja der Strom abgeschaltet. Doch zunächst wollte ich mal ein Blick aus dem Fenster riskieren, denn der Straßenlärm dringt auch durch die geschlossenen Fenster und Fensterläden ins Zimmer. Pulsierendes Leben!
Der Blick aus dem Fenster auf das Theater… …und den Vorplatz und auf die gegenüberliegende Straße, wo sich Busse gegenseitig verstopfen und der Carabinieri (im weißen Auto) nichts sieht, da er nur mit dem Ausfüllen von Strafzetteln für Falschparker beschäftigt ist!)
Doch jetzt schnell in die Badewanne (als Sprudelbad ausgebaut!), Haare geföhnt und mir den Fingern gekämmt (meine Haarbürste ist ja noch am Flughafen oder wo auch immer?) und dann – wieder auf der schönen Wendeltreppe – hinab in den Frühstückskeller.
Da mein Koffer aber noch am Flughafen war (gegen 23:30 hatten die von „Lost and Find“ angerufen, doch den Anruf habe ich nicht mitbekommen, dass das Gepäck offenbar noch mit einer späteren Maschine angekommen war.) Erst rief ich selbst an, doch da war noch niemand da, sollte erst ab 8 Uhr besetzt sein. Dann rief das Hotel an, doch erhielt nur die Auskunft: erst ab 9.00 Uhr. Also bin ich erst mal zum Frühstücken gegangen. War recht ordentlich für deutsche Verhältnisse (Angeber!), doch für italienische sicherlich als sehr gut zu bezeichnen, doch das Urteil überlasse ich lieber Fachleuten, die schon mehrmals in Italien waren.
So bummelte ich nach dem Frühstück etwas durch die Stadt, sah mir erneut das Theater an und ging dann runter zum Hafen, wo die Schiffe nicht nur nach Orten in Italien fuhren, sondern auch nach Afrika. Soweit südlich in Europa war ich noch nie (oder liegt die Algarve in Portugal südlicher?) Das habe ich auch am Abend gespürt, als ich den Mond sah, der senkrecht am Himmel stand und sogar etwas nördlich vom Zenit, während er bei uns immer südlicher steht. Schon faszinierend (für mich zumindest!).
Doch das sind die zweiten Eindrücke, an die man nicht vorbeischauen kann.
Dieses Gebäude – das Museum – steht dann in jedem Reiseführer, sicherlich zu recht.
Man sieht es: es ist noch absolute Vorsaison! Zeit also für ein Nickerchen.
Auch er hält noch ein Schläfchen vor dem Theater… …während er Tag und Nacht wach zu sein scheint.
Wenn man in der Vorbereitung auf eine solche Reise die verschiedenen Reiseführer und -broschüren liest, dann glaubt man, in Palermo stehen die Baudenkmäler aus vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden nur so herum. Ja, einige gibt es sicherlich, doch in einer Stadt mit 300.000 Einwohnern überwiegen doch die „normalen“ Gebäude. Und die sehen nicht besonders attraktiv aus, sondern eher simpel: heruntergekommen, ungepflegt, schäbig, kurz: nicht besonders gut anzusehen. Da fragt man sich – oder zumindest ich mich – liegt es daran, dass hier wenig Geld vorhanden ist (obgleich dicke Schlitten nicht zu übersehen sind!), oder – wie ich dies in Venedig kennenlernen musste, man lässt das Äußere verfallen, um keinen Neid zu erzeugen, dafür es aber im Innern alles Top ist? Ich persönlich glaube eher daran, dass die Gelder, die in den Mezzogiorno von Italien und nach Sizilien geflossen sind, nur in gewissen Taschen verbleiben, während die breite Masse leer ausgeht. (Wieso denke ich immer, wenn ich gut aussehende und elegant gekleidete ältere Herren sehe, an Corleone und den „Paten“?)
Nachdem ich wieder im Hotel angelangt war und man erneut am Flughafen angerufen hatte, bekam ich die Bestätigung, dass mein Koffer da wäre. Also ab ins Auto und hin zum Flughafen. Das ist gar nicht so leicht, wie ich es mit gedacht hatte, denn so viele Hinweisschilder gab es zum Flughafen nicht und mein Navi konnte ihn schon gar nicht finden (weil ich ihm keinen genauen Ort und keine Straße eingeben konnte).
Also fuhr ich kreuz und quer durch die Stadt und erreicht zunächst nur den Badeort Mondello, was auch nicht so schlimm war, denn das ist ein netter Ort an einer tollen Bucht.
Schöne alte Villa, leider etwas heruntergekommen. Wie schade!
Die Badeanstalt (noch geschlossen)… …der Hafen… …und auf jeder Zinne sitzt eine Möwe.
Als ich dann endlich die Autobahn im Visier hatte und auf sie auffuhr, kam plötzlich – ohne Vorankündigung – eine Abzweigung mit mehreren Orten, so dass man sich innerhalb einer Sekunde entscheiden musste, ob links oder rechts fahren. Natürlich fuhr ich in die falsche Richtung! Um es kurz zu machen – entweder bin ich zu blöd oder die Verkehrsbeschilderung zu schlecht – ich hatte da meine Problemchen, auf die Autobahn in Richtung Flughafen zu kommen. Man gut, dass ich nicht unter Zeitdruck stand, doch was mache ich nächste Woche, wenn ich morgens rechtzeitig da sein muss?
Irgendwann kam ich dann am Flughafen an, bekam auch meinen Koffer, doch für das kurzfristige Parken durfte ich 3 Euro zahlen, was eigentlich die Fluggesellschaft hätte zahlen sollen, denn es war ja nicht mein Fehler gewesen, dass das Gepäck nicht rechtzeitig da war. Doch wie sagt man so schön: Fa niente!
Mein Wunsch war es gewesen, heute nach Segesta zu fahren, um mir den dorischen Tempel anzusehen. Gewiss liegt es an mir, dass ich in Segesta gesucht und gesucht und an wichtigen Abzweigungen und Kreuzungen plötzlich kein Hinweisschild mehr gefunden habe. So landete ich zunächst an der Kirche in Segesta mit seinem tollen Portal, sowie dem herrlichen Kirchenschiff und dem schönen Silberkreuz im Innern.
Ich fuhr sogar hoch auf die alte Burgruine (nur machbar mit einem Mini-Auto wie meinem gemieteten Panda. Mit meinem Volvo C70 wäre das unmöglich gewesen!), von der man einen wahnsinnig schönen Blick auf die ganze Region hat. Die Herrscher wussten früher schon, wo man sich niederlässt, die alten Griechen, Römer, Phönizier oder wer es auch immer gewesen sind, die dort oben residiert haben.
Nach diesem Besuch suchte und suchte ich weiter und landete plötzlich an einem Kriegerdenkmal außerhalb der Stadt, das dem Garibaldi gewidmet war und wo er gesagt haben soll: „Entweder entsteht hier Italien oder wir sterben“. Er hat offenbar gesiegt und ist erst später gestorben.http://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Garibaldi
Doch irgendwann fand ich das „richtige“ Segesta. Ich hätte mich ganz einfach an die vielen Busse hängen sollen, die ich dort plötzlich sah, doch die sind sicherlich über die Autobahn von Palermo dorthin gefahren, während ich die Nebenstraßen benutzt habe.
Erst könnte man glauben – nachdem man 6 € Eintritt gezahlt hat – das wäre ein Nachbau. Doch das ist es offenbar nicht: Über 2.500 Jahre steht diese nicht vollendete Pracht nun schon dort und lässt sich bewundern: der dorische Tempel! In einer unerschütterliche Ruhe und Erhabenheit steht er da und blickt auf die Touries aus aller Welt herab, auch auf mich!https://de.wikipedia.org/wiki/Segesta
Seinetwegen bin ich nach Sizilien gereist! Hier weht nicht nur der Wind recht heftig, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes der Geist der Geschichte! Als wir in Norddeutschland womöglich noch in Höhlen lebten (Hallo?! Wo gibt es denn Höhlen und Schleswig-Holstein? Wir haben schon mit den Wikingern die Welt erobert, nur will das keiner wahrhaben…), wurden hier die tollsten Tempel errichtet, die bis heute erhalten geblieben sind und von den Baukünsten der alten Griechen erzählen.
Dagegen fand ich die Ausgrabungen in diesem Gebiet nicht besonders aufregend, so etwas findet man auch anderswo, doch das restaurierte Theaterforum mit über 4.000 Plätzen ist schon sehenswert!
Nachdem ich fast 2 Stunden griechische Baudenkmäler erwandert und bewundert hatte, machte ich mich auf nach Marsala, um den berühmten Marsala genießen zu können. Die Fahrt dahin war ja noch ganz angenehm, d. h. bis auf die eine Ausnahme, als die beiden Straßen nämlich plötzlich gesperrt waren und ich – und auch mein Navi nicht mehr weiter wussten. Doch wie in Italien üblich: Verkehrsregeln sind nur was für Blöde oder Ausländer (worin liegt der Unterschied?). Also ignorierte ich die Duschfahrtsverbotsschilder und fuhr weiter – wie mein Navi es anzeigte. Doch plötzlich stand ein aufgeschütteter Erdwall vor mir und da war Schluss! Es gab allerdings zwei kleine Feldwege, der eine links und der andere rechts abbiegend. (Immer diese Entscheidungen! Soll ich den Witz mal erzählen? Nein, na denn nicht.)
Ich entschied mich für den linken, denn unten im Tal sah ich ein Auto, das diesen Weg offenbar auch genommen hatte und nur ca. 1 km Luftlinie vor mir lag das nächste Dorf. Also los! Nach wenigen Metern war diese Weg zu Ende, doch ein scharfer Knick nach rechts unten zeigte mit eine Verlängerung oder sagt man Abzweigung? Also kurz zurücksetzen und dann hinab in die Tiefe. Doch es ging nicht nur steil bergab (leider war kein Verkehrsschild angebracht, welche Steigerung es war (macht man wohl bei Feldwegen nicht!)), sondern auch ziemlich schräg nach links (nicht in die Kurve, sondern das Weggefälle zur linken Seite!), so dass ich nicht nur einmal das Gefühl hatte, jetzt kippt das Auto um! Da ist ein „Elchtest“ gar nichts dagegen und ich sollte Mercedes mal den Tipp geben, hier ihre neuen Autos zu testen.
Schließlich habe ich es geschafft! Man gut, dass ich alleine war, denn eine Begleitung – vielleicht noch weiblicher Art – hätte das niemals mitgemacht!
Doch die Herausforderungen für diesen Tag waren noch nicht beendet. Marsala – hört sich gut an, doch bleibt für mich in schrecklicher Erinnerung. Na, vielleicht nicht schrecklich, doch zumindest ärgerlich und unangenehm. Zum Einen: Wie schon im süditalienischen Mutterland kennt man hier keine Verkehrsregeln. Jeder fährt so, als ob er alleine auf der Straße ist. Man bleibt in der zweiten Reihe einfach stehen, man biegt aus der Parklücke aus, ohne auf den Verkehr zu achten, man bleibt stehen, um nach links zu fahren und, und, und. Das hatte mich schon früher mehr als genervt, denn die Folge ist: Stau. Staut und nochmals Stau! Wenn ich Philosoph wäre, würde ich ja sagen: Wenn der Staat korrupt ist, verachtet man den Staat und tut so, als würde man über dem Gesetzt stehen. Jeder, der etwas auf sich hält, setzt sich somit über Regeln hinweg, denn die sind sowieso nur was für Blöde und Einfältige (was wohl das Gleiche ist oder zumindest auf das Gleiche hinausläuft). Daher hasse ich alle Städte in Italien (bis man mich vom Gegenteil überzeugt!).
Doch der Frust konnte sich noch steigern. Angelockt von der guten Beschreibung im Dumont direkt Führer und durch die Reklameschilder im Ort – ich hatte erst das Best Western Hotel ins Navi eingegeben, doch diese blöden Staus haben mich anders entscheiden lassen – hatte ich mich das Hotel Villa Favorita entschlossen, zumal auch deren gutes Restaurant gelobt wurde Und gut essen wollte ich schon!. Die Anlage saht auch recht aus und das Zimmer für 70 € incl. Frühstück hatte ich auch gerne genommen, doch das Restaurant war nicht geöffnet! Offenbar nicht nur heute sonder für immer! Man bot mir an, eine Pizza aufs Zimmer bestellen zu lassen oder 1 km zu Fuß (garantiert wären es zwei gewesen) zu einem Restaurant zu gehen. Selbst als ich das mit knurrendem Magen akzeptieren wollte, teilte man mit mir, dass ich nicht mit Kreditkarte zahlen dürfe, obgleich unter der Glasscheibe am Rezeptionstresen alle Kreditkartenwerbeaufkleber positioniert waren! Da bin ich dann gegangen bzw. gefahren! Wären Sie geblieben?
Wieder zurück in den Stau in Marsala, doch dann entschied ich mich, weiterzufahren. Doch das war auch nicht die beste Idee gewesen, denn in Mazara ging es mich auch nicht besonders gut. Das Hotel war nicht zu finden, weil mein (blödes) Navi die Straße Via G. Hoop nicht kannte. Ich kurvte und fuhr herum was das Zeug hielt und fand weder dieses noch irgendein anderes Hotel. Bis ich plötzlich vor einem Super-Duper Schuppen mit allen möglichen Beleuchtungseinrichtungen hielt. Zimmer hatten die schon doch es hätte für eine Nacht 140 € gekostet! Nun bin ich – wie man mir unterstellt – geizig und so lehnte ich ab. Doch die Leute – nein, es war in erster Linie die frau hinter den Tresen (hinter dem drei, ich wiederhole DREI, Personen standen), die ein benachbarte Hotel für 60 € anbot. Sie ließ von einem der beiden Männer die Adresse aufschreiben und fragte nach meinem Namen, damit sie sofort eine telefonische Reservierung im Hotel vornehmen konnte. Ich tippte die Adresse in mein Navi ein und nach 4 Minuten war ich auch schon an Ort und Stelle. Doch ich sah das Hotel nicht, denn es liegt direkt hinter einer Agip-Tankstelle.
Doch dann wurde ich positiv überrascht: Es sah sehr ansprechend aus, wirkte wirklich einladend, hatte eine überaus freundliche Mitarbeiterin am Empfang du das Zimmer war mehr als ich erwartet hatte. Das war eine einzige Freude: Das Greta Hotel in Mazara!
Und wo kann ich etwas zu essen bekommen? Nun, ganz einfach: Im Hotel „Visir“. Sie gab mir einen Gutschein über 20 €, den ich dort einlösen konnte. Es ist nur 5 Minuten entfernt. Erst dachte ich, 5 Gehminuten, denn eigentlich wollte ich zu Fuß gehen, um auch einen oder zwei) Schoppen trinken zu können, doch es sind wohl 5 Autominuten (so gut war ihr Englisch und mein Italienisch nur auch wieder nicht, dass wir uns richtig verstanden hätten.
Und wissen Sie, wo ich gelandet bin? In dem Super-Duper Hotel für 140 € die Nacht! Ich war der einzige Gast in dem modernen Design-Restaurants (des erst zwei Monate alten Hotels).
Ich will ja nicht meckern, doch der Designer sollte wirklich mal alleine in diesem Lokal sitzen und sich die Beleuchtung ansehen. Kälter als im klinisch reinen OP kann es kaum sein! (Wieso fühle ich mich in Designer-Hotels nicht wohl? Bin wohl ein Spießer!)
Ich will ja gar nicht über die Kosten sprechen, die dieser „Schuppen“ verschlingt, doch wenn man als Einzelperson von zwei Servicekräften – und sicherlich auch zwei bis drei Küchenmitarbeitern – bedienst wird, dann kann das nur ins Minus gehen. (Wieso denke ich hier schon wieder ans Geld-Waschen? Muss wohl eine Manie von mir sein!)
Zurück in meinem kleinen charmanten Greta Hotel. Da finde ich doch neben dem Bett ein Körbchen mit einer Flasche lokalem Wein und zwei Gläsern mit dem Hinweis, diese Flasche kostet nur 10 €. Das habe ich noch nie gesehen! Und was habe ich gemacht? Ich habe meine 1,99 € Rotweinflasche, die ich bei Lidl (gibt´s auch auf Sizilien) erstanden habe, nicht geöffnet sondern in meinen Koffer gesteckt und die 10 €-Flasche vom Hotel geöffnet (und ausgetrunken!). So ein Service muss unbedingt belohnt werden! Und da die Flasche nu leer ist, höre ich auf zu schreiben und gehe ins Bett. Es ist inzwischen auch schon wieder Geisterstunde! (Gibt´s die auch im Mittelmeer?)
- Tag, Freitag, 26. 3. 1020
Nach einem gesunden Schlaf – die Flasche Rotwein für 10 € auf dem Zimmer half da ungemein – wachte ich auf und alles war stockfinster. Nur im Bad schimmerte es schon hell von außen, also war es schon Tag. Als ich dann Licht anmachte, war es gegen 7 Uhr. Die Fenster werden immer pottdicht gemacht, so dass kein Lichtstrahl hereinkommen kann. Das ist für den sommer sicherlich angebracht, wenn es denn tagsüber mehr als 50 ° in der Sonne heiß wird.
Mein Frühstück war sehr spartanisch. Damit hatte ich gestern Morgen doch recht, dass es im Garibaldi für italienische Verhältnisse sehr gut und vielseitig war.
Der nette Frühstücksraum… … mit dem spartanischen Buffet.
Das Greta Hotel direkt hinter der Tankstelle
Eigentlich wollte ich mir das Städtchen Mazara del Vallo ja noch ein wenig ansehe, doch als die Autofahrer schon wieder anfinden, mich mit ihrem rücksichtslosen und undiszipliniertem Fahren anfinden mich zu nerven, habe ich die Stadt fluchtartig verlassen. Außerdem fand ich sie genau so langweilig, wie nahezu alle anderen Städte und Dörfer, die ich bisher gesehen hatte: ungepflegt, ein Haus wie das andere, nur viereckige Kästen mit Balkonen davor und alle in einem schmutzig grau-gelben „Taint“. Wenn nicht hin und wieder einige alte Gebäude aus längst vergangenen Zeiten zu sehen wären, könnte man – nach meiner Ansicht -italienisch Städte einfach vergessen! Das hatte ich schon auf meinen früheren Italienreisen so empfunden und es gab nur sehr wenige Ausnahmen. Die waren dann „morbide schön“, wie mein Sohn Nils es einmal ausdrückte, als wir durch Rom „pilgerten“.
Heute wollte ich mir wieder archäologische Schätze ansehen und da ich inzwischen auch die Durchgangsstraßen meide, um nicht vor Rasern oder Trödlern – Normalfahrer scheint es nicht zu geben – höllisch auf der Hut sein muss, damit man nicht in einen Unfall verwickelt wird, bevorzuge ich die kleinen Nebenstraßen, so auch diese Weinstraße:
Da sieht man dann auch mal blühende Sträucher und Büsche, die zu einem Fotostopp einladen, was auf den normalen Straßen mit Lebensgefahr verbunden ist.
Auf der Landkarte fand ich 3 Punkte als Dreieck, die auf archäologische Sehenswürdigkeiten hinweisen: Roche di Cusa. Ich fand zwar nirgendwo eine Hinweistafel aber irgendwie hatte ich es im Gefühl und so fand ich sie auch (wenn sie es denn waren). Allerdings auf sehr abenteuerlichen kleinen Feldwegen, ähnlich der Umleitung gestern…
Da waren sie also, die Steinbrüche der alten Griechen und Römer oder wer dort auch immer die riesigen Quader herausgeholt haben mag.
Um Palermo richtig anzusehen, muss man sicherlich mindestens 2 – 3 Tage dort bleiben, denn sonst sieht man nur einige der Sehenswürdigkeiten (so wie ich!)
Ich wollte jedoch in erster Linie die herrlichen Tempel dieser Insel besuchen und fuhr daher bereits am nächsten Tag zum Tempel von Segesta. Über 2.500 Jahre steht er jetzt schon da uns ist wirklich bewundernswert.
Um zu sehen, wo diese gewaltigen Steine und Säulen herkommen, fuhr ich zu den antiken Steinbrüchen. Musste allerdings auch erleben, wie diese heute als Mülldepot genutzt werden, was mich sehr geschockt hat.
Doch es gibt nicht nur den Tempel von Segasta, sondern auch die Tempel von Selinunte.
Von dort ist es nicht mehr weit zu die antiken Ruinen von Agriento.
Ganz in der Nähe findet man die weißen Felsen am Capo Blanco.
Von dort ist es nicht mehr weit zu die antiken Ruinen von Agriento.
Und bei gutem Wetter kann man hier auch schon den ersten Blicke auf den Ätna genießen:
Ich wollte mir die Barockstadt Noto anschauen, doch da muss ich wohl einen anderen Ort erwischt haben, der mich – hätte ich nicht so hohe Erwartungen gehabt – enttäuscht hat (aber es war offensichtlich nicht Noto!).
Ich habe mir kurz die Mosaiken in der Villa Casale angesehen, bevor ich in die sehr interessante Treppenstadt Piazza Armerina gefahren bin.
Doch auch hier habe ich leider viel „morbiden Charme“ sehen müssen, denn – wie in vielen Städten Siziliens (vielleicht sogar ganz Italiens) – ist für mich erschreckend, wie die historischen Gebäude langsam aber sicher verfallen und sich offensichlich niemand darum kümmert, dass dieses Kulturerbe erhalten wird.
In der Nähe der mächtigen Cava Grande-Schlucht habe ich in einem einfachen Hotel mit Pizzeria übernachtet, in dem mir die vielen Keramik-Köpfe sehr gefallen haben.
Der Löwe bewacht den Eingang mit dem schönen Springbrunnen und dem Eingangstor.
Mein „opulentes“ Abendessen. Der Speisesaal Mein Nachtquartier
Von dort ist es nicht weit nach Antica Noto, einer alten Ruinenstadt mit interessanten Höhlen. Die Barockstadt Noto habe ich offensichtlich mit einer anderen Stadt verwechselt, die mir nicht so sehr gefallen hat, weil ich einUNESCO Weltkulturerbe erwartet hatte. Ich weiß allerdings nicht, welcher Ort es gewesen ist, von dem ich glaubte, es wäre Noto gewesen.
Weiter ging´s nach Syracuse, ebenfalls Weltkulturerbe der UNESCO. Doch hier sah ich leider auch sehr viele zerfallende Häuser, nur der Dom, ein Regierungebäude und die Bank sahen renoviert aus:
Dagegen hat Catania mir sehr gut gefallen. Sie war die nach meiner Ansicht auf dieser Reise die schönste Stadt. Besonders hat mir – wie immer – der Markt gefallen Doch auch die Gebäude der Stadt sahen – nahezu – alle sehr gut aus. Catania
An der Ostküste Siziliens fuhr ich weiter nordwärts, den Ätna immer im Blick.
Durch das berühmte Taormina bin ich nur durchgefahren, denn diese Ort besteht praktisch nur aus 2 Einbahnstraßen Richtung Nord bzw. Süd und man jhat – selbst im Frühjahr – keine Chance, einen Parkplatz zu finden, um anzuhalten und einen Bummel durch die Stadt zu machen. Also fuhr ich nördlich des Ätna wieder gen Westen. bis ich eine einfache Tanuta – ein Bauernhaus mit Zimmer – fand. Über teilweise abenteuerliche Straßen, die wie nach einem Erdbeben aussahen – obwohl ich noch nie ein Erdbeben erlebt habe – führte meine Route duch eine herrliche Olivenhain-Region nach Finale an die Küste und von dort nach Cefalù. Sein herrlicher Dom und seine Innenstadt haben mir sehr gut gefallen. In Palermo wollte ich natürlich noch das eine oder andere Gebäude besichtigen, doch war es auch hier nicht möglich, irgendwo einen Parkplatz zu finden, also bi ich durgefahren, um mir in der Nähe des Flugahefens ein Hotel für die letzte Nacht zu suchen, denn mein Flieger ging am nächsten Tag recht früh, und den wollte ich natürlich nicht durch lange Staus von der Innenstadt zum Flughafen gefärden. Mit dem „Magaggiari Hotel Resort“ in Cinisi habe ich einen tollen Ort gefunden, an dem ich mich sehr wohl gefühlt und den letzten Abend auf Sizilen richtig genossen habe.
Der vollständige Bericht über meine Rundreise auf Sizilien im März 2010
Kaum eine Mittelmeerinsel ist so stark von den unterschiedlichsten Kulturen geprägt worden, wie Sizilien. Von griechischen Säulentempeln über römischen Arenen bis zu Stauferburgen findet man Zeugen aus mindestens 3.000 Jahren Geschichte. Eine phantastische Landschaft mit dem alles überragenden Ätna und reiche Flora in meist gebirgiger Landschaft mit wunderschönen Küsten lassen das Herz jubeln. Wehrmutstropfen sind allerdings der chaotische Verkehr in den Städten, eine unendliche Verschmutzung des Landes und nicht zuletzt der Verfall der Städte, selbst die, die UNESCO-Kulturerbe darstellen.
Geschichte – Gebirge – Genuss oder Mare – Monti – Mafia?
Wer kennt die Völker, nennt die Namen, die auf dieser Insel zusammen kamen?
Es waren ziemlich viele, die auf der größten Mittelmeerinsel zwischen Europa und Afrika die zentrale und somit beherrschende Lage ausnutzen wollten. Sagen Ihnen vielleicht Völker wie Elymer oder Sikaner etwas, oder die Ausonier, Morgeter oder Sikuler? Mir sagten sie nichts. Dagegen die Phönizier, Griechen, Römer, Byzantiner und Araber schon. Doch auch die Normannen, die Staufer und die Aragonier sind mir nicht unbekannt. Man sollte es nicht glauben: sie alle haben die Insel über die Jahrtausende erobert und geprägt, und so eine Mischung aus den verschiedensten architektonischen, kulturellen und wohl auch genetischen Elementen dieser Völker geschaffen, die wohl weltweit einzigartig ist und wohl den eigentlichen Reiz der Insel ausmacht.
Doch nicht nur die von Menschen geschaffenen Hinterlassenschaften sind imponierend, denn die vom Schöpfer kreierte Natur ist einfach überwältigend. Herausragend im wahrsten Sinne des Wortes ist natürlich der Ätna, der mit seinen 3.350 Metern nicht nur Wahrzeichen der Insel ist, sondern auch der höchste – noch aktive – Vulkan Europas.
Nicht minder beeindruckend sind jedoch auch die drei Gebirgszüge der Insel, die auch im Symbol Siziliens, die Trinacria, dargestellt werden.
Die Trinicria, das Symbold Siziliens
Doch zurück zum Untertitel. Geschichte – Gebirge – Genuss ist sicherlich passend, denn diese gewaltigen Baudenkmäler aus vorchristlicher Zeit lassen noch heute erahnen, welche Geschichte diese Insel hinter sich hat. Auch Gebirge ist richtig, denn die meisten Teile des Landes sind sehr bergig und der Ätna ist nun wirklich nicht klein, sondern schwebt mit seiner weißen Kappe praktisch über dem Land. Genießen kann man auch. In erster Linie die Landschaft, die Natur und meist auch die kulinarischen Dinge (wenn man denn das richtige Lokal findet).
Die zweite Überschrift Mare – Monti – Mafia? Hätte eigentlich vor der ersten stehen können, denn jeder, dem ich erzählt hatte, dass ich nach Sizilien fahren wolle, warnte mich vor der Mafia. Das ist das Image, das diese Insel sich im Laufe der Jahrhunderte geschaffen hat und noch heute durch weltberühmte Filme wie „Der Pate“ mit Marlon Brando oder „Corleone“ gefördert wird. Auch mein Unterbewusstsein war und ist nicht frei davon, doch als ich in Reiseführern gelesen habe, dass die Mafia heute stark im Tourismusgeschäft engagiert ist und sich nicht den Zweig seines fruchtbaren Baumes absägen will, hatte ich weniger Bedenken, die Insel zu bereisen.
Soweit zur Vorgeschichte oder zur Einführung.
Mittwoch, 24. März 2010
Nun bin ich da. In Palermo auf Sizilien. Nach einer Odyssee – hätte man früher dazu gesagt – von Rendsburg mit dem Taxi nach Neumünster; dann weiter mit dem „Kilius“-Bus zum Flughafen Hamburg, was sicherlich viel angenehmer und bequemer ist, als mit dem Auto zum Holiday-Parkplatz am Flughafen und dann mit dem Shuttle zum Terminal zu fahren. Dann – weil man ja günstig fliegen will – zunächst nach Paris und dann weiter nach Rom und erst dann nach Palermo. Ich bin um 10:10 Uhr von meiner Wohnung abgeholt worden und war gegen 22:15 Uhr im Hotel in Palermo. Da sieht man schon, dass Palermo nicht gerade um die Ecke liegt und man vielleicht schneller in Los Angeles ist, als in Palermo. Das hat aber auch etwas Gutes an sich, denn nahezu jeder fliegt nach L.A. aber nur wenige nach Palermo, insbesondere in der Nebensaison.
So sieht´s am Flughafen Charles De Gaulle aus…
…und so über den Alpen (wenn man wie ich Glück mit dem Wetter hat)!
Angekommen am Flughafen Palermo sollte man eigentlich das Wort oder die Floskel „fa niente“ (für italienisch Unkundige: „macht nichts“) zum allgemeinen Sprachgebrauch hinzufügen. Denn mein Koffer war nicht mit angekommen. Vielleicht ist er in Rom hängen geblieben (wo nur eine Stunde Zeit zum Flugzeugwechsel war) oder gar schon in Paris. „Passt schon“, würden vielleicht andere sagen, die das schön öfters erlebt haben. Nun gut. Auto mieten und ins Hotel fahren.
Nur gut, dass ich mein Navi mitgenommen habe, denn im Dunkeln in einer fremden Stadt mitten im Zentrum ein Hotel zu finden, ist auch für Vielreisende eine kleine Herausforderung. So klappte es ganz gut, obgleich ich das Hotel Garibali nicht sofort erkannte und ein paar Meter zu weit fuhr. Doch das machte nichts (fa niente), denn, auch wenn es eine Einbahnstraße ist, setzte ich ein paar Meter zurück und fuhr dann in den Innenhof. Wenn (fast) alle Autofahrer statt 80 auf der 4-spurigen autobahnähnlichen Straße vom Flughafen in die Stadt mindestens 120 km/h fahren, wird das bisschen rückwärts in einer Einbahnstraße zu fahren, wohl auch nicht strafbar sein.
Doch das ist nur der eine Teil des ersten Eindrucks von Palermo oder von Sizilien. Das Hotel Garibaldi liegt direkt gegenüber dem Theater und ich habe es natürlich gleich fotografiert:
Das Hotel Garibaldi der Eingang liegt im Untergeschoss
An der Rezeption zeige ich meine Reservierung vor und frage gleich nach, ob ich vielleicht eine zweite Nacht bleiben kann, weil ich ja nicht weiß, wann mein Gepäck ankommt. Doch für morgen ist man „fully booked“. Gut für die, schlecht for me, kann man da nur denken. Doch der Herr an der Rezeption schlägt mir ein anderes Hotel vor, das zur Gruppe gehört. Nun, warten wir´s mal ab, vielleicht kriege ich mein Gepäck ja schon morgen früh.
Doch er erklärte mir weiter: “We have a problem!“ Der Strom wird morgen zwischen 9 und 2 Uhr abgeschaltet und so sollte ich doch möglichst bis 8:30 zum Frühstück kommen. „Fa niente“ dachte ich mir nur. Was macht´s?
In drei Sprachen wir man – in gedruckter Form und sogar noch farbig – auf die Stromabschaltung aufmerksam gemacht. Das nenne ich Service!
Auf dem sehr modernen und sehr schönen Zimmer angekommen, habe ich sofort meine Schwiegertochter – sie ist Italienerin – angerufen, „Bella Italia“ gesagt und ihr meine ersten Erlebnisse von Sizilien erzählt. Herzliches Gelächter natürlich. Willkommen in Italien oder besser gesagt: auf Sizilien!
Doch wollen wir nicht meckern: Das Hotel Garibaldi ist schon toll!
Eine herrlcieh Wendeltreppe als „Notausgang“
Mein Zimmer der Arbeitsplatz und das Bad
Nach der kurzen Zimmerbesichtigung bin ich gleich wieder nach draußen gegangen, denn die kleinen Snacks auf den Fliegern machen ja nicht wirklich satt und so verspürte ich – obgleich schon nach 10:00 Uhr abends – doch einen gewissen Appetit auf was Leckeres.
Zuerst bewunderte ich jedoch das schöne Theater, das sich selbst ohne Stativ und ohne Blitz gut fotografieren ließ (da merkt man gleich das Foto-Seminar vom Wochenende!)
Das Theater bei Nacht… …und auch dieses Haus sieht gut aus!
Auf der anderen Seite des Theaters liegt ein kleines Restaurant, wo ich um 10:20 Uhr abends noch eine herrliche Avocado mit Shrimps genossen habe, wie ich sie noch nie gegessen hatte. Dazu eine halbe Flasche sizilianischen Rotwein und ich war genau dort, wo ich sein wollte: im genussreichen Sizilien! Es war übrigens das Restaurant Lo Scudiera.
Avocado mit Shrimps Auch drinnen sieht es sehr gemütlich aus!
So, nun ist es schon 00:45 Uhr und ich sollte wohl mal ins Bettchen gehen. Mein Schlafanzug schwirrt wohl noch irgendwo auf einem Flughafen herum. Fa niente! Wird auch ohne Schlafanzug gehen.
Donnerstag, 25. März 2010
Ich musste rechtzeitig aufstehen, um zum Frühstück bis 8:30 Uhr zu erscheinen, denn ab 9:00 Uhr wird ja der Strom abgeschaltet. Doch zunächst wollte ich mal einen Blick aus dem Fenster riskieren, denn der Straßenlärm dringt auch durch die geschlossenen Fenster und Fensterläden ins Zimmer.
Der Blick aus dem Fenster auf das Theater und den Vorplatz und auf die gegenüberliegende Straße, wo sich Busse gegenseitig behindern und der Carabinieri (im weißen Auto) nichts sieht, da er nur mit dem Ausfüllen von Strafzellen für Falschparken beschäftigt ist!
Doch jetzt schnell in die Badewanne (als Sprudelbad ausgebaut!), Haare geföhnt und mit den Fingern gekämmt (meine Haarbürste ist ja noch am Flughafen oder wo auch immer?) und dann – wieder über die schöne Wendeltreppe – hinab in den Frühstückskeller.
Da mein Koffer aber noch am Flughafen war, habe ich erst bei „Lost and Find“ angerufen, doch da war noch niemand da, sie sollte erst ab 8 Uhr besetzt sein. Dann bat ich den Rezeptionisten vom Hotel, es erneut zu versuchen, doch er erhielt nur die Auskunft: erst ab 9.00 Uhr besetzt. Also bin ich erst mal zum Frühstücken gegangen. Es war recht ordentlich für deutsche Verhältnisse (Angeber!), doch für italienische ist es sicherlich als sehr gut zu bezeichnen. Doch das Urteil überlasse ich lieber Fachleuten, die schon mehrmals in Italien waren.
Nach dem Frühstück bummelte ich etwas durch die Stadt, sah mir erneut das Theater an und ging dann runter zum Hafen, wo die Schiffe nicht nur nach Orten in Italien fuhren, sondern auch nach Afrika! Soweit südlich in Europa war ich noch nie (oder liegt die Algarve in Portugal südlicher?) Das habe ich auch am Abend gespürt, denn als ich den Mond sah, der senkrecht am Himmel stand, hatte ich sogar das Gefühl, dass er sogar etwas nördlich vom Zenit stand, während er bei uns immer südlicher steht. Schon faszinierend (für mich zumindest!).
Die ersten Eindrücke von Palermo…
…doch das sind die zweiten Eindrücke, die man von dieser Standt bekommt und an denen man nicht vorbeischauen kann.
Dieses Gebäude – das Museum – steht in jedem Reiseführer, sicherlich zu recht.
Man sieht es: es ist noch absolute Vorsaison! Zeit also für ein Nickerchen.
Auch er hält noch ein Schläfchen vor dem Theater…
…während er Tag und Nacht wach zu sein scheint.
Wenn man bei der Vorbereitung auf eine solche Reise die verschiedenen Reiseführer und Broschüren liest, dann glaubt man, in Palermo stehen die Baudenkmäler aus vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden nur so herum. Ja, einige gibt es sicherlich, doch in einer Stadt mit 300.000 Einwohnern überwiegen doch die „normalen“ Gebäude. Und die sehen meistens nicht besonders attraktiv aus, sondern eher simpel, heruntergekommen, ungepflegt, schäbig, kurz: nicht besonders reizvoll.
Da fragt man sich – oder zumindest ich mich – liegt es daran, dass hier wenig Geld vorhanden ist (obgleich die dicken „Schlitten“ nicht zu übersehen sind!), oder – wie ich dies in Venedig kennenlernen musste – weil man das Äußere verfallen lässt, um keinen Neid zu erzeugen, dafür aber im Inneren alles Tiptopp ist? Ich persönlich glaube eher daran, dass die Gelder, die in den Mezzogiorno von Italien und nach Sizilien geflossen sind, vielfach nur in gewissen Taschen verblieben sind, während die breite Masse leer ausging. (Wieso denke ich immer an Corleone und den „Paten“, wenn ich gut aussehende und elegant gekleidete ältere Herren sehe?)
Nachdem ich wieder im Hotel angelangt war und man erneut am Flughafen angerufen hatte, bekam ich die Bestätigung, dass mein Koffer da wäre. Hurra! Also ab ins Auto und hin zum Flughafen. Das war gar nicht so leicht, wie ich es mir gedacht hatte, denn so viele Hinweisschilder gab es – oder sah ich zumindest nicht – zum Flughafen nicht und mein Navi konnte ihn schon gar nicht finden (weil ich ihm keinen genauen Ort und keine Straße eingeben konnte).
Also fuhr ich kreuz und quer durch die Stadt und erreicht zunächst nur den Badeort Mondello, was allerdings nicht so schlimm war, denn das ist ein netter Ort an einer herrlichen Bucht.
Schöne alte Villa, leider etwas heruntergekommen. Wie schade!
Die Badeanstalt (noch geschlossen)… …der Hafen… …und auf jeder Zinne sitzt eine Möwe.
Als ich dann endlich die Autobahn im Visier hatte und auf sie auffuhr, kam plötzlich – ohne Vorankündigung – eine Abzweigung mit mehreren Ortstafeln, so dass man sich innerhalb einer Sekunde entscheiden musste, ob links oder rechts abbiegen. Natürlich fuhr ich in die falsche Richtung! Um es kurz zu machen – entweder bin ich zu blöd oder die Verkehrsbeschilderung zu schlecht – ich hatte da meine Problemchen auf die Autobahn in Richtung Flughafen zu kommen. Man gut, dass ich nicht unter Zeitdruck stand, doch was mache ich nächste Woche, wenn ich morgens rechtzeitig meinen Flieger erreichen muss?
Irgendwann kam ich dann am Flughafen an, bekam auch meinen Koffer, doch für das kurzfristige Parken durfte ich 3 Euro zahlen, was eigentlich die Fluggesellschaft hätte zahlen sollen, denn es war ja nicht mein Fehler gewesen, dass das Gepäck nicht rechtzeitig da war. Doch wie sagt man so schön: Fa niente!
Mein Wunsch war es gewesen, heute nach Segesta zu fahren, um mir den dorischen Tempel anzusehen. Gewiss liegt es an mir, dass ich in Segesta gesucht und gesucht habe und an wichtigen Abzweigungen und Kreuzungen plötzlich kein Hinweisschild mehr gefunden habe. So landete ich zunächst an der Kirche in dem Ort Segesta.
Die Kirche von Segesta mit dem herrlichen Inneren und einem wunderschönen Silberkreuz
Doch nicht nur das mächtige und herrliche Portal faszinierte mich,
sondern auch die Höhlen am Berg und diese wunderschöne Vase.
Durch ein winziges Gässchen fuhr ich hoch auf die alte Burgruine (nur machbar mit einen Mini-Auto wie meinem Fiat Panda, mit meinem Volvo wäre das unmöglich gewesen!), von der man einen wahnsinnig schönen Blick auf die ganze Region hat. Die Herrscher wussten früher schon, wo man sich niederlässt, ob es die alten Griechen, Römer, Phönizier oder wer es auch immer gewesen sind, die dort oben geherrscht haben.
Die alten Burgruinen von Segesta mit einem herrlichen Blick über die hügelige Landschaft
Ich fuhr und suchte und suchte weiter nach den Tempelruinen von Segasta und landete plötzlich an einem Kriegerdenkmal außerhalb der Stadt hoch oben auf einem Berggipfel, das dem Guiseppe Garibaldi gewidmet war und wo er 1860 gesagt haben soll: „Entweder entsteht hier Italien oder wir sterben“. Er hat gesiegt und damit den Grundstein für ein geeintes Italien gelegt. (Ich hoffe, dass ich das richtig verstanden habe.)
Doch manchmal ist es gut, wenn man nicht sofort den richtigen Weg findet, denn aus dem kalten langen Winter in Norddeutschland kommend war ich natürlich begeistert von der vielfältigen Blumen und Pflanzenwelt, die bereits ihr schönstes Frühlingskleid angelegt hatten um mich willkommen zu heißen!
Frühling auf Sizilien
Doch irgendwann fand ich das „richtige“ Segesta. Das Problem scheint mir erneut die Beschilderung zu sein, denn an wichtigen Abzweigungen oder Kreuzungen fehlt plötzlich ein braunes Schild mit der Aufschrift Segesta. Kein Wunder, wenn man sich dann verfranzt! Ich hätte mich ganz einfach an die vielen Busse hängen sollen, die ich dort plötzlich sah, doch die sind sicherlich über die Autobahn von Palermo dorthin gefahren, während ich die Nebenstraßen benutzt habe.
Erst könnte man glauben – nachdem man 6 € Eintritt gezahlt hat – das wäre ein Nachbau. Doch das ist es offenbar nicht: Über 2.500 Jahre steht diese nicht vollendete Pracht nun schon dort und lässt sich bewundern: Der dorische Tempel! In einer unerschütterliche Ruhe und Erhabenheit steht er da und blickt auf die Touristen aus aller Welt herab, auch auf mich!
Das war mein erster Blick auf den Tempel von Segesta
Seinetwegen bin ich nach Sizilien gereist! Hier wehte nicht nur der Wind recht heftig, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes der Geist der Zeit: des Altertums!
Als wir in Norddeutschland womöglich noch in Höhlen lebten (Hallo?! Wo gibt es denn Höhlen und Schleswig-Holstein? Wir haben schon mit den Wikingern die Welt erobert, nur will das keiner wahrhaben…), wurden hier die tollsten Tempel errichtet, die bis heute erhalten geblieben sind und von den Baukünsten der alten Griechen erzählen. Ich konnte mich nicht sattsehen!
Erhaben steht er da – seit 2.500 Jahren – der Tempel von Segesta
Dagegen fand ich die Ausgrabungen in diesem Gebiet nicht besonders sehenswert, so etwas findet man auch anderswo.
Doch das restaurierte Theaterforum mit über 4.000 Plätzen ist schon sehenswert!
Nachdem ich mir die Ausgrabungen und das Forum angesehen hatte, wollte ich mir den Tempel natürlich noch aus der Nähe ansehen.
Auch aus der Nähe sehr eindrucksvoll, majestätisch und einfach faszinierend!
Bleib so wie du bist und der Welt hoffentlich noch sehr, sehr lange erhalten.
Nachdem ich fast 2 Stunden diese gewaltigen griechischen Baudenkmäler erwandert und bewundert hatte, machte ich mich auf nach Marsala, um den berühmten Marsala-Wein genießen zu können. Die Fahrt dahin war ja noch ganz angenehm, d. h. bis auf die eine Ausnahme, als an einer Wegegabelung die beiden (!) Straßen plötzlich gesperrt waren und ich – und auch mein Navi – nicht mehr weiter wussten. Doch wie in Italien üblich: Verkehrsregeln sind nur was für Blöde oder Ausländer (worin liegt der Unterschied?). Also ignorierte ich die Durchfahrtsverbotsschilder und fuhr weiter – wie mein Navi es anzeigte. Doch plötzlich stand ein aufgeschütteter Erdwall vor mir und da war Schluss! Fa niente!
Es gab allerdings zwei kleine Feldwege, der eine links und der andere rechts abbiegend. (Immer diese Entscheidungen! Soll ich den dazu passenden Beamtenwitz mal erzählen? Nein? Na dann eben nicht.) Ich entschied mich für den linken Weg, denn unten im Tal sah ich ein Auto, das diesen Weg offenbar auch genommen hatte, und in nur ca. 1 km Luftlinie vor mir lag das nächste Dorf. Also los! Nach wenigen Metern war dieser Weg zu Ende, doch ein scharfer Knick nach rechts unten zeigte mit eine Verlängerung oder sagt man Abzweigung? Also kurz zurücksetzen und dann hinab in die Tiefe. Doch es ging nicht nur steil bergab, leider war kein Verkehrsschild angebracht, welche Steigerung es war (das macht man bei Feldwegen wohl nicht!), sondern er fiel auch ziemlich schräg nach links ab, so dass ich nicht nur einmal das Gefühl hatte, jetzt kippt das Auto um! Da ist ein „Elchtest“ gar nichts dagegen. Vielleicht sollte ich Mercedes mal den Tipp geben, hier seine neuen Autos zu testen…
Schließlich habe ich es doch geschafft! Man gut, dass ich alleine war, denn eine Begleitung – vielleicht noch weiblicher Art – hätte das niemals mitgemacht, sondern wäre sicherlich ausgestiegen und zu Fuß weitergelaufen!
Doch die Herausforderungen für diesen Tag waren noch nicht beendet: Die nächste hieß Marsala. Der Name hört sich gut an, doch bleibt er für mich in schrecklicher Erinnerung. Na, vielleicht nicht schrecklich, doch zumindest ärgerlich und unangenehm. Zum Einen: Wie schon im süditalienischen Festland kennt man hier keine Verkehrsregeln. Jeder fährt so, wie er gerne möchte und als ob er alleine auf der Straße ist. Man bleibt in der zweiten Reihe einfach stehen, man biegt aus der Parklücke aus, ohne auf den Verkehr zu achten, man bleibt stehen, um nach links zu fahren und, und, und. Das hatte mich schon früher mehr als genervt, denn die Folge ist: Stau, Stau und nochmals Stau!
Wenn ich Philosoph wäre, würde ich ja sagen: Wenn der Staat korrupt ist, verachtet man den Staat und tut so, als würde man über dem Gesetz stehen. Jeder, der etwas auf sich hält, setzt sich somit über Regeln hinweg, denn die sind sowieso nur was für Blöde und Einfältige (was wohl das Gleiche ist oder zumindest auf das Gleiche hinausläuft). Daher mag ich alle großen und kleinen Städte und Dörfer in Süd-Italien und auf Sizilien nicht (bis man mich vom Gegenteil überzeugt!).
Doch der Frust konnte sich noch steigern. Angelockt von der guten Beschreibung im „Dumont direkt“ Führer und durch die Reklameschilder im Ort – ich hatte erst das Best Western Hotel ins Navi eingegeben, doch diese blöden Staus haben mich anders entscheiden lassen – hatte ich mich für das Hotel Villa Favorita entschlossen, zumal auch deren gutes Restaurant gelobt wurde. Und gut essen wollte ich schon! Die Anlage sieht auch recht ansprechend aus und das Zimmer für 70 € incl. Frühstück hätte ich auch gerne genommen, doch das Restaurant war nicht geöffnet! Offenbar nicht nur heute sondern für immer! Man bot mir an, eine Pizza aufs Zimmer bestellen zu lassen oder 1 km zu Fuß (garantiert wären es zwei gewesen) zu einem Restaurant zu gehen. Selbst als ich das mit knurrendem Magen akzeptieren wollte, teilte man mit mir, dass ich nicht mit Kreditkarte zahlen dürfe, obgleich unter der Glasscheibe am Rezeptionstresen alle Kreditkartenaufkleber positioniert waren! Das war mir zu viel und ich bin dann gegangen bzw. gefahren! Wären Sie geblieben?
Wieder zurück in den Stau in Marsala, um eine anderes Hotel zu finden. Doch dann entschied ich mich – inzwischen total genervt – weiterzufahren. Doch das war auch nicht die beste Idee gewesen, denn in Mazara ging es mir auch nicht besonders gut. Das Hotel war nicht zu finden, weil mein (blödes) Navi die Straße Via G. Hoop nicht kannte. Ich kurvte und fuhr herum was das Zeug hielt und fand weder dieses noch irgendein anderes Hotel. Bis ich plötzlich vor einem Super-Duper Schuppen mit allen möglichen Beleuchtungseinrichtungen hielt. Zimmer hatten die schon, doch es hätte für eine Nacht 140 € gekostet! Nun bin ich – wie man mir hin und wieder unterstellt – geizig und so lehnte ich dankend ab. Doch die Leute – nein, es war in erster Linie die Frau hinter dem Tresen (hinter dem drei, ich wiederhole DREI, Personen standen), die ein benachbarte Hotel für 60 € anbot. Sie ließ von einem der beiden Männer die Adresse aufschreiben und fragte nach meinem Namen, damit sie sofort eine telefonische Reservierung im Hotel vornehmen konnte. Fand ich schon Klasse!
Ich tippte die Adresse in mein Navi ein und nach 4 Minuten war ich auch schon an Ort und Stelle. Ich sah das Hotel jedoch zunächst nicht, denn es liegt etwas versteckt direkt hinter einer Agip-Tankstelle.
Doch dann wurde ich positiv überrascht: Es sah sehr ansprechend aus, wirkte wirklich einladend, hatte eine überaus freundliche Mitarbeiterin am Empfang und das Zimmer war mehr als ich erwartet hatte. Es war eine einzige Freude: Das „Greta Hotel“ in Mazara!
Und wo kann ich etwas zu essen bekommen? Nun, ganz einfach: Im Hotel „Visir“. Sie gab mir einen Gutschein über 20 €, den ich dort einlösen konnte. Es ist nur 5 Minuten entfernt. Erst dachte ich, 5 Gehminuten, denn eigentlich wollte ich zu Fuß gehen, um auch einen oder zwei Schoppen trinken zu können, doch es sind wohl 5 Autominuten (so gut war ihr Englisch und mein Italienisch nur auch wieder nicht, dass wir uns richtig verstanden hätten).
Und wissen Sie, wo ich gelandet bin? In dem Super-Duper Hotel für 140 € die Nacht! Ich war der einzige Gast in dem modernen Design-Restaurants (des erst zwei Monate alten Hotels).
Außen sehr modern und recht ansehnlich, doch innen richtig kühler Stil.
Das Essen war allerdings nicht nur dekorativ sondern auch sehr schmackhaft.
Ich will ja nicht meckern, doch der Designer dieses Hotels sollte wirklich mal alleine in diesem Esstempel sitzen und sich die Beleuchtung ansehen. Kälter kann es kaum im klinisch reinen OP sein! (Wieso fühle ich mich in Designer-Hotels meistens nicht wohl? Bin wohl ein Spießer!)
Ich will ja auch nicht über die Kosten sprechen, die dieser „Edel-Schuppen“ verschlingt, doch wenn man als Einzelperson von zwei Servicekräften – und sicherlich auch zwei bis drei Küchenmitarbeitern – bedient wird, dann kann das nur ins Minus gehen. (Wieso denke ich hier schon wieder an Geld-Wäsche? Muss wohl eine Manie von mir sein!)
Zurück in mein kleines charmantes Greta Hotel.
Da finde ich doch neben dem Bett ein Körbchen mit einer Flasche lokalem Wein und zwei Gläsern mit dem Hinweis, diese Flasche kostet nur 10 €. Das habe ich noch nie gesehen! Und was habe ich gemacht? Ich habe meine 1,99 € Rotweinflasche, die ich bei Lidl (gibt´s auch auf Sizilien) erstanden habe, nicht geöffnet sondern in meinen Koffer gesteckt und die 10 €-Flasche vom Hotel geöffnet (und ausgetrunken!). So ein Service muss unbedingt belohnt werden! Und da die Flasche nun leer ist, höre ich auf zu schreiben und gehe ins Bett. Es ist inzwischen auch schon wieder Geisterstunde! (Gibt´s die auch im Mittelmeer?)
Freitag, 26. März 2010
Nach einem gesunden Schlaf – die Flasche Rotwein für 10 € auf dem Zimmer half da ungemein – wachte ich auf und alles war stockfinster. Nur im Bad schimmerte es schon hell von außen, also war es offensichtlich schon Tag. Als ich dann das Licht anmachte und auf die Uhr sah, war es gegen 7 Uhr. Die Fenster werden immer pottdicht gemacht, so dass kein Lichtstrahl hereinkommen kann. Das ist für den Sommer sicherlich angebracht, wenn es denn tagsüber mehr als 50 ° in der Sonne heiß wird.
Mein Frühstück war sehr spartanisch. Somit hatte ich gestern Morgen doch recht gehabt, dass es im Garibaldi für italienische Verhältnisse sehr gut und vielseitig war.
Der nette Frühstücksraum… … mit dem spartanischen Buffet. Das Greta Hotel direkt hinter der Tankstelle
Eigentlich wollte ich mir das Städtchen Mazara del Vallo ja noch ein wenig ansehen, doch als die Autofahrer schon wieder anfingen, mich mit ihrem rücksichtslosen und undiszipliniertem Fahren zu nerven, habe ich die Stadt fluchtartig verlassen. Außerdem fand ich sie genau so langweilig, wie nahezu alle anderen Städte und Dörfer, die ich bisher gesehen hatte: ungepflegt, ein Haus wie das andere, nur viereckige Kästen mit Balkonen davor und alle in einem schmutzig grau-gelben „Teint“. Wenn nicht hin und wieder einige alte Gebäude aus längst vergangenen Zeiten zu sehen wären, könnte man – nach meiner Ansicht – italienische Städte einfach vergessen! Das hatte ich schon auf meinen früheren Italienreisen so empfunden und es gab nur sehr wenige Ausnahmen. Die waren dann „morbide schön“, wie mein Sohn Nils es einmal ausdrückte, als wir durch Rom „pilgerten“.
Heute wollte ich mir erneut archäologische Schätze ansehen und da ich inzwischen auch die Durchgangsstraßen meide, um nicht vor Rasern oder Schleichern – Normalfahrer scheint es nicht zu geben – höllisch auf der Hut sein zu müssen, damit man nicht in einen Unfall verwickelt wird, bevorzuge ich die kleinen Nebenstraßen, so auch diese Weinstraße:
Da sieht man dann auch blühende Sträucher und Büsche, die zu einem Fotostopp einladen, was auf den normalen Straßen mit Lebensgefahr verbunden wäre.
Auf der Landkarte fand ich 3 Punkte als Dreieck, die auf archäologische Sehenswürdigkeiten hinweisen: Roche di Cusa. Ich fand zwar nirgendwo eine Hinweistafel aber irgendwie hatte ich es im Gefühl und so fand ich sie auch (wenn sie es denn waren). Allerdings auf sehr abenteuerlichen kleinen Feldwegen, ähnlich der Umleitung von gestern…
Da waren sie also, die Steinbrüche der alten Griechen und Römer oder wer dort auch immer die riesigen Quader herausgeholt haben mag.
Doch was sieht man heute dort: Müll ohne Ende! Historischer Steinbruch voll mit Müll, Müll und nochmal Müll. Es ist einfach eine Schande!
Hier hat das Denkmalschutzamt noch nicht die Finger drauf gelegt, doch einige Kilometer weiter befinden sich die Cave di Cusa, wo man die dorischen Säulen für die herrlichen Tempel heraus geholt hat.
Der Steinbruch Cave di Cusa
Hier sieht man, wie die Säulen heraus gemeißelt worden sind.
Die liegen überall verstreut herum, wie bestellt und nicht abgeholt
Zwischendurch immer wieder wunderbare Blumen und Pflanzen…
…und meine kleinen Freunde, die Eidechsen.
Für welchen Tempel mag der vorgesehen gewesen sein?
Vielleicht für die Tempel in Selinunte, denn die sind ja immer noch nicht fertig!
Der restaurierte Tempel E in Selinunte.
Was soll man da noch sagen? Man ist einfach sprachlos, wenn man sieht, was vor über 2.500 Jahren errichtet wurde, zum Teil noch vorhanden und zum Teil zusammengestürzt ist. Wenn diese Säulen und Quader berichten könnten. Sie würden von Schweiß, Schmerz und wohl auch Blut bei der Errichtung durch die Griechen ca. 500 vor Christus erzählen; von den Kämpfen mit den Phöniziern, den Karthagern, den Römern, den Normannen und den Staufern und welchen Völkern sonst noch. Sie würden von Reichtum und Armut, von mächtigen Priestern und ängstlichen Gläubigen berichten und von den vielen Touristen aus aller Welt, die staunend vor ihnen standen und fotografierten, was das Zeug hält. So auch von mir!
Die mächtigen Säulen des Tempels E von Selinunte
Ein- und Ausblicke von der mächtigen und faszinierendenTempelruine
Man kann sich nicht sattsehen an diesen 2.500 Jahre alten Denkmälern
Und da drüben steht schon der nächste Tempel!
Immer noch im Bau? Der Akropolis Tempel.
Hier kann man nur erahnen, wie der Tempel einmal ausgesehen haben mag.
Ein Blick zurück
So habe ich weit über zwei Stunden die mehr als 2.500 Jahre alten Kultstätten erwandert und bestaunt und mich nicht zuletzt darüber gewundert, was der Mensch vor so langer Zeit schon erschaffen hat.
Doch nicht nur die großen Dinge sind beindruckend und lohnenswert angeschaut zu werden, auch die kleinen und weniger alten.
Das sind die Wunder, die unser Schöpfer jedes Jahr aufs Neue wieder erschafft.
Doch diesen Dreck und Müll schafft nur der Mensch! Schande über uns!
Als Ausgleich zu diesen gewaltigen Kulturdenkmälern habe ich mir die nicht weniger gewaltigen weißen Felsen am Capo Blanco angesehen, die steil ins Meer abfallen. Man muss ganz schön aufpassen, dass man nicht selbst hinab fällt!
Agaven streben eher zum Himmel…
…während diese Steine eher am Boden bleiben.
An diesem Dornenbusch wachsen die besten Zahnstocher…
…während diese beiden gerade beim Vorspiel für neues Leben sind.
Die blühen so friedlich vor sich hin… …während der kleine Käfer es eilig hat, nach Hause zu kommen!
Auch ich dachte daran, eine Heimstatt für die Nacht zu bekommen und die fand ich dann auch im Hotel Villa Romana in Lido Rosella kurz vor Agrigento.
Das Hotel Villa Romana in der Vorsaison. Ein Blick vom Balkon meines Zimmers aufs Meer lädt natürlich zum Feierabendbier mit Meeresblick ein. Prost!
Leider hatte dieses schöne Hotel zu dieser Jahreszeit sein Restaurant noch nicht geöffnet, so dass ich eine kleine Abenteuerreise machen musste, um ein gutes Restaurant in Siculiana zu finden, das mir der Inhaber des Hotels empfohlen hatte. Das Unterfangen blieb dann allerdings sehr erfolglos, da er mir nicht die Straße genannt (und ich Trottel auch nicht danach gefragt) hatte. Ich verfranzte mich unendlich! So blieb mir nichts anderes mehr übrig, als lokal eine Pizza in einem mehr als kühlen, zelt- oder scheunenartigem Restaurant zu essen, was allerdings auch sehr preiswert war.
Ich hatte zwar – aus Gründen der Vollständigkeit meines Reisetagebuches – noch den Strand von Sciacca und Tre Fontane besucht, doch dort hielt man auch noch Winterschlaf.
Strand von Sciacca mit Sanddünen
und Tre Fontane ohne Menschen
Samstag, 27. März 2010
Das schöne Zimmer im Hotel Villa Romana und das üppige Frühstücksbuffet (für 1 Person!)
Nachdem ich gut geschlafen und mich an dem Frühstücksbuffet bedient hatte, das offenbar nur für mich aufgebaut worden war, denn scheinbar war ich der einzige Gast im Hause (Gott, kostet das Geld!), wurde es langsam Zeit, dass ich meine Bargeldbestände auffüllte, denn ich hatte nur noch 30 € in der Tasche.
Die freundliche Mitarbeiterin im Hotel nannte mir die Straße in Porto Empedocle, in der sich eine Bank befindet, so dass ich dort hinfuhr. Da ich zunächst das Postgebäude sah, dachte ich: gehe dort hin, denn ich habe ja ein Postbankkonto. Doch dort klappte es mit meiner Karte nicht und man bat mich, zur Bank zu gehen. Die war schräg gegenüber, doch geschlossen. Zum Glück befand sich davor ein Bankautomat und ich versuchte mein Glück – und siehe da, ich hatte es! So kann ich denn nun mit Geld in der Tasche und den Tank voll Benzin viel beruhigter losfahren, um mir das Tal der Tempel anzuschauen.
Vorher machte ich jedoch noch einen Besuch in der schönen Kirche des Ortes Porto Empedocle, die kaum geschmückt sondern ganz in Weiß gehalten war, was ich ungewöhnlich fand.
Via Roma in Porto Empedocle… …mit seiner schönen Kirche.
Wenn man nach Agrigento fährt, sieht man die Tempel schon von weitem, da die Straße über eine 4-spurige Brücke führt, die die Stadt Agrigento links liegen lässt.
Doch dann muss ich den westlichen Eingang vom Park wegen des intensiven Verkehrs wohl übersehen haben und schon war ich auf der südlich vorbeifahrenden Straße in Richtung Siracusa unterwegs. Links oben auf dem Bergrücken sah ich sie alle in der Sonne strahlen, die Tempel und Ruinen von Zeus, Herakles, Concordia und Hera. Und sie blickten gnädig auf mich herab bzw. ich bewundernd zu ihnen hinauf (wie sich das ja auch gehört!).
Am nächsten Kreisverkehr konnte ich zwar wieder umkehren und so fuhr ich die Straße zurück. Irgendwie gefiel mir der Anblick der hoch droben thronenden Tempel so sehr, dass ich mir eine Stelle zum Halten suchte und dann Fotos machte. Ich holte sogar mein Stativ heraus, denn dafür hatte ich es ja mitgenommen. Doch das war irgendwie wackelig und als ich nachschaute, stellte sich heraus, dass irgendein Gewinde nicht mehr in Ordnung war. Wozu braucht man dann ein Stativ? Also fotografierte ich frei aus der Hand. Und das ist daraus geworden.
Zunächst ein paar Ruinen zum Warmwerden:
Doch dann kommt Concordia: Da steht oder besser thront er in seiner ganzen Pracht und Erhabenheit: Der Concordia Tempel
Ob von links… …von der Mitte… …oder von rechts…
…oder von Bäumen eingerahmt.
Auch wenn man noch weiter aufs Feld hinausgeht, er beherrscht das Bild und das Land!
Ich kann nicht sagen, ob der Concordia-Tempel oder die Tempel von Segesta oder von Selinunte eindrucksvoller auf mich wirkten, denn alle sind gewaltig und einzigartig schön, obgleich man sie fast für Drillinge halten könnte. Alle sind über 2.500 Jahre alt und ziehen seit dieser Zeit die Menschen in ihren Bann. Ob aus Angst vor der Strafe der Götter in früheren Zeiten oder aus Bewunderung für die phantastischen antiken Baukünstler in heutiger Zeit.
Ich weiß nicht, ob ich etwas versäumt habe, weil ich mir nach diesen herrlichen Eindrücken den eigentlichen Besuch im Tal der Tempel geschenkt habe. Wenn man diese alten Ruinen aus der Nähe betrachtet – umgeben von vielen Touristen – dann habe ich da meine Zweifel. Ganz besonders, wenn ich mir den Kommerz ansehe, der um diese Stätten herum aufgebaut wird:
Souveniers, Souveniers… …und durch diese Sperren kommt man nur mit Tickets.
So baut der Mensch heute: Agrigento…
…und das hinterlässt er! Müll!
So behielt ich mein tolles Gefühl für die Historie und das negative für die heutige „Baukunst“ und den Müll und fuhr weiter in Richtung Caltanisetta, um mir die berühmten Mosaiken der Villa Casale bei Piazza Armerina anzusehen.
Was blickt da hinter dem Horizont herüber? Das kann doch keine Wolke sein, oder? Nein, es ist der erste Blick auf den verschneiten Ätna!
Das war also der erste Gruß und danach versteckte er sich wieder für längere Zeit hinter den Bergen.
Auch kleinere Berge haben ihren Reiz – auch wenn davor Müll abgeladen wird – und diese Burgruine ist auch nicht reizlos anzuschauen.
Recht interessant fand ich den Friedhof in Pietrapercia, denn einen solchen Friedhof mit Gräbern in nahezu Hausgröße hatte ich noch nie gesehen.
Der Friedhof von Pietrapercia
Der unterschiedliche Totenkult in den verschiedenen Ländern ist für mich immer wieder faszinierend. Bei diesem Friedhof hat man fast den Eindruck, als ob die Toten prunkvoller begraben sind, als sie je im Leben gewohnt haben.
Mit solchen Gedanken im Kopf fährt man – oder besser gesagt ich – weiter und schaut sich die verfallenen Häuser in den Dörfern und Städten noch fragender an: Warum lassen die Menschen alles so vergammeln oder bauen die neuen Häuser so schrecklich? Sind denn die alten Dinge nicht erhaltenswert und muss man bei Neubauten immer nur primitiv bauen? Hat das vielleicht auch etwas mit Mafia und Korruption zu tun? Ich begreife es einfach nicht und werde es auf dieser Reise wohl auch nicht begreifen lernen.
Herrliche Landschaften und immer wieder Blumen und blühende Sträucher brachten mich wieder auf andere Gedanken und zu der erneuten Überzeugung, wie schön doch Gottes Schöpfung ist, die zwar von Menschen misshandelt, doch eigentlich nicht zerstört werden kann, denn sie tut so, als ob sie im Herbst stirbt, doch im Frühling blüht sie immer wieder auf. Da könnte man tatsächlich auch auf den Gedanken kommen, dass auch der Mensch als Teil der Natur nach dem Tode wieder einen menschlichen Frühling erlebt und wieder neu zum Leben erweckt wird, woran ja viele Religionen auch fest glauben.
Zauberhafter Frühling auf Sizilien
Nicht wieder aufblüht ist allerdings das, was der Mensch geschaffen hat und sei es noch so einmalig schön und kreativ. Vielleicht kann er es rekonstruieren oder renovieren. So auch die Mosaiken in der Villa Casale bei Piazza Armerina.
Erst hatte ich geglaubt, ich wäre nahezu der Einzige, der sich diese alten Kunstschätze anschauen würde. Doch weit gefehlt: Ich zählte 10 Reisebusse. Selbst aus Dänemark war eine Ladung Touristen angereist!
Und dann das: Zeltstraßen für Souvenirläden!
Etwas anderes hatte ich allerdings schon erwartet, als was ich dann vorfand:
- Villa Casale ist keine Villa, sondern es sind nur noch Ruinen, die unter Glasbauten wie in Treibhäusern bewahrt und renoviert werden.
- Sie sehen in Natura wesentlich blasser aus, als man sie in Büchern oder auf Fotos vorher gesehen hat.
- Es herrscht ein wahrer Touristenrummel.
Das sind die Reste der „Villa“ : Glasbauten unter denen die herrlichen Kunstwerke wieder freigelegt worden sind.
Über Gruppenfotos mit römischen Gladiatoren braucht man keine Klassenarbeit zu schreiben.
Darüber sicherlich schon! Wer hat eigentlich behauptet, Bikinis wären eine Erfindung der Neuzeit? Die Römer – zumindest die reichen – kannten das offenbar schon sehr lange!
Nun, nach dieser (kleinen) Enttäuschung fuhr ich weiter. Doch plötzlich musste ich unbedingt wieder anhalten, als ich das sah: Piazza Armerina mit dem alles krönenden und überragenden Dom.(Die Aufnahme kann man nur mit einem kleinenTrick machen, denn man muss unter die riesige Brücke vor der Stadt hindurch fahren, sonst verschandelt die Brücke das Panorama dieser Stadt.)
Schöne alte Bauwerke mit „morbidem Charme“ findet man in der ganzen Stadt, doch niemand tut etwas, um sie zu erhalten. Geschlossen und überall wuchert das Pflanzliche aus den Mauerritzen.
Der mächtige Dom. Leider geschlossen.
So bleibt nur, die Eigangsportale zu bewundern…
…oder ein solches Ornament, Wappen, Siegel… …oder die engen Gassen und Durchgänge.
Dabei könnte Piazza Armerina eine so herrliche Stadt sein, mit so vielen Ein- und Durchblicken. Es tut mir in der Seele weh, wie alles verfällt!
Daher weiterfahren! Und was sehe ich da schon wieder?
Der wie im Nichts schwebenden Ätna.
Doch nicht nur den Ätna habe ich bestaunt…
…sondern auch diese schöne Landschaft.
Selbst dieses verlassene alte Haus fand ich ganz reizend.
Wer in diesen Höhlen einmal gehaust hat, habe ich nirgendwo nachlesen können.
Weiter ging´s nach Caltagirone, der berühmten Keramikstadt. Auch ich gebe zu, nicht umhin gekommen zu sein, Keramiken als Mitbringsel für meine Kinder und Enkelinnen mitzunehmen.
Zunächst die Kirche (leider nur von außen, da auch sie geschlossen).
Caltagirone ist die Stadt der Treppen…
Und das ist die berühmte Treppe Scala die Santa Maria del Monte mit den unzähligen Kacheln, nachfolgend nur eine kleine Auswahl: Das ist nur ein Bruchteil der Vielzahl an Kacheln auf der Treppe, denn jede der 140 Stufen hat andere Kacheln
Es ist eine kleine körperliche Herausforderung – man kann es auch Fitnesstest nennen – diese vielen Stufen hochzugehen. Man kommt ganz schon aus der Puste, wenn man oben angekommen ist. Nicht nur ich!
Da werden dann auch Erinnerungsfotos gemacht und manche blicken zurück, was sie so geschafft haben.
Caltagirone hat viele alte Häuser, die fast alle verfallen. Wenn man genau hinschaut, sprießen sogar bei den Kirchen Pflanzen aus den Simsen und die schönen Balkone verfallen mehr und mehr.
Überall Zerfall. Mit Blumen kann man zwar einiges kaschieren, doch nicht überall. Es ist eine Schande und tut mir als alten Romantiker in der Seele weh!
Mit ganz wenigen Ausnahmen, wie dieser hier! Das eine oder andere Haus wir auch schon renoviert. Öffentliche Gebäude werden natürlich als erstes „aufgehübscht“!
Im nächsten Ort Palazzolo Acreide macht ich erneut Halt, um mir die Kirche anzusehen, denn sie war zum Glück geöffnet.
Auch die Figuren an der Seite der Kirche waren recht interessant.
Einen gewaltigen Blick ins Tal und auf den Ätna hat man von der Burgruine oberhalb der Kirche.
Auf der Suche nach einer Bleibe für die Nach passierte ich zunächst ein über eine Seitenstraße zu erreichendes Landhotel; doch das sah so verlassen aus – obgleich alle Türen offen waren – dass ich wieder umkehrte und weiterfuhr.
Dann fuhr ich an dem „Oasi Don Bosco“ einer „Albergo-Trattoria-Pizza“ vorbei, doch ich dachte mir, schau sie dir doch zumindest mal genauer an und machte kehrt. Für 55 € ein nettes Zimmer incl. Abendessen hat mich dann zum Bleiben überzeugt. Die Einfahrt wie bei einem Landschlos.
Das ist der Namensgeber Don Bosco. Nicht etwa mit einem Heiligenschein, sondern das ist der Mond, den ich über seinem Haupt platziert habe!
Besonders schön an dem Hotel „Oasi Don Bosco“ ist die Auffahrt mit seinem hübschen Springbrunnen und sehr schönen Terrakotta-Köpfen, die als Blumenkübel dienen. Manche haben schon einen kleinen Hirn-Schaden, doch hübsch sind sie allemal. Sie stammen alle aus dem Keramik-Städtchen Caltagirone. Hier sind sie:
Zunächst natürlich das Herrscher-Paar. Er ganz erhaben und würdig, sie dagegen sieht schon etwas frustriert aus, fehlt ihr doch schon oder auch ein Zacken in der Krone und auch ihr Kopftuch sieht schon etwas lädiert aus. Haben wohl Krach miteinander gehabt, die Beiden, oder?
Die Frauchen lieblich und zart, die Männer jedoch finster und bärtig. Sie sind wohl alle aus dem Vorderen Orient und müssen so aussehen!
Und er bewacht sie alle und das Haus!
Das Abendessen war ländlich rustikal doch schmackhaft, der Speisesaal allerdings kalt und ungemütlich (muss wohl auf Sizilien so sein, denn im Sommer ist die kühle Einrichtung vielleicht gerade das, was man sucht).
Das Zimmer war nett eingerichtet, nur das Duschwasser wurde morgens nicht warm.
Der schöne Springbrunnen und schöne Details am Haus.
Eigentlich habe ich – da wird wieder der Hotelier und sogar der Romantiker in mir wach – bedauert, dass man aus diesem herrlichen Anwesen nicht mehr gemacht hat. Doch vielleicht gibt es der Markt nicht her. Bei nur 55 € für Übernachtung und Abendessen – sogar für den Wein habe ich nichts bezahlt, weil ich mit zwei Gängen satt war und eigentlich noch ein Schnitzel mit Salat als 3. Gang vorgesehen war – kann man wohl auch nicht genug verdienen, um es in das Haus investieren zu können.
Sonntag, 28. März 2010
Heute wollte ich weitere antike Orte und Stätten kennenlernen. Also fuhr ich zunächst in die in der Nähe liegende Cava Grande, immer überwacht vom in der Ferne schimmernden Ätna.
Er begleite mich auf allen Wegen: der Ätna.
Die mächtige Cava Grande
Es gab sogar einen Fußweg hinunter ist diese Schlucht und ich stieg hinab. Als ich die ersten 100 Stufen hinabgestiegen war, überkamen mich jedoch Bedenken. Runter kommst Du vielleicht schon, aber auch wieder rauf? Das glaubte ich nicht und da ich mutterseelen allein war, kehrte ich lieber wieder um und ersparte mir die zu erwartenden Strapazen.
So fuhr ich also weiter und wollte mir Avola antica ansehen. Ich fuhr dem Schild nach, doch ich fand den Ort nicht. So fuhr und fuhr ich endlose Serpentinen hinunter bis ich unten in Avola erneut ein Schild „Avola Antica“ sah, das jedoch genau in die bereits zurückliegende Richtung zeigte. Also retour und die Serpentinen wieder hinauf. Vorbei an einer „Giro d´Italia“ Radfahrergruppe – sogar mit Begleitfahrzeug – bis ich in ein Dorf kam, das wohl das Avola Antica sein sollte. Doch ich fand nichts Antikes, höchstens ein paar verfallene Häuser. Na ja, dann nicht, sagte ich mir und fuhr wieder hinab. Doch auf der Fahrt hinab an die Küste habe ich ein paar schöne Eindrücke im Bild festgehalten.
Postkartenaussichten hinab ins Tal und aufs Meer
Alte Höhlen entlang der Straße… …und alte – leider verfallene – schöne Eingangstore
Irgendwann auf dem Weg nach Noto sah ich dann wieder ein braunes Hinweisschild „Villa del Tellaro“. Also ab von der Hauptverkehrsstraße und hin zu dieser Villa. Doch welche erneute Enttäuschung. Es ist keine Villa, sondern ein Bauernhof, auf dem man vor einigen Jahren Mosaiken einer alten Römervilla gefunden hatte. Wie in der „Villa Casale“. Da man sogar noch 6 € Eintritt dafür haben wollte, habe ich dankend abgelehnt. Was habe ich daraus gelernt? Nun, nicht alles wo Villa draufsteht ist auch eine Villa drin!
Wieder entschädigte mich die herrliche Landschaft von dieser Enttäuschung.
Jetzt wollte ich natürlich die „Barockstadt“ Noto kennenlernen. Ich fuhr durch eine offenbar sehr fruchtbare Landschaft in der ich zum ersten Mal Artischockenfelder sah.
Artischockenfelder
Inmitten dieser fruchtbaren Landschaft ein verfallenes Dorf!
Das ist kein Dorf, sondern das Weltkulturerbe der UNESCO: Noto, die „Barockstadt“!
Außer solchen verfallenen Häusern – viele auch unbewohnt, so dass bei mir der Begriff „verrammelt und vergammelt“ aufkam – habe ich in Noto nichts, aber auch gar nichts Bewundernswertes gefunden. Ich bin zwar kein Kunst- und Architekturkenner, aber Barockes habe ich auch nicht entdecken können. Und das soll seit 2003 ein Weltkulturerbe der UNECSO sein? Ich muss wohl in einer falschen Stadt gewesen sein…
Nur die Kirche war einigermaßen restauriert. Ist das Barock? Vielleicht dieser vergammelte Balkon?
Das innere der Kirche ist wunderschön und auch sehr schön restauriert worden.
Mit einem herrlichen Deckengemälde.
Also schnell wieder raus aus dieser Stadt (oder war es gar nicht Noto, sondern ein ganz anderer Ort in der Nähe?) und hinauf nach Noto Antica, denn vielleicht ist der Ort ja interessanter. Erst habe ich ihn gar nicht gefunden, sondern nur eine alte Kirche, die – leider auch – geschlossen war, so dass ich sie nur von außen bewundern konnte.
Das müsste die Converto della Scala sein.
Gleich daneben ein Steinbruch aus offenbar jüngerer Zeit.
Als ich dann wieder zurück fuhr, entdeckte ich auf dem Hinweisschild, das es 5 km bis Noto Antica sind. Also wieder zurück und erneuter Versuch und siehe da, ich fand es.
Noto Antica Schöne alte Steinmetzarbeiten
Noto Antica liegt in einer herrlichen Lage hoch über dem Meer
Nur die berühmten 500 Gräber der Sikuler aus der Zeit um 1.200 vor Christi konnte ich nicht finden. So suchte ich und suchte.
Sind es vielleicht diese… …oder diese?
So erfreute ich mich also wieder einmal an den herrlichen Blumen und hielt sie im Bild fest.
Preisfrage: Wann fällt der nächste Stein?
Erst auf dem Rückweg entdeckte ich die Felsgräber der Sikuler unterhalb der alten Burgruine (doch sind das 500?)
Jetzt wollte ich mir endlich Syracusa mit dem nicht zuletzt dank unseres großen Dichters Friedrich von Schiller berühmten „Dionys dem Tyrannen“ anschauen. Besonders interessant schien mir das „Ohr des Dionys“ zu sein. Dabei soll es sich um eine Höhle mit einem besonderen Echo handeln, in die er seine Gefangenen steckte. Durch ein Loch, das offenbar wie ein Megaphon wirkt, konnte er dann deren Gespräche belauschen. Daher der Name „Ohr des Dionysos“. Er war somit wohl Erfinder der Abhörmethoden und die Stasi hat ihn sicherlich zum Vorbild genommen…
Und wieder grüßt der Ätna herüber – rechts davon der Ort Floridia
Syrakus, einst von ausgewanderten Griechen auf der Suche nach neuem Land gegründet, muss wohl einmal sehr schön gewesen sein. Doch auch diese Stadt ist dem Verfall geweiht: Verrammelt und vergammelt! Schrecklich. Und die Stadt wurde erst 2005 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt? Sie kann doch nicht erst in den letzten fünf Jahren so heruntergekommen sein. So lässt ein Land und eine Region sein Kulturerbe verkommen.
Die Ruinen des Apollo-Tempels sehen ja noch so aus, wie man erwartet.
Nur der Dom und die Bank von Sizilien sind einigermaßen hergerichtet und – erstaunlich – auch ein paar andere Gebäude konnte ich entdecken, die gerade renoviert worden waren oder repariert werden.
Die Bank von Sizilien sieht auch stolz und reich aus… …und dieses Regierungsgebäude ebenfalls.
Der prächtige Dom ist auch in gutem Zustand.
Auch im Innern herrlich anzuschauen
Doch wenn man die anderen Gebäude betrachtet, kommt einem das kalte Grausen. Wunderschöne Gebäude zerfallen. Das ist nicht nur der Zahn der Zeit, das ist eine Schande!
Selbst andere Kirchen als der Dom verfallen, von sakralen Bauten gar nicht zu sprechen. So wie der Innenhof eines verrammelten Hauses!
Symptomatisch ist für mich gewesen, dass ausgerechnet der „Palazzo della Cultura“, d. h. das Amt für Kultur und die „Facolta di Architettura“ also die Fakultät für Architektur ebenfalls vergammelt waren. Der Fisch beginnt immer vom Kopf her zu stinken!
Nach diesen deprimierenden Eindrücken wollte ich der Innenstadt nur noch schnell entfliehen und mir Dionys ansehen. Das Griechische Theater und das Ohr des Dionys befinden sich im Archäologischen Park und um da hineinzukommen, muss man erst an zahlreichen Souvenirläden – nicht aus Zelten sondern aus Holzbuden – vorbei. Als ich um halb 5 nachmittags noch 8 € Eintritt für 1 ½ Stunden (um 18:00 Uhr wird der Park geschlossen) zahlen sollte, habe ich darauf verzichtet! (Geizhals würden manche jetzt wieder zu mir sagen. Dann eben Geizhals.)
Das ist, was ich vom Archäologischen Park gesehen habe. Sind das die Höhlen des Dionys?
Stattdessen fange ich jetzt – aus Frust – an zu dichten:
Einst bin ich nach Syrakus gefahren,
um mehr über die einst stolze Stadt zu erfahren.
Dabei hatte ich auch an Dionys den Tyrannen gedacht,
den Schiller hat mit der „Bürgschaft“ unsterblich gemacht.
So bin ich mit hohen Erwartungen gekommen,
doch diese sind schon beim ersten Anblick zerronnen.
Von Schönheit und Stolz fand ich keine Spur,
dafür verkommene Häuser und Ruinen nur.
Vielfach waren sie mit Brettern verrammelt
und die restlichen so richtig vergammelt.
Nur der Dom war schön herausgeputzt,
doch das hat dem Gesamteindruck auch nichts genutzt.
Selbst an der Facolta di Architettura
und dem Palazzo della Cultura
blätterte der Putz von den Fassaden.
Was soll man dazu noch viel sagen?
So bin ich denn enttäuscht gegangen,
um zumindest noch etwas von Dionys einzufangen.
Doch wäre ich weniger frustriert gewesen
Hätte ich auch die acht Euro für das Ticket ausgegeben.
So habe ich nur über ihn gelesen,
dass er ein Tyrann und sehr mächtig gewesen.
Verschaffte sich, der Stadt und der Insel viel Macht,
doch hat er auch viele Leute umgebracht.
Doch so ist es schon immer gewesen:
Macht vergeht und Städte verwesen.
So auch mit Dionys und Syrakus.
Da bleibt Enttäuschung nur zum Schluss.
Ich fuhr so schnell wie möglich aus der Stadt heraus und vor mir erstrahlte plötzlich wieder der Ätna. Jetzt nicht mehr im Himmel schwebend, sondern fest am Boden verankert lag er vor mir. Da wollte ich nach Möglichkeit eine Herberge finden, von der ich den fantastischen Berg in der Abendsonne sehen konnte. Und ich hatte Glück: Tenuta Roccadia bei Carlentini.
Blick von der Tenuta Roccadia
Der Ätna bei Sonnenuntergang… …und der Mond ist auch schon fast rund.
Das war die Vorspeise… …und das mein Hauptgericht. Sollte Lamm sein, ich dachte es wäre Kaninchen.
Am Abend beim Essen ist mir vielleicht die Lösung gekommen, warum man in Italien und insbesondere auf Sizilien nichts in die Gebäude investiert: Ich saß erwartungsvoll im Restaurant und trank meinen Wein mit 14.5 Vol. % (!) aus dem hauseigenen Weingut, als vor mir eine Familie mit 14 bis 16 Personen saß (genau habe ich nicht gezählt). Typisch italienisch, dachte ich so: Sie leben um zu genießen! Und dann kam es mir, nach welcher Philosophie die Menschen hier vielleicht leben: Wir leben jetzt und heute und unsere Gebäude sind seit ewigen Zeiten von allen möglichen Eroberern und Erdbeben zerstört worden. Und was haben wir davon gehabt? NICHTS!
Daher investieren wir nicht in tote Gebäude, sondern wollen leben und zwar jetzt! Nur unsere „Maccinas“ (Autos und Motorräder) müssen toll sein, denn mit ihnen durch die Gegend zu rasen: Das ist das volle Leben! Man muss vielleicht erst eine Flasche Rotwein mit 14, 5 % Alkohol trinken, um auf diese Lösung zu kommen. Hoch auf den Rotwein und nieder mit den Ärzten, die das verbieten!
Doch irgendwie gefiel mir diese Antwort am nächsten Morgen (in nüchternem Zustand) auch nicht mehr so recht. Wenn man bedenkt, dass wir in Deutschland nicht nur einen 30jährigen Krieg und zwei Weltkriege hatten, in denen so gut wie alles zerstört worden war, haben wir alles wieder aufgebaut. Selbst nach dem Kommunismus in der DDR ist wieder – fast – alles renoviert oder wieder aufgebaut worden. Sind wir etwa andere Menschen als die Italiener? Da muss also noch etwas anderes dahinter stecken und das kann nach meiner Ansicht auch nicht nur mit „Mafia“ begründet werden.
Vielleicht braucht Italien auch so etwas wie eine Nostalgiewelle, wie wir sie in Deutschland in den 70er Jahren erlebt haben. Durch diese „Erinnerung an die gute alte Zeit“ glaubte man nicht mehr dem Zeitgeist der 50er und 60er Jahre, die nach dem Motto „alt = schlecht“ lebte und Banken Betonbauten mitten in Fachwerkhäuserzeilen bauen durften, sondern man die alten Häuser renovierte und die Städte wieder zu altem und neuen Glanz verhalf.
In dieser Zeit habe ich die Romantik Hotels gegründet und zum Erfolg gebracht, was ohne die Nostalgie-Welle sicherlich nie so gut gelungen wäre, wie es schließlich geworden ist.
Montag, 29. März 2010
Der Blick am nächsten Morgen aus meinem Zimmer (mit Fliegengitter), leider kein direkter Zimmerblick auf den Ätna. Kennst Du das Land, wo die Zitronen und Apfelsinen wachsen…
…und die tollsten Blumen blühen?
Kleine Details am Haus und jedes Zimmer hatte einen Namen.
Das war mein Zimmername.
Montag, 29. März 2010
Heute ist mein erstes Ziel Catania und hier besonders der Fischmarkt, der auch im Reiseführer besonders gelobt wird. Ich liebe solche Märkte und kann mich nicht sattsehen und muss daher Fotos ohne Ende machen.
Wer kennt die Namen dieser Fische, die hier liegen auf dem Tische?
Hier wird nicht nur viel Käse erzählt, sondern auch mundwässerig machend angeboten.
Auch die benachbarten Straßen werden mit einbezogen.
Und ohne diese dreirädrigen Autos läuft schon mal gar nichts!
Sieht alles sehr köstlich aus!
Wenn ich des Italienischen etwas mächtiger gewesen wäre, hätte ich sicherlich etwas Obst gekauft. Doch das wäre so richtig danebengegangen. Also besser darauf verzichten und dafür die Stadt besicht´gen. (Merken Sie was? Meine Dichtkunst wird immer besser. Wenn ich wieder zuhause bin, bin ich fast so gut wie Goethe oder Schiller!)
DerDomplatz Die Universität
Der Innenhof der Universität Das Amphitheater
Kirchen über Kirchen, doch die meisten – auch der Dom – waren geschlossen.
Und hin und wieder blickt der Ätna zwischen den Straßen durch.
Diese beiden Kunstwerke wurden gerade vor der Uni aufgestellt
Der Dom… …überragt alles Weltliche! Herrliche Innenhöfe
Schöne Kirchen. Der Elefantenbrunnen Der Unterschied zwischen renoviert und nicht renoviert.
Catania hat mir von allen Städten, die ich auf Sizilien gesehen habe, am besten gefallen, denn hier hatte ich zumindest den Eindruck, dass man nicht alles vergammeln lässt. Gibt es also noch Lichtblicke?
Das Castello Ursino Eine sehr pittoreske und belebte Straße
Das war die einzige geöffnete Kirche, die ich finden konnte.
Genauso schwierig, wie es beim Hineinfahren war, war es auch wieder beim Hinausfahren: Verkehrschaos ohne Ende, weil jeder fährt, wie ihm gerade danach ist. Kreisverkehre sind zwar vorhanden, doch sie finden in der Praxis nicht statt, weil jeder in den Kreis reinfährt und ihn damit total verstopft. Das Wort Vorfahrt scheint es nicht zu geben und jeder nimmt sich sein Recht. Am Abend, bei einer Flasche Wein komme ich dabei leicht ins Philosophieren, warum das so ist und ich bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
Der Mensch versucht immer, seine Grenzen auszuloten. Das beginnt schon im Babyalter und endet eigentlich nie. Daher hat schon der Erfinder der „antiautoritären Erziehung“ kurz vor seinem Lebensende gestanden: „Das war wohl ein Fehler!“ So versucht auch jeder Mensch im Leben – und somit auch in Italien – die Grenzen seines Handelns auszuloten. Hat man eine schwache Regierung, die nicht in der Lage ist, ihre Gesetze auch zu kontrollieren, sind sie nutzlos. Wer das Gesetz bricht und nicht eines auf die Finger bekommt, versucht es weiter, beim nächsten Mal etwas stärker. Wenn dann immer noch nichts passiert, ist man quasi vom Staat eingeladen worden, seine eigenen Regeln und Gesetze zu machen. So setzt sich das Recht des Stärkeren durch, und Stärke bedeutet Macht und Macht bedeutet Geld. Wer also Geld hat, hat die Macht und wer viel Macht hat, hat viel Geld. Je mehr Macht, je mehr Geld etc. etc. Somit ist klar, warum die Mafia entstanden ist: weil der Staat zu schwach ist bzw. war oder korrupt war und/oder noch immer ist.
Ich weiß nicht, ob es heute in Italien noch so ist – jedenfalls habe ich das von früheren Jahren in Erinnerung – dass kleine Autos auf den Autobahnen langsamer fahren müssen als große. Wer also viel Kohle hat und sich ein teures Auto mit viel PS leisten kann, hat also mehr Rechte, als der weniger Bemittelte, der sich nur einen Fiat 500 leisten kann. Das sagt schon Alles: Wer Geld hat, hat auch mehr Rechte in diesem Land!
Wenn also der „normale“ Mensch weiß, dass es so ist und dass dies die Lebensregeln sind, dann verhält er sich danach. Er versucht, seine eigenen Regeln zu schaffen und schert sich einen Dreck um die „normalen“ Regeln. Sei es im Straßenverkehr oder anderswo. Wo 50 km/h steht, wird das pro Achse gerechnet. Wo zwei Autos auf einem Schild stehen, was normalerweise ja „Überholverbot“ bedeutet, wird dies als „2 Autos dürfen nebeneinander fahren und somit auch überholen“ gedeutet und praktiziert.
In Deutschland, wo wir seit ewigen Zeiten einen „Obrigkeitsstaat“ hatten, gehorchen wir aufs Wort! Und in Italien? Mit Sicherheit nicht! So, nun kennen Sie meine Erläuterung dafür, warum hier jeder so fährt oder geht, als ob er alleine auf der Straße wäre.
Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, bei der Ausfahrt von Catania. Irgendwann war auch dieses Verkehrschaos vorbei und ich fuhr die Küstenstraße Richtung Messina, denn ich wollte mir ja noch Taormina ansehen, diesen wohl teuersten Urlaubsort Siziliens (zumindest was die Hotelpreise anbelangt, wie ich gelesen hatte).
Doch wenn man die ganze Zeit nur durch einen Küstenort nach dem anderen fährt, nicht mehr weiß, in welchem Ort man denn nun eigentlich ist, durch den man gerade fährt, dann beginnt die Lust zu fahren nachzulassen. Man muss ja immer höllisch auf diese blöden Autofahrer aufpassen, die entweder rasen oder schlafen. Somit hat man – bzw. ich – irgendwann keinen Bock mehr und sehnt sich nach ruhigen Landstraßen, auf denen man auch mal anhalten und ein Foto von der schönen Landschaft, dem Meer oder dem Ätna machen kann.
Irgendwann hatte ich Glück und sah einen Parkplatz direkt am Wasser und vor mir eine alte Ruine im Meer (fragen Sie nicht, wie der Ort hieß). Doch ich musste um einen Häuserblock zurückfahren, um diesen Parkplatz in Besitz nehmen zu können. Da holte ich mir dann den gestern im Supermarkt gekauften – in Folie eingeschweißten – Schinken hervor, dazu die Tüte mit den Minibruchettas und setzte mich auf die Mauer und genoss. Ganz einfach: Genoss! Machte ein paar Fotos und war wieder glücklich.
Hier kann man gut sein Mittagspäuschen machen.
Und das ist die Kirche in Giarre mit dem Ätna im Hintergrund
Taormina konnte ich nicht kennenlernen, denn ich bin nur durchgefahren. Es ist ein Ort mit zwei Einbahnstraßen – eine nach Norden und eine nach Süden – die einem Autofahrer keine Chance lassen, einmal anzuhalten und sich umzusehen. Man fährt also nur durch!
Also fuhr ich zurück zur Abzweigung nach Francavilla, denn ich wollte den Ätna ja von allen Seiten kennenlernen und hatte eigentlich vor, irgendwo westlich von ihm zu übernachten, um den Sonnenunter- und Vollmondaufgang zu erleben.
Der Ätna „normal“… …und heran gezoomt.
Die Landschaft begeisterte mich wieder einmal – als Ausgleich für die Städte und Dörfer – und ich bekam wieder herrliche Ausblicke auf den Ätna geschenkt. Ich behaupte einfach mal, dass das Frühjahr die beste Reisezeit ist, wenn man nicht unbedingt am Meer Sonnenbaden will (will ich das?), sondern die Insel erleben und sie in sich aufnehmen will (das will ich!).
Der Ätna im Frühling… …im Winter scheint wohl auch hier unten mal Schnee zu liegen!
Kennen sie Schadenfreude? Ich ja! Und ich habe sie so richtig genossen. Ich fuhr so friedlich mit ca. 80 km/h durch die Lande, als ich vor mir ein Auto sah, das mal wieder dahin kroch. Ich wollte gerade zum Überholen ansetzen, da zischte ein Mercedes mit mindesten 140 km/h an mir vorbei, so dass ich richtig zusammenzuckte. Dieses Schw…! Dachte ich so, das wäre beinahe schief gegangen. Doch was sehe ich da, keine 5 Sekunden später? An einer Einfahrt kommt plötzlich ein Mann in Uniform mit einer Kelle heraus und der Mercedes muss eine Vollbremsung mit qualmenden Reifen machen (haben sie wirklich gequalmt oder übertreibe ich jetzt nur?): Carabinieri!
Ob der Fahrer wohl weiterfahren durfte? Ob er wohl seinen Führerschein losgeworden ist? Ob er schwer blechen musste? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er mich anschließend nicht wieder überholt hat und dass ich ihn nicht bedauert habe, sondern – ehrlich gesagt – recht zufrieden war!
Danach genoss ich wieder die Landschaft…
Das mit der Übernachtung westlich des Ätna klappte eigentlich auch, nur mit der Einschränkung, das leichte Wolken aufkamen, die Sonne also kein rotes Feuer auf den Berg schicken konnte und der Mond etwas blass und verschleiert über den Berg hervorkroch. Nun, man kann ja nicht alles haben.
Ich fand – irgendwo zwischen Cesaro und Troina – eine Übernachtungsgelegenheit, die sich „Turismus Rurale Leanza“ nennt. Es gibt seit vielen Jahren die löbliche Einrichtung in Italien, dass alte Bauernhöfe Geld bekommen – offenbar vom Staat – um ihre Höfe zu gastronomischen Einrichtungen umzugestalten, kurz um Gäste beherbergen und bewirten zu können. Gestern hatte ich schon das Glück mit der Tenuta Roccardia eine solche Herberge zu finden und heute war sie nur noch ein wenig rustikaler, daher auch er Name „rurale“. Steil den Berg hinauf ging der Weg – mein armes Auto! – und dann war ich da.
Offenbar bin ich der einzige Gast und der spricht noch nicht einmal italienisch und der will bei uns übernachten. Aber natürlich: Si! Die Patronin – war sie wohl – zeigte mir das Zimmer, rückte dies und das zurecht, nahm die zweite Garnitur Handtücher mit und sagte mir den Preis: 30 € incl. Abendessen! Das war mehr als akzeptabel. Um 8 Uhr Abendessen, ist das recht? Si, si, konnte ich nur antworten und holte mein Gepäck aus dem Auto.
Mein einfaches Zimmer (heller als in Wirklichkeit) und mein hübsches Bad
Kalt war es im Zimmer und die Fernbedienung für die elektrische Heizung bekam ich auch nicht in Gang. Also begann ich meinen Tagesbericht auf dem Bett zu schreiben, denn einen Tisch gab es nicht, und irgendwann wurde es dann auch acht Uhr. Vorher bin ich hin und wieder noch mal nach draußen gegangen, um den Sonnenuntergang mit dem roten Ätna nicht zu verpassen, doch das Ergebnis kennen Sie schon:
War wohl nichts mit rotem Sonnenuntergang am Ätna!
Ich ging also ins Restaurant, mit einem zweiten Pullover über dem ersten, denn mir war richtig fröstelig geworden und die Nase machte sich auch schon durch ein komisches Kribbeln bemerkbar. Doch das Lokal war gut geheizt, so dass ich mich an den bereits – nur für mich – gedeckten Tisch setzte. Ich fühlte mich zwar nicht wie ein König, doch einziger Gast zu sein, ist schon etwas Besonderes!
Der gedeckte Tisch und die nette Dekoration
Wie offenbar üblich gab es drei Gerichte als Halbpension: Antipasti, Pasta und Bistecka. Also Vorspeise, Nudeln und Fleischgericht. Dazu eine Literflasche Rotwein – ohne Etikett, also wohl eigener Wein – auch eine Wasserflasche stand da, doch wer trinkt schon Wasser? Ich jedenfalls nicht, denn Wasser ist gut zum Kartoffeln kochen und Füße waschen, wie Rodolf Katzenberger zu sagen pflegte (und der galt immerhin als Patron aller deutschen Köche!).
Wie so einfache Küchen meisten sind: einfach gut! Obgleich ich bei unbekannten Speisen meist sehr skeptisch bin („wat de Buer nich kinnt, dat fritt he nich“), haben mir die Antipasti sehr gut geschmeckt, die Makkaroni mit Tomatensause: na ja, doch das Kotelett und die Wurst (die ich nur probiert habe, weil ich einfach zu satt war) waren sehr lecker. Begeistert war ich von dem ganz einfachen Salat mit Olivenöl, Salz und Pfeffer. Besser geht es nicht! Auch der Hauswein hat mir sehr gut gemundet (ohne dass ich die ganze Flasche ausgetrunken habe), so dass ich recht zufrieden wieder auf mein Zimmer ging, um diese Zeilen zu schreiben.
Inzwischen hatte sich offenbar auch die Fernbedienung für die Heizung herabgelassen, meinen vielen Drückereien nachzugeben und zu funktionieren. Dennoch sitze ich nach wie vor mit zwei Pullovern vorm Bett und schreibe. So warm ist mir denn doch noch nicht geworden, dass ich darauf verzichten möchte.
So, jetzt ist es gleich ¼ vor 11 und es wird Zeit, ins – hoffentlich – warme Bett zu klettern. Gar nicht erst lange einen Schlafanzug anziehen, sondern nur Hose und Pullover ausziehen und gleich so ins Bett, um nicht zu frieren. Das hat denn auch gut geklappt und ich habe gut geschlafen.
Dienstag, 30. März 2010
Mein Frühstück war sehr einfach. Außer Weißbrot, Nutella und Marmelade gab es nichts. Ich bestellte mir in meinem „perfekten“ Italienisch – eine andere Sprache kennt man hier nicht – einen Tee mit Milch, dazu Zucker und auch Butter, denn die fehlte auch. Nun gut, esse ich halt mal spartanisch oder besser „rurale“.
Mein Frühstückstisch mit Blick ins Tal
Als ich bezahlen wollte gab der Wirt oder wer auch immer das war, mir einen kleinen Zettel auf dem nur drei Zahlen standen:
35,00
22,00
57,00
Ich hatte zwar in Erinnerung (und das gestern Abend ja auch in meinem Reisetagebuch so niedergeschrieben), dass mir die Dame gestern Abend sagte: 30 Euro incl. Abendessen, was ich als äußerst günstig betrachtete und mir daher auch erst einmal das Zimmer ansehen wollte, denn für einen solchen Preis kann man nicht viel erwarten. Doch da ist wohl mein Italienisch verbesserungswürdig oder die interne Kommunikation im Betrieb.
Fa niente, ich zahlte. Und dann sagte er noch was zu einem Mitarbeiter, was ich nicht kapierte. Er begleitete mich bis zum Auto und ich wollte ins Auto einsteigen. Doch dann deutete er mit den Händen an, dass er wohl mitfahren und das Tor unten an der Straße aufmachen wollte und so war es denn auch. Zurück wollte er zu Fuß wieder hochlaufen. Und das ist ganz schön steil:
Das geht viel steiler runter, als es auf diesem Bild aussieht.
Die Region westlich des Ätna ist sehr gebirgig und sehr reizvoll anzuschauen, wobei der Ätna heute so leicht benebelt aussah, denn er umgab sich mit sehr viel Dunst, so dass er auf den meisten Fotos auch nur zu erahnen ist.
Nur noch erahnen kann man den Ätna in der diesigen Luft.
Kurz hinter meiner rustikalen Herberge sah ich auf einem Hügel eine Ruine und als ich näher kam, war es die Burg Guiliano. Man könnte glauben, dass sie durch ein Erdbeben zerstört worden ist, doch genau weiß ich das natürlich nicht.
Die zerstörte Burg Guiliano
Mehr als überrascht haben mich die vielen Erdrutsche und Straßenabbrüche, die ich auf der gesamten Strecke bis ans Meer und teilweise auch danach auf der Straße nach Palermo vorfand. Nicht von steilen Hängen waren die Erdmassen weggerutscht, sondern oft von nur sehr flachen Feldern.
Ob diese Abbrüche und Erdrutsche vom Regen des letzten Winters gekommen sind?
Man musste höllisch aufpassen, denn obgleich diese Stellen alle vorher durch Schilder angekündigt wurden, waren die verbliebenen Straßenteile manchmal abrupt um 10 cm tiefer und wehe, wenn man da mit mehr als 20 km/h rübergefahren wäre! Dennoch wurde ich laufend überholt, doch die kennen sich hier sicherlich schon so gut aus, dass sie die gefährlichen Stellen kennen.
Viel Landschaft gab es zu sehen, wobei mich immer wieder die Dörfer auf den Berggipfeln faszinieren. Leider sind sie dann – wenn man durchfährt – alles andere als schön, sondern meistens einfach nur hässlich. Ja, dieses schlimme Wort muss ich benutzen, denn ein besseres habe ich nicht in meinem Wortschatz, um diese schlimm aussehenden Häuser zu beschreiben.
Aus der Entfernung immer pittoresk anzuschauen, als ob am mächtigen Felsen angeklebt.
Oder auf hohen Berggipfel…
…doch aus der Nähe dann nur noch sehr beschränkt.
Nett anzuschauen sind dagegen die Tiere. Seien es Schafe oder Kühe.
Sie grasen friedlich vor sich hin. Diese Schafe rannten weg als sie mich sahen (sehe ich so gefährlich aus?), nur die schwarze Ziege nicht und die Kühe schauten ganz neugierig.
Fasziniert war ich wieder einmal von einem dieser Friedhöfe, diesmal von der von dem Örtchen Sperling (wenn ich mich nicht täusche).
Mächtige Gräber – fast wie Paläste Wie eine Totenstadt… … nur diese Tafeln sind etwas bescheidener.
Die Landschaft hat mich immer wieder begeistert.
Nicht nur der Ätna ist noch schneebedeckt, auch auf den bis zu 1.850 m hohen Madonie Bergen lagen noch Schneereste.
Ganz besonders faszinierend finde ich die uralten Olivenbäume, bei denen ich immer das Gefühl habe, sie wollten mir was erzählen. Jeder Baum sieht so völlig anders aus, als wollte er seinen unterschiedlichen Charakter und seine Lebensgeschichte zum Ausdruck bringen. Teilweise sind sie so gewachsen, wie sie natürlich gewachsen sind, teilweise werden sie künstlich gestutzt oder beschnitten. Auf jeden Fall hat jeder alte Olivenbaum sein ureigenes Aussehen und ist somit unverwechslich.
Knorrige Olivenbäume – ein für mich faszinierender Anblick.
Wie alt mögen diese Olivenbäume sein und welche Geschichten würden sie wohl erzählen können?
Diese herrlichen Olivenhaine, wohl nur um diese Jahreszeit so schön.
Welche reizvollen Durchblicke man erleben kann, zeigen diese beiden Bilder
Im Örtchen Finale erreichte ich wieder die Küste und somit den letzten Abschnitt meiner vielseitigen und höchst interessanten Reise. Und ausgerechnet in Finale erlebte ich, wie man es mit den alten Häusern auch machen kann: Renovieren! Nicht nur der alte Turm wurde restauriert, sondern auch dieses Haus.
Da fängt man an zu denken, wie dieser „Denker“: Vielleicht renoviert man nur in den Küstendörfern, da diese ja auf den Badetourismus angewiesen sind und dieser ausbleiben würde, wenn man nur verkommene und renovierungshungrige Häuser als Übernachtungsquartiere anbieten würde. Doch auch die großen und größeren Städte leben vom Tourismus und wenn die nicht bald was machen, um die Erwartungen, die durch die vielen Reiseführer geweckt werden, zu erfüllen, bleiben die Touristen wohl auch irgendwann weg. In meinem Dumont-Führer habe ich jedenfalls nichts davon gelesen, dass die Häuser alle verkommen. Nur über Noto steht zu lesen: „Immer wieder sind zahllose Gebäude…wegen Restaurierungsarbeiten eingerüstet.“ Ich habe in Noto allerdings kein einziges Gerüst an einem zu renovierenden Gebäude gesehen!
Die Küste am Tyrrenischen Meer fand ich besonders reizvoll, so dass ich mehrmals anhielt, um Fotos zu machen.
Die letzte größere Stadt mit historisch bedeutsamen Gebäuden war Cefalú, die von den Normannen stark geprägt worden ist und als Besonderheit den herrlichen Dom aufweist, der natürlich Touristen aus allen Ländern in Mengen anzieht. So sieht man am Hafen Busse über Busse stehen, die ihre Fracht ausgespuckt haben und diese die engen Gassen bevölkern und die Cafés und Souvenirläden beglücken. Ich war froh, in der Nebensaison dort zu sein, denn in der Vor- oder gar der Hauptsaison muss es hier wild hergehen.
So konnte ich mir in Ruhe den Dom und sein Inneres ansehen, denn ich hatte Glück: er war geöffnet, obgleich im Reiseführer steht, dass er von 12 – 15:30 Uhr geschlossen ist (In dieser Zeit war ich da).
Der Dom von Cefalú mit seinen normannischen Doppelturm
und – sieht (Diek)man(n) selten – vorgesetzten Arkaden
An den Säulen nagt natürlich auch der Zahn der Zeit, dennoch fand ich sie noch sehr gut erhalten
Besonders schön das reichverzierte Eingangstor… …und das herrliche Kirchenschiff…
…mit dem Christusbild, das ich auf vielen Abbildungen gesehen habe.
Cefalú wird überragt von einem mächtigen Felsen, der auch Namensgeber dieser Stadt ist (wie ich nachlesen konnte), denn er stammt aus der griechischen Bezeichnung Kephalos, was Haupt bedeutet. Die ganze Stadt liegt diesem Haupt – auf dem sich noch eine Burg befindet – zu Füssen und kann sogar zwei Häfen aufweisen.
Die beiden Häfen von Cefalú
Impressionen aus der Innenstadt von Cefalú
Und wer ein Auge dafür hat, freut sich auch über solche Details
Auf dem Weg nach Palermo gibt es weitere schöne Ausblicke auf das Meer, wie man sie von Postkarten her zu kennen glaubt.
Was man auf keinen Postkarten sieht – und leider auch in keinem Reiseführer liest – ist eine Beschreibung des schrecklichen Verkehrschaos, das nicht nur in Palermo, sondern in allen Städten herrscht. Wenn man nicht höllisch aufpasst und stets einen Fuß auf der Bremse hat, ist man schnell geliefert, weil jeder – ob Autofahrer, Motorradfahrer und auch Fußgänger sich so benimmt, als ob er alleine und einzig auf der Straße ist. (Habe ich das nicht schon einmal ausführlich geschildert?)
Daher konnte ich einige Sehenswürdigkeiten in Palermo auch nur aus dem Augenwinkel vorbeihuschen sehen (es gab auch keine Parkmöglichkeiten!) – wenn ich mehr riskiert hätte, wäre evtl. Schlimmes passiert – so dass ich nur noch einen Wunsch hatte: Raus aus diesem Chaos, und raus aus dieser Stadt, hoffentlich ohne Schaden zu nehmen. Da auch die Verkehrsbeschilderung unmöglich ist – man kann sich nur ungefähr an der Himmelsrichtung und dem Stand der Sonne orientieren, um in Richtung Flughafen zu kommen, denn es gibt nur sehr, sehr wenige Hinweise zur Autobahn und zum Flughafen.
Daher beschloss ich, mir in absoluter Nähe des Flughafens ein Hotel zu suchen, denn wenn ich Morgen früh rechtzeitig da sein wollte (um 7:00 Uhr musste ich einchecken), hätte mich ein solches Verkehrschaos den letzten Nerv gekostet oder gar einen Herzinfarkt verursacht oder – und das ganz bestimmt – ich hätte den Flieger verpasst und wäre dumm dagestanden!
Nach ungefähr einer Dreiviertelstunde hatte ich die Autobahn endlich erreicht und Sie können sich sicherlich vorstellen, wie erleichtert ich war. Ich kam mir vor wie ein Hase, der die ganze Zeit in seiner Sasse auf den Fuchs wartet und nachdem die Gefahr vorbei ist, er aufspringt, um seinen Adrenalinspiegel durch ein Wetzen in Hasenpanier abzubauen.
Und ich hatte Glück. Ich fand nicht nur eine Tankstelle, um den Wagen wieder aufzufüllen (denn am Flughafen gibt es keine Tankstelle und man muss das Auto vollgetankt zurück liefern, sonst bekommt man sehr hohe Benzinpreise berechnet), sondern auch ein sehr schönes Hotel. Schauen Sie selbst:
Das „Magaggiari Hotel Resort“ in Cinisi – tagsüber und kurz nach Sonnenuntergang (wie am Tafelberg in Kapstadt, dachte ich)
Wunderschöne Kacheln, die ich so gerne sehe, zierten von innen die Außenmauer des Grundstücks.
Gemütliche Atmosphäre im Restaurant…
…und ein köstliches Abendessen – Pasta und Fisch – ließen den Abend mit einer guten Flasche Weißwein ausklingen.
Mittwoch, 31. März 2010
Es hat alles gut geklappt: Mein auf dem Handy eingetipptes Wecken, der Weckruf vom Hotel (sicherheitshalber), das Auschecken (obgleich ich glaube, der Kellner im Restaurant hat etwas zu viel berechnet!) und die kurze Fahrt zum Flughafen. Der Vollmond verabschiedete sich noch kurz, bevor er sich in eine Wolke am Westhimmel hüllte, um so den Tag zu verschlafen, damit er mich heute Abend (wenn das Wetter in Rendsburg es zulässt) wieder freundlich begrüßen kann.
Über dem Mittelmeer konnte man die Küste von Korsika erkennen und die Alpen waren auch noch zum Teil wolkenfrei.
Jetzt sitze ich schon wieder in Paris am Flughafen, um die letzten Seiten meines Reisetagebuches zu schreiben. Draußen herrschen 8 ° Celsius (!) und man merkt, dass das Mittelmeer Vergangenheit geworden ist.
Wenn ich abschließen ein Fazit meiner Reise durch Sizilien machen kann, so fällt dies sehr zwiespältig aus:
Auf der einen Seite eine phantastische Insel mit einer unfassbaren Vergangenheit, traumhaft schöner Landschaft und blühender Natur. Da schlägt das Herz des Romantikers Jens Diekmann wirklich höher und wie oft habe ich ausgerufen: „Mein Gott ist das schön. Dass ich das erleben kann!“
Auf der anderen Seite jedoch: schrecklich verfallene Häuser, unendlich viel Müll und chaotisches und rücksichtloses Verhalten der Verkehrsteilnehmer. Hier gehen unersetzbare Werte für immer verloren, man verschandelt die Natur durch seine Abfälle und nimmt keinerlei Rücksicht auf andere. Das muss ich nicht noch einmal erleben!
Herzlichst Ihr Single-Reisender
Jens Diekmann