Die Ostseeküste in Ihren zahlreichen Variationen
Kurzbericht zum Warmwerden.
Mit dem Auto rund um die Ostsee zu reisen ist ein besonderes Erlebnis. Diese 19-tägige Reise führte mich durch Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern
nach
Polen
und von dort durch Litauen, Lettland und
Estland.
Die baltischen Länder, die nicht nur durch ihre z. T. bereits wieder sehr schön restaurierten Städte begeistern, sondern auch durch die Haffs
und bewaldeten
Nehrungen.
Mit der Fähre fuhr ich dann von Tallin nach Finnland
und von dort mit dem Schiff durch die
Alandinsel-Welt
und weiter an
die schwedische Ostküste.
Überall wunderschöne Landschaften und
einsame Küsten,
historische Städte,
gemütliche Dörfer und
prächtige Kirchen,
Klöster und
Schlösser. Man kann die alte und neue Geschichte hautnah erleben.
Übernachtet und
gegessen habe ich von
ganz einfach bis
köstlich.
Und nun mein Reisetagebuch in mehreren Etappen:
1. Etappe: Entlang der deutschen Ostseeküste
1. Tag: Donnerstag, 24. August 2006
Nun geht es endlich los. Schon vor drei Jahren wollte ich meinem Volvo C 70 Coupé mal sein Heimatland zeigen, doch dann kam das neue Hermes Hotel in Oldenburg „dazwischen“ und so musste ich die Skandinavienreise verschieben. Da Polen und die Baltischen Länder inzwischen EU-Mitglieder geworden sind und es daher viel einfacher geworden ist, durch diese interessanten Länder zu reisen, habe ich mir gesagt, warum nicht um die Ostsee reisen? Und heute ist nun der erste Tag.
Ist das nicht ein herrliches Glücksschwein, das mich auf dem Weg zwischen Kiel und Schönberg in Muxall grüßte und mir sicherlich eine gute Reise wünschte?
In Schönberg, meinem Geburtsort, habe ich zunächst das Grab meiner Eltern besucht, denn vor 65 Jahren waren beide sehr wahrscheinlich ganz schön nervös, was da wohl aus Mutters Bauch herauskommen würde. Da musste ich schon mal „Dankeschön“ sagen und ein kleines Blümchen hinbringen. Am frühen Morgen (damals vor 65 Jahren – mitten im Krieg) gegen 6:00 Uhr kam dann Klein-Jensi: also ich, auf die Welt. Das weiß ich deswegen so genau oder ungefähr, weil meine Eltern am Markt 1 wohnten und meine Großeltern im Stakendorfer Tor und mir meine Mutter später mal erzählte, dass die Arbeiter schon zum Bahnhof gingen, als sie mit mir trächtig zum Haus ihrer Eltern – also Oma und Opa Ridder – ging. (Daher habe ich auch mein verkrüppeltes Ohr, denn offensichtlich bin ich etwas zu früh gekommen und mit dem Ohr gegen irgendeine Mauer gestreift, die da im Wege stand. Deswegen wurde ich in der Schule auch als „Krüppelohr“ verhänselt. (Wie brutal können doch Kinder sein, oder?) In Schönberg – jetzt wieder Gegenwart und nicht Erinnerungen – habe ich dann den ersten Ostsee-Strand Kontakt auf dieser Reise gehabt, denn wenn ich nach Schönberg fahre und nicht am Strand war, war ich nicht in Schönberg.
Als über den Deich auf die Ostsee blickte, sah ich als erstes ein kleines TV-Team, das ein „Brasilien“-Schild filmte. „Das ist doch falsch hier.“ sagte ich. (Als früherer Einheimischer weiß man, dass „Brasilien“ ca. 2 km weiter westlich in „Kalifornien“ liegt, weil dort einmal vor langer Zeit ein Schiff namens „Brasilien“ gestrandet war.) Der Moderator meinte, „Ja, das mag schon stimmen, doch das Brasilien-Schild ist so oft geklaut worden, dass die Kurverwaltung beschlossen hatte, das Schild nicht wieder an der richtigen Stelle aufzustellen, sondern es im Büro zu deponieren.“ Daher habe man es einfach als „Wanderschild“ hier hingestellt und hier gefilmt. Nun, da sieht man mal wieder, wie die TV-Zuschauer geleimt werden und wie man Filme und Tatsachen im Fernsehen manipulieren kann! N 3 film „Brasilien“ Doch im Ernst: Ich befinde mich nicht in Süd- oder in Nordamerika und bin auch (noch) nicht besoffen: denn „Kalifornien“ und „Brasilien“ sind tatsächlich zwei Ortsteile von Schönberg in Holstein. Da gibt es auch noch ein „Tobruck“ und ein „Abessinien“, um nichts zu unterschlagen. Und aus diesem internationalen Ort stamme ich! Kein Wunder, dass ich gerne die Welt bereise. Nur dass ich bisher nur in Kalifornien (USA) war und die anderen Länder bzw. Orte sicherlich auch nicht kennen lernen werde. Wer weiß, wer weiß…
Das ist der Blick mit (neuem) Deich…
und das ohne.
An diesem Ostseestrand in Schönberg beginnt also meine Ostseereise.
Das sind meine Zehen am Schönberger Strand. Nur so als Dokumentation für die erste Wasserberührung! Wenn man die Region seit seiner Kindheit kennt, übersieht man leicht die Schönheiten dieser Gegend. Doch wenn man schon länger woanders gewohnt hat und hin und wieder zu Besuch gekommen ist, lernt man sie mit anderen Augen zu betrachten. So auch ich:
Hier gibt es ganz leckerer Kuchen…
(Das Café gab´s früher noch nicht)
Das Schloß in Panker – berühmt für seine Trakehner-Zucht…
…und das ist die „Ole Liese“ in Panker, ein historisches Hotel mit exzellenter Küche.
Der „Hessenstein“ auf dem Pilsberg, dem zweithöchsten Berg in Schleswig-Holstein, da war ich zum letzen Mal als Schüler! (Derzeit wird er renoviert)
Für die, die über solche „Berge“ schmunzeln, sei gesagt, dass diese Erhebungen nur wenige Kilometer von der Küste entfernt sind und daher sehr schöne Ausblicke ermöglichen – auch Radfahrer können ein Lied von den Höhenunterschieden singen – die man im Gebirge aus dieser Höhe nicht hat! Die „Holsteinische Schweiz“ ist eine herrliche Fahrradregion. Wenn man von Lütjenburg über Sögel nach Hohwacht fährt…
Das Schloß Weißenhaus, Namensgeber für den „Weißenhäuser Strand“ . (Inzwischen ist aus dem verfallenen Schloß eine Luxusherberge geworden).
Diese Mühle in Farve bei Weißenhaus kann man auch als Feriendomizil mieten! https://www.gittas-landhaeuser.de/
Die alte und wirklich sehenswerte Hansestadt Lübeck habe ich ausgelassen (sollten Sie aber nicht tun!), da ich zum ersten Mal in meinem Leben von Travemünde auf den Priwall mit der Fähre fahren wollte. Und siehe da, die Aussichten sind schon toll:
„Meck-Pomm“ hat aus alten Adelszeiten noch sehr viele alte Güter und Schlösser, die zu DDR-Zeiten natürlich enteignet worden sind und anderen Zwecken zugeteilt wurden. Doch inzwischen sind sie vielfach renoviert worden und erstrahlen im alten (neuen) Glanz.
Schlossgut in Gross Schwansee.
So auch das Schlossgut in Gross Schwansee, das von der Familie Dornier erworben wurde (besser von reichen Familien, als vom Staat) und heute ein sehr schönes und elegantes Schlosshotel mit modernem Design geworden ist. Wer kann sich meine Überraschung vorstellen, als ich nach einem Zimmer fragen wollte und vom Direktor (Kai Plesse) mit meinem Namen angesprochen wurde! Wir kannten uns aus dem Hotelverkäufer Verband (HSMA), doch hatten uns sehr lange nicht gesehen. Super Namensgedächtnis! (Nicht ich, sondern er!). Hier sitze ich nun und schreibe, während mein Aperitif (zwei medizinische Bier) langsam zu wirken beginnt und ich Hunger bekomme.
Vorher noch schnell ein paar Bilder, die ich am Strand und in dem davor gelagertem Buchenwald aufgenommen habe, durch den der Ostsee-Radwanderweg führt.
Das ist ein Schleenstrauch…
…und so sieht der Aronstab im Detail aus.
Abends habe ich einen köstlichen Dorsch auf der Terrasse gegessen, doch später wurde es mir doch zu kühl, so dass ich meinen Käsenachtisch lieber drinnen eingenommen habe. Nach ein paar Seiten in meinem neuen Buch „Die Begnadigung“ von John Grisham schlief ich dann – draußen war es noch hell – gegen 21.00 Uhr ein.
2. Tag: Freitag, 25. August 2006
Happy Birthday, jetzt bist du „Ren(n)tier“ geworden! Da ist das Aufwachen in einem Schlosshotel gerade passend, oder? Der Wetterbericht hört sich ganz gut an, doch nachmittags soll auch im Nordosten Deutschlands ein dickes Tief mit Gewitter angekommen sein. Nun, warten wir´s mal ab. Das war mein Geburtstagsfrühstück: Müsli, Rühreier mit Krabben. Ein guter Start in den Tag. Nicht ganz billig, mit Übernachten und Abendessen alles in allem über 200 €, doch man wird ja nur einmal 65!
Auf kleinen Nebenstrassen fuhr ich dann weiter in Richtung Osten. Am Strand von Wolkenhagen scheint die Saison schon vorbei zu sein.
Doch in der alten Hansestadt Wismar ist noch einiges los (auch bei trübem Wetter).
Der renovierte Marktplatz von Wismar mit schönen alten Gebäuden…
…und alten Kuttern, von denen Räucherfisch verkauft wird (schon eine größere Wertschöpfung, als frischer Fisch!)
Ein Blick über die abgeernteten Felder auf die Wismarer Bucht.
In Kühlungsborn kommt man gar nicht dazu, Fotos zu machen, wenn man nicht auf einen Parkplatz – natürlich nur gegen Bezahlung – fährt, denn in diesem quirligen Ort ist auch Ende August noch Hochsaison. Man glaubt es kaum, wie sich der Ort in den Jahren nach der Wende gemausert hat. Ich habe ihn nicht wiedererkannt. Er ist eine Perle an der Ostsee geworden – wie wohl viele Badeorte in Meck-Pomm. Ich war kurz nach der Wende dort und muss gestehen, dass ich nicht geglaubt hätte, dass sich einmal ein so schöner und lebendiger Ort entwickeln würde. Kompliment! Dagegen sieht man in Heiligendamm noch den krassen Unterschied zwischen gestern und heute. Während im Kempinski Hotel schon George W. Busch abgestiegen ist, hat man ihm die daneben liegenden Gebäude sicherlich nicht gezeigt: Das ist das Kempinski und so sehen die übrigen Gebäude aus: leer und vergammelt (kaum zu erkennen auf diesem Bild, doch in Natura…)
Sie stehen alle leer seit der Wende. Was könnt man daraus noch machen!?
In Stoltera bei Warnemünde geht man durch einen Buchenwaldhain ans Wasser und findet einen herrlichen Strand vor.
Blick durch die Bäume auf die Ostsee…
…und über den Strand
Nach der „Wende“ sollte ich mal diese Ferienanlage übernehmen. Hat leider nicht geklappt. Schade, oder?
Warnemünde hat sich inzwischen zu einem bedeutenden Segler- und Traumschiff-Domizil entwickelt, was man nicht nur an den Ozeanriesen erkennt,
sondern auch am luxuriösen Hotel mit Yachthafen „Hohe Düne“ am andern Ufer. Ich vergleiche Warnemünde gerne auch mit Travemünde, denn sie haben viele Ähnlich- und Gemeinsamkeiten.
Noch ein Blick auf den Strand von Graal-Müritz, bevor ich die Küste verlassen habe und über Grimmen
mit seinem schönen Rathaus und einem netten Brunnen
auf die Insel Usedom gefahren bin.
Ich habe mir Stralsund, die Insel Rügen und Greifswald geschenkt, weil ich mich abends im Hotel in Bansin angemeldet hatte und nicht zu spät zum Geburtstagsessen kommen wollte. Da es auch noch anfing, teilweise heftig zu regnen, hätte ich sowieso nicht viel davon gehabt, zumal ich diese Orte und Rügen schon von früher her kannte.
Eine wunderbare Überraschung erwartete mich auf meinem Zimmer im Romantik Hotel Atlantic: Eine kleine Geburtstagstorte, eine Flasche Rotwein (mit zwei Gläsern) und eine Karte auf der stand: „Alles Liebe von den Münchnern“. Da musste ich natürlich in München bei Nils und Saveria und Mirja anrufen und mich herzlichst bedanken.
Dann habe ich den Tag genutzt, um mir den Ort und den Strand anzusehen.
Am Abend habe ich dann – im nur schwach besetzten Restaurant des Hotels – mein Geburtstagsmenu genossen: Zunächst eine Pfifferlingsschaumsuppe mit Rehfilets und danach: ein köstlicher Lammrücken. Dazu habe ich mir eine halbe Flasche Rotwein gegönnt. Auf meinem Zimmer musste ich dann natürlich meinen Geburtstagswein probieren und habe somit die zweite halbe Flasche genossen, so dass es doch eine ganze Flasche geworden ist. Dabei habe ich dann einige Seiten im John Grisham gelesen, bis ich dann ermüdet ins Bett fiel. Das war mein 65. Geburtstag!
3. Tag: Samstag, 26. August 2006
Erneut bin ich morgens schon um 6 Uhr wach geworden und konnte nicht mehr weiterschlafen. Wenn man älter wird, braucht man wohl weniger Schlaf, oder? Sind das nun die ersten Erkenntnisse von Ren(n)tiers? Da es viel zu früh war, um zum Frühstück zu gehen, verspeiste ich zunächst zwei Stückchen von meiner Geburtstagstorte und las dabei aus dem Magazin „Relax“ Geschichten von Frauen über „Die Lust am Falschen“. Dabei ging es um Frauen, die sich in Machos, Casanovas und „Bad Guys“ verliebt hatten und darüber schrieben. Na, ja, wird mir wohl nicht passieren, dass sich da eine in mich verguckt: da bin ich doch wohl anders gestrickt.
Ich habe meinen Aufenthalt im Hotel verlängert, da ich heute einmal nicht ein paar hundert Kilometer fahren möchte, sondern mit dem Rad die „Kaiserbäder“ erradeln will. Bei der Absicht ist es allerdings geblieben, denn ich bin nicht geradelt, sondern zunächst ca. 2 Stunden durch den Wald oberhalb der Steilküste und dann am Strand entlang gegangen. Muschelmosaik,
Sandwellenspiele,
Kormorane warten auf den nächsten Fang.
Nur wenige hundert Meter nördlich von Bansin sind kaum noch Menschen zu sehen.
Am Nachmittag habe ich dann auf dem sehr schönen Platz in Balm – zunächst alleine und dann mit Vater und Sohn aus Stuttgart – Golf gespielt und bin rechtzeitig vor dem herannahenden Gewitter fertig geworden.
2. Etappe: Die Polnische Ostseeküste
4. Tag: Sonntag, 27. August 2006
Das ist für mich nicht ganz einfach nachzuvollziehen: Warum kann man von Usedom nicht nach Swinemünde mit dem Auto fahren? Zu DDR-Zeiten war das noch möglich, doch jetzt, nachdem Polen zur EU gehört, nicht. Was da wohl für politische Interessen im Spiel sind?! Was blieb mir also anderes übrig, als mich in die Kolonne der Urlaubsheimreisenden zu begeben und mit diesen bis nach Anklamm und weiter in Richtung Pasewalk zu fahren. Doch kurz hinter Anklamm verließ ich die B 109 und fuhr auf Schleichwegen durch die Ueckermünder Heide nach Locknitz. Über ein solches Kopfsteinpflaster ging es kilometerweit durch Wald und Dörfer. Mein armes Auto fing schon an zu klappern, obgleich ich nur 40 km/h fuhr. Bis dahin war das Wetter noch einigermaßen erträglich, doch als ich die Grenze bei Linken passierte und noch schnell 100 Euro in Zloty wechselte (382 ZL) fing es schon an zu regnen.
Die Grenzstation bei Linken im Regen.
In Stettin goss es dann in Strömen, so dass es gar keinen Wert hatte, anzuhalten und Fotos zu machen. Man musste sogar höllisch aufpassen, dass einem nicht durch die gigantischen Spritzfontainen der anderen Autos die Sicht versperrt wurde. Durch sehr, sehr dicke Pfützen mussten wir (mein Auto und ich) durch. Die E 28 nach Danzig ist eine einzige Rennstrecke und da sie inzwischen ziemlich gut ausgebaut ist, wird das auch entsprechend genutzt. Ich hielt mich jedoch bei knapp über 100 km/h, denn hin und wieder sah ich Polizeiautos, die gerade einen Wagen gestoppt hatten. Bestimmt nicht, weil sie Reifenpanne hatten…
In Köslin sollte ich dann ein Paket bei Joannas Schwester abgeben, in dem gebrauchte Kleidung war. Da auch ich zuhause viele Kleindungsstücke hatte, die mir zu eng geworden sind bzw. die ich seit ewigen Zeiten nicht mehr getragen habe, hatte ich auch von mir einen Koffer voller Kleider mitgenommen, um – vielleicht – jemand eine Freude zu machen oder den Grundstein für einen Second-Hand-Shop zu legen. Wer weiß? PS: Joanna Tusk ist eine Mitarbeiterin in meinem Oldenburger Hotel. Kurz vor Köslin prasselte ein richtig dickes Gewitter hernieder, so dass man kaum etwas sah, und außer von den dicken Regenschauern noch von unzähligen Pfützenduschen anderer Autos überzogen wurde. Ich hielt an, um die Adresse von Joannas Schwester zu suchen und wühlte mich durch alle Taschen durch, ohne Erfolg. Schließlich fiel mir ein, dass ich sie in mein Portemonnaie gesteckt hatte und dort war sie dann auch. Ich fand nicht auf Anhieb die Straße, doch als ich dann einen Taxifahrer fragte, der am Rathaus stand, sagte er mir, dass ich fast schon da wäre; ich bräuchte nur die nächste Ampel rechts und dann wieder links fahren, dann wäre ich auch schon da. Und richtig, es waren nicht einmal 500 m.
Wie ich richtig vermutet hatte, kam ich nicht ohne zwei hausgemachte Stückchen Kuchen und einen Tee wieder los. Ich musste sogar noch eine Portion Pommes verzehren, sonst hätte ich die Familie schwer beleidigt. Schade nur, dass ich kein Polnisch spreche und Joannas Schwester kein Deutsch oder Englisch, nur der Mann konnte einige deutsche Brocken, während der 16 jährige Sohn ganz gut Englisch konnte, jedoch offensichtlich keine große Lust hatte oder mundfaul oder schüchtern war, denn von selbst sprach er nichts, höchstens wenn ich ihn was fragte.
Als ich dann weiter fuhr, besserte sich das Wetter etwas, doch so richtig schön wurde es nicht, sonst hätte ich von der schönen Landschaft zwischen Slawno und Bytow sicherlich mehr Fotos gemacht. Nur einen Regenbogen sah ich: hinter mir wurde das Wetter offensichtlich besser. Auf der 209 zwischen Slawno und Bytow.
In Bytow war ich vor zwei Jahren schon einmal gewesen und habe dort mit Lilianna und Johann – mit denen ich meine 1. Polenreise gemacht hatte – in der Burg Zamek ein Tartar gegessen. Da ich schon etliche Kilometer hinter mir hatte, entschloss ich mich, hier Station zu machen, und in Nostalgie zu schwelgen und wieder ein Tartar zu essen. Hotel Zamek in Bytow. Das 2-Sterne Hotel hatte auch ein Zimmer für mich – mit Himmelbett für 160 Zloty – und da schreibe ich nun diese Zeilen hinter 600 Jahre altem Gemäuer, denn das Schloss stammt aus dem 14. Jahrhundert, wie man auf der nachfolgenden Tafel – hoffentlich – lesen kann:
Die Chronik von der Burg Zamek.
Nachfolgend einige Bilder von der mächtigen Burg.
Und das ist mein Zimmer.
Ist das nicht romantisch? Da werde ich hoffentlich heute Nacht von hübschen Burgfräuleins träumen (oder besucht werden??? – Wunschträume von Rentieren! -)
Eigentlich wollte ich ja Tartar essen (15 Zloty), doch dann entschied ich mich für Lende mit Pilzen, da ich auf der Straße unzählige fliegende Stände mit herrlich aussehenden Steinpilzen gesehen hatte und fast schon welche gekauft hätte. Doch da sollte man sich nicht zu viel versprechen, das Steak oder was das denn war (höchstens 5 mm dick), war mit klein gehackten Pilzen zugedeckt. Nun ja, man ist hier halt auf Masse eingestellt (vorher war gerade ein Bus abgefertigt geworden) und da legt man wohl nicht soviel Wert auf kulinarische Finessen. Doch was soll man auch für 25 Zloty erwarten? Ich hätte wohl doch lieber Tartar bestellen sollen, dann wäre es wenigstens nostalgisch geworden. A pro pos nostalgisch: Ich habe tatsächlich bei Johann angerufen, der auch – was sehr ungewöhnlich war – abgenommen hat, und ihm gesagt, dass ich Tartar essen wollte in einer Burg in der wir schon zu Dritt Tatar gegessen hatte. Er kam aus der Überraschung kaum heraus und hat wohl auch an die schöne Zeit gedacht, die wir hier zu Dritt erlebt hatten, als wir auf dem Weg in die Kaschuben waren, um mit ehemaligen Solidarnocz Mitarbeitern über die Übernahme eines Ferienzentrums an einem wunderschönen See zu verhandeln. Daraus ist dann – vielleicht zum Glück – nichts geworden, weil es doch zu viele ungeklärte Dinge gab, die das Risiko zu groß werden ließen. Inzwischen hatte Johann offenbar auch ganz andere Probleme, da er sich nie wieder hören oder sehen ließ und inzwischen eine ganz andere Tätigkeit ausübt. Irgendwann werden wir wohl bei einer (oder auch zwei…) Flaschen Rotwein darüber sprechen können. Ach ja, zum besseren Verständnis: Johann ist aus dem Oldenburger Land und hat mit seiner Lebensgefährtin Lilianna aus Poznan eine Im- und Export-Firma gehabt, die uns die ganze Einrichtung für das Oldenburger Hermes Hotel geliefert hat. Beides sehr angenehme Menschen, mit denen ich eine zweiwöchige Polenreise gemacht habe, die so harmonisch und schön war, wie ich es mit – eigentlich fremden Menschen, es waren halt meine Lieferanten – nie für möglich gehalten habe.
Damals – vor 2 Jahren – haben wir den nördlichen Teil Polens bereist und Orte wie Danzig, Elbling, Zopot, die Halbinsel Hela, die polnische Küste von Kaschubien und nicht zuletzt Kaschubien kennen- und schätzen gelernt. Wir haben wunderschöne Tage und Abende erlebt und – was ich bis heute nicht begreifen kann – alles so gemeinsam genossen, als wäre es das normalste der Welt. Es gab keine Kompromisse, die man – wegen des lieben Friedens willen – hat machen müssen, sondern wir hatten immer die gleichen Wünsche. Sei dies eine dreistündige Strandwanderung bis wir irgendwann Hunger bekamen, oder die Besichtigung der Touristenhochburg Marienburg, oder die abendlichen Gespräche bei mehreren Flaschen Rotwein oder die Begeisterung über das Foucault Pendel https://de.wikipedia.org/wiki/Foucaultsches_Pendel in der Kopernikusstadt https://de.wikipedia.org/wiki/Frombork Frauenburg, oder die Begeisterung über die Schiffstechnik auf dem Elbling Kanal, oder die Ersteigung des Turms von Thorn, oder, oder, oder.
Wenn ich also die polnische Ostseeküste und somit auch die einmaligen Strände und die gewaltigen Wanderdünen bei Leba nicht noch einmal besucht habe – was zu meinem „Ostsee-Report“ sicherlich dazu gehört hätte, dann, weil das Wetter nicht mitspielte und ich schon da gewesen war. Es lohnt sich auf jeden Fall und auf der Spitze der Halbinsel Hela haben wir auch – und nur da – Bernstein gefunden! Nun hoffe ich, dass ich in Litauen oder Estland diesen herrlichen Stein finden werde.
5. Tag: Montag, 28. August 2006
Also für alle, die neugierig sind: Ich habe nicht von Burgfräuleins geträumt und es sind leider auch keine gekommen. Nun, wer will von diesen holden Wesen schon mit einem Ren(n)tier in die Kemenate gehen? Doch gut geschlafen habe ich auf jeden Fall – liegt wohl auch am Rotwein – so dass ich gegen halb 8 aufgewacht bin und mich recht wohl fühlte. Nach dem ausgiebigen Frühstück mit Rührei, Wurst und Tomaten zahlte ich meine 160 Zloty – ca. 45 € – und hätte beinahe wieder meinen Ausweis vergessen, doch der Rezeptionist passte auf. Ich zahlte 25 Zloty für das Parken und fuhr dann in Richtung Danzig durch die Kaschuben.https://de.wikipedia.org/wiki/Kaschubei Der Wetterbericht hatte für morgens noch Regen angesagt, doch nachmittags sollte es aufklaren. So war es denn auch. Die Kaschubische Schweiz ist ähnlich der Holsteinischen Schweiz eine hügelige Landschaft mit vielen Seen, längst nicht so bekannt und daher auch nicht so überlaufen, wie die Masurische Seenplatte. Die Bewohner sind slawischen Ursprungs und haben – trotz Germani- und Polnisierung – ihre Eigenarten, Traditionen und die Sprache bewahrt und wurden deswegen immer als etwas komisch angesehen. Man machte Witze über sie wie wir unsere Ostfriesenwitze haben.
Eine Landkarte über die Kaschubische Schweiz.
Ich wollte mir die bereits erwähnte Ferienanlage ansehen, ob sich inzwischen etwas verändert hat. Nein, sie sieht noch genauso heruntergekommen aus wie vor zwei Jahren. Die schöne Landschaft ist jedoch zum Glück noch die gleiche geblieben.
Meine nächste Station sollte Zopot sein, denn auch dort hatten wir uns in ein Hotel im Jugendstil verliebt, wobei die Leiterin offenbar eine große Abneigung uns gegenüber entwickelte, als wir unser Interesse bekundeten. Wie man vermuten kann, ist auch daraus nichts geworden und wie man weiter vermuten kann, ist das Hotel auch noch im gleichen Zustand, vielleicht sogar noch etwas schlechter, wenn man sich die wilden Reklametafeln ansieht. Was hätte bzw. könnte man aus diesem Hotel direkt an der Promenade Tolles machen!
Der Strand ist jedoch noch genauso schön und hier kann man sogar direkt am Strand Fische kaufen und in einem Restaurant Essen und Trinken.
Auf dem Weg nach Danzig wollte ich mir noch einmal die sehr schöne Kirche in dem Vorort Olivia ansehen, doch ich fand sie nicht und habe es dann aufgegeben.
Nun weiß ich auch, warum ich kein großer Freund von Städten bin, es sei denn, ich fahre – oder fliege – in eine Stadt, um sie kennen zu lernen, so wie z. B. Barcelona. Stadt = Stau! Auf diese einfache Formel bin ich gekommen und das verleidet einem den Besuch schon gewaltig. So auch bei Danzig. Dicker Verkehr, Baustelle neben Baustelle und 2 Hauptverkehrsstraßen wurden auf 2 Spuren zusammengepfercht. Die Schönheiten konnte man kaum wahrnehmen, denn sonst wäre man jemandem aufgefahren, bzw. hätte sich einer vorgedrängt, so dass ich versuchte, aus dem Fenster einige Fotos zu machen, sind jedoch nicht gelungen. Danzig aus dem Stau heraus fotografiert. Nun, zum Glück hatten wir uns Danzig vor zwei Jahren schon ein wenig angesehen, so dass ich kein Problem damit hatte, weiter zu fahren.
Doch plötzlich befand ich mich in der Innenstadt und sah vor mir ein großes Tor und sah sogar leere Parkplätze, so dass ich dachte, das muss wohl eines von den vielen Danziger Toren zum Wasser hin sein. Und es war nicht nur eines, sondern DAS Danziger Tor. Schon befand ich mich im dicksten Touristengewühl und machte schnell ein Paar Fotos vom Krantor, denn ich wollte mein Auto auch nicht zu lange unbewacht stehen lassen (man hört und liest zu viel Negatives).
Das Kranentor von der Stadtseite…
…und wie man es auf allen Fotos sieht. Hier noch ein paar weitere Schnappschüsse im Vorbeifahren:
Der Weg aus Danzig hinaus ist genauso anstrengend und voller Staus, so dass ich froh war, endlich eine Ausfallstraße erwischt zu haben. Es war allerdings die falsche, denn die Nationalstraße 1 ist so was von überfüllt, dass nicht nur Kolonnenfahrt angesagt war, sondern mindestens 3 – 4 km Stau vor Tczew. Da hatte ich wieder einmal die Nase voll und fuhr in Tczew links in die Stadt rein, um dann auf einer Nebenstrecke die Straße nach Malbork zu erwischen. Hätte ich man schon früher diese Nebenstraße genutzt. Die Marienburg hatten wir uns auch vor zwei Jahren intensiv angesehen, so dass ich heute nur ein Foto von der mächtigen Burganlage machen wollte.
Die Marienburg in ihrer ganzen Pracht. https://www.polish-online.com/polen/staedte/marienburg_malbork.php
Wenn man sich vor Augen führt, dass von dieser Burg des Deutschen Ritterordens der gesamte Osten christianisiert und kolonisiert worden ist, dann fragt man sich, ob die Kirche eine geistliche oder weltliche Macht war und/oder ist? Doch will ich dies nicht weiter ausführen, denn das könnte stundenlang dauern. Vielleicht werde ich darüber in meine Niederschrift über „Gibt es Ungläubige? Meine Gedanken über Gott und die Welt“ einige Zeilen mehr schreiben (werde ich wohl irgendwann auch mal veröffentlichen…).
Da ich nicht erneut Durchgangsstraßen nehmen wollte und somit die 22 nach Elblag mied, suchte ich mir Nebenstraßen, die nicht nur landschaftlich sehr reizvoll sind in dieser Region, sondern auch nahezu frei von Verkehr. Dafür kann man aber neue Verkehrszeichen kennen lernen, wie z. B. dieses:
Hier können Autos in die Luft springen (nicht vor Freude, sondern vor Schlaglöchern! Mein armer Volvo musste ganz schön leiden und das hat man auch gehört).
Nächste Station war der einzigartige Oberländische Kanal, ein technisches Meisterwerk, bei dem die Schiffe nicht durch Schleusen in eine andere Ebene gebracht werden, sondern durch mit Wasserkraft betriebene Loren auf schiefen Ebenen. Das ist weltweit einmalig und nur südlich von Elblag zu finden. In diese – jetzt geflutete – Loren fahren die Schiffe hinein und werden dann den Berg hochgezogen.
Über diese Räder werden die Seile umgeleitet, die diem Loren hochziehen bzw. runter fahren lassen. https://de.wikipedia.org/wiki/Oberl%C3%A4ndischer_Kanal
Über Paslek, Orneta, Dobre Miasto und Reszel bin ich dann zur Wallfahrtskirche Swieta Lipka gefahren und dann weiter nach Ketrzyn. Die Ordensburg in Reszel. Über Reszel gibt es eine makabre Geschichte zu erzählen: Die zugereiste schöne Barbara erwischte ihren Liebhaber mit einer Einheimischen beim Liebesspiel in einer Scheune. Aus Zorn zündete sie diese an, so dass beide am lebendigen Leibe verbrannten und außerdem noch das halbe Dorf in Flammen aufging. Die Strafe ließ nicht auf sich warten und so wurde die Barbara – zum letzen Mal in Europa – öffentlich verbrannt. Das ist geschehen vor 200 Jahren an einem kalten Wintertage. Was Liebe und Eifersucht doch für Folgen haben können…
Keine Tatsache, sondern eher eine Sage ist die Geschichte von der Heiligen Linde in Swieta Lipka. Hier soll Mitte des 14. Jahrhunderts ein zum Tode Verurteilter im Rastenburger Schloss so intensiv zu Mutter Maria gebetet haben, dass sie Erbarmen hatte und ihm einen Stock und ein scharfes Eisen zum Schnitzen gab. Daraus schnitze er über Nacht – obgleich er noch nie geschnitzt hatte – eine kunstvolle Marienfigur. Dies beeindruckte die Richter so sehr, dass sie den Delinquenten begnadigten. Dieser wanderte gen Süden und suchte eine Linde, denn darauf sollte er lt. Mutter Maria, diese Figur stellen. Das geschah am Seeufer und somit wurde es ein heiliger Ort.
Eine der berühmtesten Wallfahrtskirchen Polens: Swieta Lipka.
https://de.wikipedia.org/wiki/%C5%9Awi%C4%99ta_Lipka
Das kleine Hotel Zajad Pod Zamkiem direkt an der Burg.
Und nun schreibe ich diese Zeilen in einem kleinen Hotel – „Klein und fein, direkt an der Burg“ war im Marco Polo zu lesen. Klein sicherlich, doch von fein kann wohl keine Rede sei. Nur ein wirklich sehr wohl gesonnener (oder bestochener) Schreiber kann aus diesem Hotelchen etwas Feines erdichtet haben. Very simple, doch für nur 100 Zloty – incl. Frühstück – braucht man nicht zu meckern, tue ich auch nicht (wenn nur die Funzeln etwas heller brennen würden, man kann kaum was sehen bzw. lesen oder schreiben. Daher werde ich jetzt auch Schluss machen für heute, zumal mein Magen langsam Hunger hat und meine Kehle schon am Vertrocknen ist. Das Restaurant im Zajad Pod Zamkiem.
6. Tag: Dienstag, 29. August 2006
Nachts, so gegen halb drei, bin ich aufgewacht, und es gingen mir sehr viele Dinge durch den Kopf, die ich eigentlich hätte niederschreiben wollen, doch dann wäre ich richtig wach geworden und wer weiß, vielleicht hätte ich dann überhaupt nicht mehr weiterschlafen können. Da war zum einen die Geschichte mit der eifersüchtigen Barbara, die eine feurige Liebe mit Feuer bekämpfte und dann selbst einen feurigen Tod erleiden musste. Da tauchte die Frage auf, ob man von der Hitze stirbt oder durch eine Rauchvergiftung oder den mangelnden Sauerstoff, was einen ohnmächtig werden lässt, bevor man das Feuer und die Hitze überhaupt spürt. Genau so wie man bei einer Verwundung plötzlich ohnmächtig wird. Doch ausprobieren möchte ich es lieber nicht. Zum anderen versuchten meine grauen Zellen die Sage von der Heiligen Linde zu verarbeiten. Doch wie das ausging heute Nacht, das weiß ich jetzt nicht mehr so genau, also lassen wir´s.
Beim Frühstück unterhielt ich mich kurz mit dem Wirt, Stanislaw Bulawski, der das Haus vor 7 Jahren übernommen hatte. Ich sagte ihm, dass es kein heißes Wasser im Zimmer gab, was er gar nicht glauben konnte, denn die Heizung wäre ziemlich neu. Ich wollte ihn noch fragen, warum er das Hotel nicht etwas aufmöbeln würde, doch das ließ ich dann doch sein, denn ich hatte das Gefühl, dass er mit 55 Jahren schon an die Pension denkt und keinen Mumm mehr hat. Dabei könnte man wirklich etwas draus machen und es klein und fein werden lassen. Nach einem morgendlichen Foto von der benachbarten Kathedrale fuhr ich dann in Richtung Gizycko weiter.
Die Kathedrale von Ketrzyn in der Morgensonne.
Nur wenige Kilometer außerhalb von Ketrzyn weist ein Schild mit einem Wolfskopf auf die Ruinen von Hitlers Wolfsschanze hin, in der Graf Stauffenberg 1944 das Attentat auf Hitler versucht hat, was bekanntermaßen nicht gelungen ist. Einen Besuch habe ich mir geschenkt, denn man muss nicht zu diesem Diktator und seiner Wirkungsstätte wallfahren. Obgleich es wohl für viele ein Anziehungspunkt zu sein scheint, denn abends zuvor wurde ich von einem Deutschen vor dem Hotel angesprochen, ob ich wüsste, wo sich die Wolfsschanzen befinden.
Doch da kommen einem auf der Fahrt die interessantesten Gedanken: Wie wird man Hilter wohl in hundert Jahren betrachten? Ihn in eine Reihe mit Alexander dem Großen, Caesar, Cortez, William the Conquerer oder Napoleon stellen, die alle riesige Eroberungskriege geführt und dabei Menschenmassen vom Leben in den Tod gebracht haben, nur weil sie die Welt erobern wollten? Die körperlich Kleinen wollten die „Größten“ werden und was ist draus geworden? Menschen mussten sterben und leiden, ganze Landstriche wurden verwüstet und zum Schuss brach alles wieder in sich zusammen. Nun, man kann Hitler die Judenverfolgung vorwerfen, denn ein solches riesiges Massaker an einer Rasse hat nur er geschafft, auch wenn andere Eroberer auch etliche Massaker verursacht haben, über die man heute nicht spricht (oder wird etwa groß über die Vernichtung der Indios und Indianer und anderer Rassen, wie z. B. im Kongo gesprochen?) Die Geschichte wird immer nur von den Siegern geschrieben. Ich weiß, jetzt begebe ich mich auf ein sehr heißes Pflaster, denn Hitler hatte sehr viele heimliche Beifallklatscher in anderen Ländern. Die Juden waren und sind in keinem Land der Welt beliebt, geschweige denn im vorderen Orient. Sie waren schon zu Moses Zeiten Verfolgte und wurden immer wieder vertrieben. Daraus hat sich wohl auch die Grundhaltung der Juden entwickelt, denn sie mussten immer einen Tick besser sein, ja elitär werden, um überhaupt überleben zu können. So haben sie einige der berühmtesten Musiker und Wissenschaftler hervorgebracht, es waren immer die besten Banker und Kaufleute auf der ganzen Welt. Sie hatten starken Einfluss auf die Herrschenden, weil diese immer Geld für ihre Kriege oder Schlösser brauchten und das hatten sie beschafft. So etwas schafft natürlich Neider. Und Neid schafft Feinde und wenn man die los ist, freut sich jeder. Sie sammeln einfach zu viel Einfluss und Macht um sich herum an und das weltweit – auch heute noch – und haben es nach meiner Ansicht nicht kapiert, dass sie sich dadurch immer wieder selbst Feinde schaffen.
Vielleicht haben mich diese Gedanken doch etwas beeinflusst, denn obgleich das Wetter schön war, fand ich den in allen Führern hoch gelobten Urlaubsort Gizycko eher langweilig – ist wohl nur etwas für Wassersportler – und auch von den zahlreichen Seen in dieser Gegend Masurens sah ich nur wenige und die waren auch meist nur von der Straße aus zu sehen, so dass man kaum Fotos machen konnte.
Ganz selten, dass man mal ans Wasser konnte.
Auch hier – wie fast überall in Polen – wunderschöne Alleen
Ich freute mich schon als ich in Goldap ankam und die weiße Kirche fotografierte,
Die Kirche in Goldap. Auf in die Romincka Pusta, von der ich sowohl im Frühjahr als auch jetzt während der Fahrt einen Bericht im Radio gehört hatte. Doch was ich sah, war eine „normale“ Landschaft mit Ackerbau, Wiesen und Wälder und keineswegs etwas Besonderes, geschweige denn eine Pusta oder Heide oder eine außergewöhnliche Region. Also war ich doch ein wenig enttäuscht. Da habe ich wohl zu viel erwartet. Schade.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rominter_Heide
3. Etappe: Litauen
Zur Grenze nach Litauen sind es nur noch wenige Kilometer und schon war ich dort. Etwas verwirrend fand ich die Grenze schon, denn zunächst konnte ich nicht erkennen, welcher der 5 oder 6 Schalter denn nun für Pkws geöffnet war. Als ich es dann endlich geschafft hatte, wusste ich nicht, ob es nun die polnische Abfertigung war und noch eine litauische kommen würde, so dass ich auch weniger auf die Wechselstuben achtete. Doch es kam keine weitere Grenzstation – allerdings auch keine weitere Wechselstube. So fuhr ich denn ohne litauisches Geld auf der neu ausgebauten Straße in Richtung Kaunas.
Ich weiß nicht, wie lang die PKW-Schlange insgesamt war, die sich vor und nach der Grenze staute, doch zusammen mindestens 10 km! Hier ist also richtig was los.
Ich machte eine kurze Pause um mir die Karten und Unterlagen über das Baltikum aus dem Kofferraum zu holen und stellte dabei fest, dass Vilnius noch über 150 km weiter östlich von Kaunas lag. Ich musste kräftig mit mir ringen, ob ich da nun noch hin wollte oder nicht. Ich entschied mich für JA. Also bog ich in Mirjampole nach rechts ab in Richtung Vilnius. Die Straße war erneuert und sehr gut – mit EU-Mitteln – doch schon nach kurzer Zeit begann die Baustelle und nach weiteren Kilometern kam eine Umleitung nach Norden. Sie wurde zur Schotterstraße und da verlor ich die Lust, nach Vilnius zu reisen und beschloss, nach Kaunas zu fahren, die sowieso die „heimliche Hauptstadt“ Litauens sein soll.
Nun, begeistert war ich von Kaunas nicht und so kreiste ich einmal durch die Innenstadt, um dann die 141 Richtung Westen zu finden. Hin und wieder sah ich auch ein Schild, doch dann war wieder keines zu finden. Ich will hier nichts Böses sagen, doch wer sich in Kaunas nicht auskennt, findet keine Ausfahrt, so schlecht sind die Straßenschilder bzw. sie sind überhaupt nicht vorhanden! Was passierte also: ich fand mich plötzlich auf der A 6 in Richtung Osten(!) wieder. Also: U-turn und zurück. So landete ich auf der A 1 nach Klaipeda, wo ich zwar hin wollte, doch nicht über die Autobahn. Zum Glück fand ich dann eine Ausfahrt – die sind ebenfalls nicht sonderlich gut beschildert, finde ich – die nach Cekske führt und von dort gen Süden auf die 141. Die nahm ich dann. Zum Glück!
Denn auf dieser Straße war zum einen kein Verkehr und zum anderen habe ich zum ersten Mal in Litauen die schönen alten Holzhäuser gesehen und fotografieren können. Teilweise sind sie schon schön renoviert, teilweise auch noch sehr heruntergekommen.
Komisch, hier in Litauen gibt es noch schöne alte Häuser, während ich in ganz Polen – schon bei meinen beiden früheren Reisen – nicht ein einziges gesehen habe. Gibt es dort keine mehr? Auf der Weiterfahrt – jetzt wieder auf einer Schotterstasse – musste ich plötzlich anhalten und zurückfahren, denn da stand an einer Weggabelung ein geschnitzter Baum.
Wie schön, dass ich diesen Umweg gefahren bin, dachte ich mir und mein Kaunas-Frust war vorbei.
Als ich dann die Memel erreichte, sah ich eine Kirche hoch über dem Ufer aufragen.
Ich fuhr in den Ort hinein, um sie von der Nähe zu betrachten und konnte gleichzeitig einen
wunderschönen Ausblick auf die Memel genießen. Da war die Welt für mich wieder in Ordnung.
Nur wenige Kilometer weiter befindet sich der Ort Jurbarkas. Hier hatte ich im Internet ein kleines Hotelchen gefunden und hier sitze ich jetzt und schreibe meinen Tagesbericht auf der Terrasse mit Blick auf die Memel.
Das Hotel Jurodis.
In Litauen gehen die Uhren etwas anders, nämlich eine Stunde früher, so dass es jetzt schon kurz nach sieben ist und es Zeit wird, zum Essen in ein nahe gelegenes Restaurant zu pilgern. Hoffentlich nehmen die dort auch Euros, denn – wie bereits ausgeführt – habe ich nicht wechseln können. Ich habe das kleine Restaurant zwar nicht gleich gefunden, doch sie nahmen Euros, so dass ich nicht hungrig ins Bett gehen musste.
7. Tag: Mittwoch, den 30. August 2006
Heute sollte es nun endlich auf die Kurische Nehrung gehen, eines der Höhepunkte meiner Reise, denn von diesen Dünen und endlosen Stränden habe ich immer schon geträumt und jedes Mal, wenn ich darüber las oder etwas hörte, kam dieser Wunsch erneut auf. Am Morgen gab es zwar einen kleinen Schauer, doch der war nur kurz und da war ich auch noch in meinem Zimmer. Er hatte den Vorteil, dass mein Auto etwas sauberer aussah, aber nur oben herum. Die Fahrt in Richtung Kleideda ist angenehm, denn es ist eine gut ausgebaute Straße mit verhältnismäßig wenig Verkehr.
Wenn man die Landschaft beschreiben möchte, fällt einem eher flach, eintönig, ja, vielleicht sogar langweilig ein, bis auf wenige Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen ist vielleicht der Berg Rambynas, der eine alte Kultstätte ist und einen wunderschönen Blick auf die Memel bietet. Der heilige Berg Rambynas bei Lumpenai, auf dem der Riese Rambynas und seine Frau Laima dem Donnergott Perkunas einen heiligen Stein aufgestellt haben sollen.
Und das ist der schöne Blick vom heiligen Berg auf die Memel.
Wie sehr das Land unter dem Kommunismus gelitten hat und welche „Hinterlassenschaft“ dieses System gebracht hat, sieht man in vielen Dörfern: Es wird noch sehr viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis alle diese Schäden der „Diktatur des Proletariats“ beseitigt sind. Es gibt allerdings noch sehr, sehr viele alte Häuser, die darauf warten, so schmuck restauriert zu werden, wie z. B. dieses in Kinta:
Auf dem Weg nach Klaipeda habe ich noch einen Abstecher zum „Insider Tipp 62“ des Marco Polo Reiseguides gemacht: Vente. Es ist zwar ganz nett, sich Vente anzusehen, doch die ornithologische Station scheint Vergangenheit geworden zu sein: leer und verlassen.
Und unter einem „Prachtstück von einem Leuchtturm“ stellt man sich auch etwas anders vor.
Am interessantesten fand ich jedoch die unzähligen Muscheln, die am Strand lagen. Millionen von kleinen Muscheln und Schnecken bilden hier den Strand.
Das ist ein neues Hotel in Vente neben einer Fischräucherei, das jedoch noch – oder schon wieder – sehr leer aussah.
Und das ist der Blick übers Haff. Können Sie es erkennen? Auf der anderen Seite sieht man ganz schwach die Kurische Nehrung
In Klaipeda habe ich mich erneut über die sehr mangelhafte Beschilderung „gewundert“. Es war nirgends ein Hinweis auf die Kurische Nehrung zu finden, jedenfalls keines, dass ein der litauischen Sprache nicht Mächtiger finden konnte. Es war auch kein Hinweis auf die Straße Nr. 167 zu finden, es waren nahezu überhaupt keine Namensschilder zu finden, sondern nur sehr viele Pfeile nach links oder rechts. Irgendwie musste ich mich auf meinen Orientierungssinn verlassen und dabei landete ich plötzlich in einem Fährhafen. „Was soll ich in einem Fährhafen“, dachte ich mir, „ich will doch nicht mit der Fähre nach Kiel oder sonst wo hin fahren.“ Also drehte ich um und fuhr in die andere Richtung. Doch da war ich auch falsch, denn dort befand sich die Hafeneinfahrt, also wieder ein U-Turn. An einer Tankstelle – ich musste sowieso tanken – fragte ich, wo es zur Nehrung gehen würde? „An der nächsten Ampel rechts“ war die Antwort des Tankwarts. Und wo gelangte ich hin? Natürlich zur Fährstation, wo ich schon mal war! Offensichtlich gibt es tatsächlich nur diese Möglichkeit und so war es denn auch. Die Nehrungen sind also doch sehr unterschiedlich, was den Ausgang zur Ostsee betrifft.
Als ich endlich begriffen hatte, dass man nur mit der Fähre auf die Nehrung kommt, fand ich auch ein kleines Fährsymbol auf der Landkarte. Doch wer ahnt denn schon, dass dies für die Überfahrt auf die Nehrung und nicht für die vielen Fährlinien gedacht ist, die von Klaipeda aus über die Ostsee gehen? Auch im Maco Polo Guide sind zwar viele Sehenswürdigkeiten der Nehrung aufgeführt, doch einen Hinweis, wie man auf die Halbinsel kommt fehlt. Nun ja, man lernt immer wieder dazu und hat dafür von Klaipeda nichts gesehen.
Bisher war das Wetter ziemlich sonnig, wenn auch leichte Schleierwolken die Sonne etwas blasser erscheinen ließ, doch die Temperatur lag so zwischen 20 und 22 Grad. Unterwegs rief mich Saveria an und klagte, dass es in München so bitter kalt war. Nach dem heißen Juli lagen die Temperaturen jetzt um 10 Grad: Das hatte ich schon morgens im Fernsehen gelesen, denn das Hotel hatte auch das ZDF im Programm. Die Ärmsten (in München). Auf der Überfahrt über das Haff kamen die ersten Tropfen – obgleich noch die Sonne schien – und ich dachte schon, „Wo kommen die denn her“, denn so dicke Wolken über mir sah ich gar nicht. Das änderte sich sehr schnell und als wir drüben waren, zogen die dicken Gewitterwolken immer hinter mir her. So sah das kommende Gewitter von der Haffseite aus.
Langsam spürte ich, dass ich etwas für meinen Magen tun sollte und da ich gerade in den kleinen Ort Pervalka war, wo es diese herrlichen alten Häuser gibt, die auch schon wunderbar restauriert worden sind:
Man achte auch auf Details…
Ich fand am Wasser ein kleines Restaurant, das mir auch Schutz bieten würde, falls das Gewitter über uns kommen würde. Und es kam! Doch das Restaurant war eine kleine nette Überraschung, denn sehen Sie selbst:
Sieht das nicht lecker und kunstvoll aus? Eine Lachsvorspeise mit Calamares.
Und das ist die Tischdekoration! Sehr kreativ.
In Nida habe ich dann meinen Wagen geparkt und bin die 150 m zum Strand gegangen. Was für ein Ausblick! Da bin ich nun dort, wovon ich schon ewig geträumt habe: Am Strand auf der Kurischen Nehrung!
Das ist doch mal ne nette Kinderrutsche, oder?
Ich bin noch ganz bis an die russische Grenze gefahren, die sich etwa auf der Hälfte der ca. 100 km langen Nehrung befindet. A pro pos Russland: „Warum bin ich nicht durch Russland und über Königsberg gefahren?“ wird mancher Leser vielleicht fragen. Nun, ganz einfach: Herr Putin möchte, dass alle Besucher ein Visum haben, wenn man sein Land besuchen will. Ein Visum bekommt man aber nur dann, wenn man einen Hotelgutschein für eine feste Hotelreservierung hat. Klein-Jensi fährt aber nicht mit festen Hotelreservierungen durch die Gegend, denn dann ist man ja an einen fixen Plan gebunden und das mag und will er nicht. Also musste Herr Putin auf meinen Besuch verzichten und er wird das wohl auch in Zukunft tun müssen, obgleich ich mir St. Petersburg schon gerne einmal angesehen hätte.
Anschließend bin ich durch Nida, dem bekanntesten Ort der Kurischen Nehrung, gefahren, in dem schon Thomas Mann sein Ferienhaus hatte. Der Ort erschien mir schon sehr kommerziell geworden zu sein, während ich Pervelka als einen netten ruhigen Ort empfunden hatte, so dass ich dahin zurück gefahren bin, wo ich auch eine Ferienwohnung mit Terrasse und direktem Haffblick für 120 Litas gefunden habe, wo ich jetzt diese Zeilen schreibe. Ich habe erneut in dem netten Restaurant „Karaliene Luize“ gegessen und es war einfach köstlich. Mit einem Glas Rotwein habe ich mich dann anschließend ans Haff gesetzt. Es war absolute Windstille und man hörte nur noch Kinder spielen und den einen oder anderen Laut von Menschen, doch die Natur war absolut still. Traumhaft!
8. Tag: Donnerstag, 31. August 2006
Im Gegensatz zu gestern Abend war es heute Morgen sehr windig, ich schätze Windstärke 7 bis 8. Da musste ich natürlich so schnell wie möglich an den Strand. Da ich nur noch 10 Litas hatte, reichte es auch nicht mehr zu einem Frühstück in meinem geliebten Restaurant, denn das hätte mindestens 11 Litas gekostet. Also bin ich ohne Frühstuck und Morgentee ans Meer gefahren. So sah es heute Morgen am Haff aus…
…und so am Meer.
Ich habe mich zwar bemüht, wirkliche Sanddünen zu finden, bin auch in viele Seitenstraßen gewandert, in der Hoffnung, welche zu finden, doch vergeblich. So beschloss ich denn, wieder aufs Festland zu fahren. In Juodkrante habe ich noch einmal Halt gemacht, weil ich gelesen hatte, dass sich hier die höchsten Dünen befinden sollten. Doch habe ich leider auch dort nur hohe bewachsene Hügel aber keine Wanderdünen gefunden. Wäre zu schön gewesen, zu sehen, wie sie „wandern“, zumal bei diesem starken Wind, der schon am Strand Wanderdünen produzierte. Bernstein fand ich auch an der Bernsteinküste nicht, also irgendwie ein bisschen enttäuschend.
Juodkrante ist ein Ort, in dem sich viel Künstler verewigt haben und es weiterhin tun. Hier nur einige Exemplare ihres Schaffens:
Nachdem ich diese Fotos geschossen habe, erinnerte mich mein Magen daran, dass ich noch nicht gefrühstückt hatte. Also gut, wenn’s denn sein muss. Mit meinen letzten 10 Litas kaufte ich mir in dem Restaurant „Sorento“ – die Italiener sind auch überall – ein Ham & Eggs für 9 Litas, ein Tee war nicht mehr drin, doch so hatte ich wenigstens etwas im Bauch.
Hier habe ich erneut versucht, Dünen zu finden, doch sah ich – oben angekommen –
auf der einen Seite die Ostsee und auf der anderen Seite das Haff – aber keine Dünen.
Doch herrliche und wohl auch seltene Blumen habe ich am Wegesrand gefunden. Sind das Orchideen? (Bei meinen Nahaufnahmen habe ich mit dieser Kamera offenbar kein Glück)
Da weiß ich auch nicht, was das für Blumen sind.
Auf der Überfahrt nach Klaipeda sah ich die beiden Motorradfahrer wieder, die schon vor 2 Nächten mit mir im gleichen Hotel übernachtet hatten. Sie kamen aus Oldenburg. Doch ich war zu zurückhaltend, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie hatten in Klaipeda offensichtlich das gleiche Glück wie ich, denn die Straße, die nach Norden führt, endete plötzlich – ohne Vorwarnung und ohne Umleitungsschild – in einer Baustelle! Ich schlich mich langsam durch die Baustelle und kam auch irgendwie wieder heraus, doch mein Vorurteil wurde langsam zum Urteil: die Beschilderung der Straßen in Litauen ist eine Katastrophe!
Den gleichen Frust – wenn nicht noch schlimmer – erfuhr ich im Lettischen Liepaja. In der ganzen Stadt gibt es keinen Hinweis auf die nächste Ortschaft, auf eine Straßennummer oder was auch immer. Urplötzlich endete eine Vorfahrts(!)strasse im Nichts oder an einem Fabriktor oder noch schlimmer, in einem ganz wüsten Viertel mit einer großen Anzahl leer stehender Wohnblocks, wie diesem: Einem von vielen fensterlosen Wohnblocks, in denen einmal Menschen gewohnt haben.
Man kann sich vorstellen, dass ich auf diese Stadt nicht besonders gut zu sprechen bin und auch ganz schön genervt war, als ich sie endlich in Richtung Riga verlassen hatte. Dabei ist sie gar nicht so hässlich, denn es ist früher einmal eine sehr wohlhabende Stadt gewesen, was man auch an den vielen schönen alten Häusern sehen kann, die vereinzelt schon wieder renoviert worden sind. Am tollsten fand ich den Markt – da muss ich wohl ein Faible für haben – obgleich ich zu feige war, etwas zu kaufen, zumal ich mir vorher Geld beschafft hatte. Ich spreche und verstehe halt kein Wort Lettisch! Der Markt in Liepaja.
Doch vor Liepaja liegt der kleine Ort Bernati. mit einem wunderschönen Strand. Den wollte ich Ihnen nicht vorenthalten, denn er half schon, meinen Klaipeda-Stress abzubauen:
Am Strand von Bernati.
Vom Winde verweht…
Vor lauter Frust wollte ich schon direkt nach Riga fahren, doch bin ich dann doch die P 111 nach Norden abgebogen und das war auch gut so. Denn hier hatte ich wieder meine einsame Landstraße mit wenig Verkehr und ich fand auch ein nettes neues Hotel, in dem ich gut gegessen habe und heute mein Haupt betten werde. Das „Liedags“ bei Jürkalne mit herrlichen Schnitzereien. Hier findet man erneut einen wunderschönen Strand, diesmal mit einer Steilküste; doch auch hier habe ich kein Bernstein finden können, dafür aber wunderschöne Steine (ich konnte mich gar nicht entscheiden, welche ich mitnehmen wollte, zum Schluss blieben drei übrig).
Küste bei Jürkalne.
Und am Abend habe ich noch einen schönen Sonnenuntergang fotografieren können.
Gute Nacht!
4. Etappe: Lettland
9. Tag: Freitag, 1. September 2006
Über den heutigen Tag habe ich erst am Samstag geschrieben, denn ich war am Abend zum einen zu spät dran und zum anderen zu müde, um noch meine „Schularbeiten“ zu machen. Nach einem Abschiedsfoto vom Hotel fuhr ich ins Landesinnere Richtung Riga. Auf dieser Strecke gibt es einige nette und teilweise auch interessante Kirchen und Herrensitze, die natürlich alle die letzten 70 – 80 Jahre unter dem Krieg und anschließendem Kommunismus schwer gelitten haben.
Manche sind – zum Glück – schon wieder restauriert, wie die Bischofsburg Edole, wobei die Gelder höchstwahrscheinlich aus der Kirchenkasse und wohl auch aus Zuschüssen stammen.
Im kleinen Innenhof werden im Sommer Konzerte veranstaltet.
Die meisten schlummern jedoch noch einen Dornröschenschlaf. Hier müssen nicht nur ein schöner, sondern sehr viele reiche Prinzen kommen, um sie alle wach zu küssen und in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Doch nicht nur die alten Burgen, Herrensitze und Güter sind renovierungsaufwendig, sondern insbesondere die schönen alten Städtchen, wie z. B. Kuldiga.
Hier ist nicht nur die mit 165 m lange Backsteinbrücke über den Fluss Venta, und damit eine der längsten dieser Art in Europa, sehenswert,
sondern auch der gleich daneben liegende, mit 2 m höchste Wasserfall Lettlands!
Die vielen alten Holz- und Steinhäuser, die heute noch einen sehr heruntergekommenen Eindruck machen.
Hier ist schon mal etwas renoviert worden.
Überall findet man kleine Märkte mit Blumen-, Pilze- oder Beerenständen
und wenn man Glück hat, so erwischt man auch eine Einschulungsfeier (glaube ich jedenfalls)
Eine schöne alte orthodoxe Kirche zeigt, dass immerhin noch 9 % der Letten dem russisch-orthodoxen Glauben anhängen. (ca. 55 % sind evangelisch und ca. 24 % katholisch).
Weiter ging die Reise durch viele Wälder nach Talsi. Schöner Blick auf das alte Städtchen Talsi,bevor ich mir dann die vielen Froschskulpturen im Schloss Jaunmoku angesehen habe.
Eine Freude, all diese Froschfiguren anzusehen.
Da ist der Hirsch schon ein Fremder unter den Fröschen…
Das Jaunmokupils (Pils = Schloss) ist erst gut 100 Jahre alt und heute ein Museum und angeblich auch ein Hotel (davon sieht man aber nichts, außer einer kleinen Kantine).
Auf der Weiterfahrt zum Gut Slokenbeka kommt man an diesem herrlichen See voller Entenflott (Entengrütze sagt man wohl auch dazu) vorbei.
Das Tor vom Gut Slokenbecka, heute ein Museum für Straßenbau. Interessante Maschinen zum Straßenbau…
…sowie Meilensteine und Hinweisschilder…
…aus alter und neuerer Zeit.
Und damit fährt sicherlich der Museumsdirektor täglich zur Arbeit?!?!
Nach wenigen Kilometern erreicht man dann bei Klapkalnciens die Rigaer Bucht.
Endlos lang und keine Menschenseele zu sehen.
Jürmela ist eigentlich der bekannteste Badeort Lettlands, sozusagen die Badewanne Rigas. Man muss „Eintritt“ bezahlen, wenn man in die Stadt fahren will (kommt einem zwar komisch vor, doch unsere Strandbäder nehmen auch alle Kurtaxe). Ich hätte geglaubt, dass in diesem beliebten Strandbad schon sehr viele Häuser renoviert worden wären, doch da hatte ich mich getäuscht. Selbst Villen in den besten Strandlagen sahen total schrecklich aus und wurden z. T. zum Kauf angeboten.
Hier ist die Welt noch mit Brettern vernagelt, und das keine 50 m vom Strand entfernt!
Es kann einem in der Seele wehtun, wenn man das sieht und man – jedenfalls ich nicht – den Zorn auf den Kommunismus nicht herunterschlucken.
Der Strand von Jürmela
Diese Dame liest ihr Buch am Strand.
Und dann kommt Riga, die „Perle an der Ostsee“. Doch bevor man die Perle näher betrachten kann: Stau.
Und was sieht man, wenn man im Stau steht? Heruntergekommene Häuser, doch zum Glück beginnt man, sie zu restaurieren.
Das neueste und höchste Gebäude Rigas ist natürlich eine Bank, doch die habe ich nicht fotografiert. Dafür aber einige sehr schöne und auch schon wieder sehr gut renovierte Gebäude.
Schöne alte Kaufmanns- und Patrizierhäuser.
Es herrscht heiteres und buntes Leben in Riga, ob im Park oder auf dem Bernstein-Markt.
Kirchen von innen
und von außen. Enge Gassen
oder die überragende Freiheitsstatue.
Ein Hotel von 1753 (zu verkaufen!).
Die Johanniskirche.
Im Rathaus wird regiert
und davor sich gesonnt oder musiziert.
Wohl der schönste Platz Rigas mit der Petrikirche und dem Schwarzhäupterhaus, der Rathausplatz.
In diesem, in passendem schwarzen Gebäude, ist das Okkupations-Museum untergebracht.
Ein letzter Blick von der Akmensbrücke auf die Stadt und auf die Daugava
und damit war mein Rigabesuch beendet.
Doch so leicht ließ Riga mich nicht los. Vielleicht war das die Strafe dafür, dass ich nur eine gute Stunde durch die Stadt geschlendert bin und mir nicht mehr Zeit genommen habe, diese faszinierende Stadt zu erleben und zu genießen. Der Leser wird es vielleicht schon ahnen: ich fand erneut keinen Weg aus der Stadt heraus! Anfangs sah auch alles sehr gut aus, bis auf einen blöden Autofahrer, der mich so dermaßen geschnitten hat, dass ich schon glaubt habe, er hätte mich gestreift. Er war wohl sauer, dass ich einmal vorher von rechts nach links vor ihn gefahren bin. Später traf ich ihn noch einmal wieder, obgleich er – wie ein Blöder – links und rechts überholte, um ja schneller voranzukommen. Nun, das war nicht das Problem. Das lag ganz woanders. Ich hatte offenbar die richtige Ausfallstrasse erwischt, obgleich es auch in Riga nicht ein einziges Hinweisschild auf die nächste Stadt, die nächste Straßennummer oder ähnliches gibt. Immer nur Pfeile, doppelte Pfeile, nach links und nach rechts Pfeile und sonst nichts. Man ist auf seinen normalen Menschenverstand, auf das Bauchgefühl und auf den Sonnenstand angewiesen. Zunächst glaubte ich, dass es mir diesmal endlich gelungen war. Doch dann kam eine breite Brücke über den Hafen oder zumindest einem Teil davon, und es gab endlich auch ein Hinweisschild auf die nächsten Orte: Da stand auch zu lesen: Vecäki, und da wollte ich hin, denn er war im Marco Polo Führer als Insider Tipp angegeben worden. Und wo landete ich: Im Nichts. Plötzlich endete die Straße nach etlichen Kilometern an einem Club oder so was ähnliches. Also zurück, hast wohl unterwegs eine falsche Abfahrt gewählt. Und wo landete ich? Mitten im Wald und da ging nichts mehr weiter! Also, das ganze retour. Dabei muss man wissen, dass seit etlichen Kilometern meine Tankanzeige aufleuchtete und zunächst noch 90 km anzeigte, da wird man noch nicht nervös. Doch wenn sie dann plötzlich auf 60 springt und dann auf 50 und dann nur noch 40 km „Restlaufzeit“ signalisiert, da wird man schon nervös. Endlich fand ich – als ich wieder an der Abzweigung nach Vecaki war – eine Tankstelle und war glücklich.
Heute, da ich diesen Bericht schreibe und die Möglichkeit habe, mir die Karte sehr genau anzusehen, stelle ich zu meiner Schande fest, dass die Straße nur nach Vecaki geht und nicht weiter! Was da aber ein Insider Tipp sein soll, dass muss mir Marco Polo schon noch erklären. Das habe ich allerdings auf dieser Reise häufiger gedacht: Übertreibt der Guide hier nicht ein wenig? Wenn er vom „schönsten Badeort“ schreibt, dann hatte ich manchmal das Gefühl, an einem anderen Ort zu sein. Das passierte mir auch am nächsten Tag – sprich heute – dass er Kabli in Estland als zu den „schönsten Erholungsgebieten des Landes beschreibt „das sich ein Stück maritimes Aussehen bewahrt“ haben soll. Wo da wohl etwas Maritimes zu finden war. Ich hab’s jedenfalls nicht gefunden!
Schließlich bin ich auf die A 1 gekommen und ab gen Norden. In Saulkrasti bin ich nach rechts in Richtung Ragana abgebogen, weil es in Birini ein Schlosshotel geben soll. Leider gibt es zwei Abfahrten, die wohl auf der Karte falsch eingezeichnet sind, denn die eine führt direkt nach Ragana – die auf der Karte jedoch ca. 1 km vor Saulkrasti abbiegt, so dass ich zunächst nach Ragana fuhr und dann auf der anderen zurück, wo ich dann Birini auch fand.
Brini ist ein wunderschönes Schloss, wie man sehen kann – auch total renoviert – doch es fand zu meinem Pech und deren Glück eine Hochzeit statt. Man hatte zwar noch ein Zimmer für mich frei – was ich am wenigsten vermutet hätte – doch zu Essen könnte ich leider nichts bekommen, da müsste ich in ein Bistro im nächsten Ort fahren! Na, da hätte ich doch mit dem Küchenchef gesprochen, ob er von dem Hochzeitsessen nicht eine kleine Portion für einen Touristen aus Deutschland hätte abzweigen können. Tat sie aber nicht! Also fuhr ich wieder zurück nach Saulkrasti, wo ich vorher schon ein neues aber nicht besonders einladendes Hotel gesehen hatte, das „Marve“. Hier fand ich nur noch Zeit, an den nur ca. 100 m entfernten Strand zu gehen, um mir die Beine nach der vielen Fahrerei zu vertreten und mir den Sonnenuntergang um viertel nach acht anzusehen. Hier nun ein paar Eindrücke vom Strand
und dem Sonnenuntergang in Saulkrasti:
Und die untergehende Sonne vergoldet das Land,
das Wasser und die Küste.
Wieso kam mir immer wieder das Lied von den Caprifischern über die Lippen?
Zurück im Hotel hatte ich – wie schon erwähnt – keine Lust mehr lange Berichte zu schreiben – für diesen Tag habe ich jetzt wieder über 2 Stunden gebraucht – sondern nur noch Hunger und Durst. Ich erlebte eine nicht schlechte Überraschung, denn nach dem Stil der Hotels und der Einrichtung des Restaurants hatte ich mich auf karge Kost einfachster Art eingerichtet. Doch was gab’s? Ein sehr gutes Carpaccio vom Rind und einen ausgezeichneten Steinbutt. Das ganze mit einem halben Liter Bier und einem Glas Weißwein kostete nur 11,50 Lita (das sind knapp 16 Euro!) Sensationell, kann ich da nur sagen. Sieht gut aus, mein gegrillter Steinbutt, oder? So schmeckte er auch. Wirklich gut!
5. Etappe: Estland
10. Tag: Samstag, 2. September 2006
Der Tag begann mit Regen. Doch hin und wieder war er recht angenehm und ohne Regen (vielleicht ein paar Tröpfchen, doch was ist das schon, wenn man fährt?) Man könnte den heutigen Tag auch „Burgen- und Schlösser-Tag“ nennen, denn so viele wie heute auf einen Tag habe ich auf dieser Reise noch nicht erlebt. Es begann mit dem Schloss Sigulda (ich hoffe, dass es das ist) auf der Nordseite des Flusses Gauja. Der Fluß Gauja ist der größte in Lettland und er hat sich tief ins Land gegraben, wodurch der Ort Sigulda der Standort für die wohl größten Bobbahn Lettlands geworden ist, denn es geht wohl mindestens 100 m in die Tiefe (oder mehr?). Am Wochenende – so habe ich gelesen – kann man da auch mal runtersausen (alleine oder mit erfahrenem Bob-Fahrer?)
Als ich mir die Bobbahn von oben ansah, stand da ein Mini-Bus der russischen Nationalmannschaft! Die trainieren wohl gerade (und ich sah auch einen Bob auf Gummirädern, der gerade wieder nach oben gezogen wurde).
Sigulda soll auch einer der beliebtesten Ferienorte Lettlands sein, was sicherlich auch an den drei Burgen liegen mag. Da müssen sich die Fürsten – oder was auch immer – wohl ziemlich aufmerksam beobachtet haben, denn alle drei Burgen, Schlösser oder Herrenhäuser – können die jeweils anderen sehen! Es gibt auch in Thüringen die „3 Burgen“, warum wohl, fragt sich ein Bürgerlicher?
Schön angelegt, (doch ist das nun Krimulda?)
Hier veranstaltet man auch Konzerte und andere Aufführungen.
Das muss die Burg Turaida sein, die Dritte im Bunde, doch die wollten Geld, damit man sie besichtigen kann. Also habe ich verzichtet.
Es gibt auch ganz besondere Höhlen, die ich besichtigen wollte und dabei bin ich durch die engsten Waldpfade gefahren (armes Autochen) aber ich habe sie nicht gefunden. Dafür fielen mir diese Dinge auf, die ich ganz reizend fand: Zum einen: dieser herrliche Fluss: die Gauja, Lettlands längster Fluss. Zum anderen jedoch auch dies, und ich weiß nicht, warum man das macht? Haben Sie so etwas schon mal gesehen?
Wer kettet sich an eine Brücke?
1. 09. 2006. Das war gestern! Und habe ich nicht gestern eine Hochzeit gesehen, die mir das Essen geklaut hat? Waren diese beiden das etwa? Können Sie´s lesen? Ist das nicht romantisch?
Ich habe mich – als glücklich Geschiedener – nur gefragt: Wo haben die beiden die Schlüssel oder den Schlüssel gelassen? In den Fluss geschmissen? (Aufbewahren, sage ich nur!). Das steht – zum Glück oder zum Schaden – nicht im Marco Polo und lässt somit Zeit und Raum für die eigenen Fantasien. Doch zurück zur Wirklichkeit (schade). Hier sehen Sie das Schloss Lielstraupe (bei Straupe). Fragen Sie mich nicht, warum es so heißt, denn es gehörte dem Geschlecht von Rosen (wie man von den vielen Grabplatten ablesen kann, die im Garten aufgereiht an einer Mauer stehen(!) und nicht von von Liel, wie man vermuten könnte. Es ist eine Kirche und ein Schloss, in dem heute ein Krankenhaus untergebracht ist. (Fast makaber!) Ich würde da lieber ein Schlosshotel für Hochzeiten draus machen. Ach, wie viele Hotels wollte ich aus all diesen schönen Gebäuden schon gemacht haben, doch das passiert mir in jedem Land, das ich bereist habe und wohl auch noch – hoffentlich – bereisen werde.
Hin und wieder gab auch die Natur Anlass zum Wundern, auch wenn das Bild etwas verwackelt ist, finde ich, es gehört zum Bericht.
Ja, dann war ich noch in Cesis, laut Marco Polo “eine der ältesten und schönsten Städte Lettlands“ (kann ich nicht beurteilen): Auch hier wieder: alt oder renoviert.
Die Zukunft gehört dem Land. Es wird hoffentlich nicht zu lange dauern.
Schon wieder haben sich zwei „getraut“. (Warum kommen mir dabei immer wieder die Glückstränen?)
Obgleich die Störche längst weg sind – in Deutschland fliegen sie immer an meinem Geburtstag gen Süden. Hier vielleicht etwas früher – bezeichnet sich dieses nördliche Lettland als das Land der Störche. Nun, dass man auch auf Telegrafenmästen Nester errichtet, ist nicht neu, neu ist vielleicht, dass man es auf Kiefern macht, wie hier: Wer ist da bloß hochgeklettert, um ein Storchennest vorzubereiten?
Ich wollte ja in Mazsalaca nach Westen fahren, doch finde ich zunächst dieses herrlich renovierte Herrenhaus und dann war die Straße wieder einmal zu Ende…
Somit fahre ich irgendwie weiter – schon wieder fand ich die Straßenbezeichnungen zum Verrücktwerden – und fuhr gen Norden. Bis ich dann an der estländischen Grenze ankam, noch richtig mit Schlagbaum und einzelnem Grenzwärter. Er wollte nicht nur meinen Ausweis sehen, sondern ich sollte auch die Motorhaube öffnen, damit er die Motornummer sehen konnte, doch als ich das gerade machen wollte, winkte er ab, weil er sich dacht, dieser alte Knacker hat sicherlich nicht die Absicht, einen Wagen, den hier niemand haben will, über die Grenze zu schmuggeln. Also lies er mich durch. Damit mein Volvo c 70 Coupe, der mich seit nahezu 3.000 km auf dieser Reise und insgesamt schon über 130.000 km so gut gefahren hat, nicht beleidigt ist: Den will deswegen niemand haben, weil er einmalig ist! Ich habe auf der ganzen Reise nicht ein einziges Exemplar gesehen, obgleich die Leute alle mächtig starke Autos fahren. Meinen kann man nicht so schnell verkaufen sondern man läuft Gefahr, als Dieb entdeckt zu werden! A pro pos Autos: Ich habe mich nicht nur einmal, sondern eigentlich immer gewundert, dass man hier die teuersten und dicksten Autos fährt. Selbst junge Leute, die nach meiner Ansicht noch nicht so viel Geld verdienen können, machen es nicht unter BMW oder Mercedes. In Riga sah ich tatsächlich in der Innenstadt zwei Cheyenne von Porsche nebeneneinader stehen! Das habe ich in Deutschland noch nie gesehen. Die Leute haben nach 50 Jahren Sozialismus (oder noch schlimmer: Kommunismus) andere Prioritäten.
Zum Schluss bin ich doch noch einmal nach Kabli gefahren, um mir den „maritimen „ Charakter anzusehen und zwei schöne – eine orthodoxe – Kirchen angesehen:
Übernachtet habe ich im Hotel Astra in Pärnu, der angeblichen Hauptstadt Estlands während der Sommermonate. Da war ich wieder einmal enttäuscht, denn wenn der Ort im Sommer Tallin ablösen soll – obgleich ich Tallin noch nicht gesehnen habe – dann gute Nacht. Er hat mir überhaupt nicht gefallen. Das Hotel Ammonda, das ich in einer Hotelliste gefunden hatte, machte einen ziemlich alten Eindruck auf mich und wollte 100 Euro für ein Einzelzimmer. Da entschied ich mich lieber für das neue Hotel Astra, das ganz nett und auch von der Küche her ganz ordentlich war, für 35 Euro. Und nun ist es nachts halb 12 und ich muss ins Bett, denn meine Flasche Rotwein ist auch schon leer.
11. Tag: Sonntag, 3. September 2006
Der Morgen fing an, wie der Abend geendet hatte, mit Regen. Nicht toll, doch dadurch reizte es mich auch nicht, an den Strand zu fahren. Ich bin – nach einem kargen Frühstück – dann vorbei an dieser orthodoxen Kirche gen Rakvere gefahren. Auf der Durchfahrt durch Pärnu fiel mir auf, dass es in diesem Ort sehr viele parkähnliche Flächen gibt und alles sehr aufgelockert aussah. Es hat schon einen gewissen Kurortcharakter, was ich so im Vorbeifahren gesehen habe. Also war mein erster Eindruck gestern Abend wohl doch nicht ganz richtig. Nur die Hotels waren fast alle nicht besonders schöne Neubaublöcke. Zunächst regnete es weiter, doch nach und nach hörte es auf und die Sonne kam durch. Es wurde ein schöner sonniger Tag mit bis zu 22 Grad Celsius.
Als erste Station hatte ich Paide eingeplant, wo es einen alten Wehrturm geben sollte, den ich auch gleich fand.
Der Wallimägi Turm in Paide. Er stammt aus dem Jahre 1265 und hat eine – wie fast alle derartigen Burgen und Festungen – sehr wechselvolle Geschichte.
1941 wurde er von den Sowjets zerstört, doch zum 650. Jahrestages des Aufstandes in der Georgsnacht wurde er wieder aufgebaut und gilt immer noch als Symbol von Paide und der Region Järvamaa.
Auf der Weiterfahrt nach Rakvere dachte ich zunächst, ich wäre in Spanien, doch dem war nicht so. Die Ordensburg Vallimägi hieß ganz früher einmal „Auerochsenkopf“ und zum 700 jährigen Bestehen hat man zur Erinnerung an den ersten Namen diesen Auerochsen angefertigt.
Anschließend hatte ich wieder mein altes Problem: ich fand nicht aus der Stadt heraus, und kam dann auch noch an mehrere Straßensperren, weil ein Querfeldein Radrennen veranstaltet wurde und da sperrte man selbst wichtige Durchgangsstraßen einfach ab. So einfach geht das. Statt jedoch zu lange zu warten, bin ich schnell zurück zur Tankstelle gefahren,um genügend Sprit zu haben, und als ich das erledigt hatte, ließ man schon hin und wieder einmal ein Fahrzeug durch, denn es kamen nur noch vereinzelte Nachzügler. Auf der 23 fuhr ich dann Richtung Nordwesten und sah schon bald ein kleines Schild „Sagadi Möis“ und bog nach rechts ab. Schon von weitem konnte man etwas rosa schimmern sehen und da war es denn auch:
Das Sagadi Möis, eines der schönsten Herrenhäuser Estlands.
Es stammt aus dem Jahre 1750 und beherbergt heute ein Museum
und ein kleines Hotel in einem Nebengebäude.
Auch hier fand ich wieder eine große Ansammlung von allen möglichen Skulpturen, die ich ganz witzig fand. Hier nur eine kleine Auswahl:
Skulpturenpark im Sagadi Schloss
Beinahe hätte ich mich entschlossen, die letzte Nacht in Estland in diesem Hotel zu bleiben, doch da ich noch ein wenig Me(e)r sehen wollte und es auch erst 2 Uhr nachmittags war, fuhr ich weiter in den kleinen ehemaligen Fischerort Käsmu. Das hat sich wirklich gelohnt: So ein reizvoller Ort mit vielen kleinen und schön größtenteils renovierten Häusern in einer wunderschönen Meeresbucht ist wirklich ein Genuss fürs Auge und Herz. Eine kleine Bildergalerie von Käsmu
Dicke Granitblöcke liegen direkt am Strand und im Ort.
Ein kleines Meeresmuseum
mit einer Ziege aus Stein…
… und das ist kein toter Wal, sondern ein echter Einbaum!
Ja, wer hier ein Häuschen hat, wird bald sehr viele Neider bekommen, denn dieser Ort dürfte einmal einer der lieblichsten werden, wenn man ihn nicht zubaut.
Ähnliches kann man wohl auch von den Ort Vösu sagen, der an der gleichen Bucht als Nachbarort liegt, allerdings versteckt im Kiefernwald, der bis an den Strand reicht. Der Strand von Vösu
Als nächsten Ort hatte ich mir Palmse vorgenommen, denn dort soll auch ein sehr schönes Gut zu finden sein. Erst war es nicht ganz einfach, denn die eigentliche Straße von Vösu nach Palmse war gesperrt, doch dann fand ich den Ort doch. Und da bin und bleibe ich nun!
Durch eine Allee fährt man – normalerweise – auf das Herrenhaus zu… … dann sieht man es in seiner vollen Pracht…
…dann schaut man es sich von der Seite an…
…dann läuft man durch den Park
…und schaut den jungen Musikanten zu…
…und dann übernachtet man in der ehemaligen Brennerei! (rechtes Gebäude).
Das Zimmer ist leider nicht schlossgemäß eingerichtet, und auch nicht das Restaurant. Da hätte man ganz etwas anderes daraus machen können. Aber vielleicht wird man sich dessen irgendwann in naher Zukunft auch noch bewusst. (Hier müsste ich mal Consultant werden…) Ja, es ist wirklich schade, dass man so wenig aus diesen Möglichkeiten macht. So wie der Stil des Hause war auch die Küche: sehr simpel. Leider sogar noch schlimmer, denn der Lachs war auf einer Seite verbrannt. Da reklamiert man nicht – schon gar nicht im Ausland und in einem sich noch im Aufbau befindlichen Land – sondern schweigt und geht. Das habe ich denn auch getan. Da dies sehr wahrscheinlich die letzte Nacht in den drei baltischen Ländern sein wir – man weiß ja nie – ist ein kleines Resümee vielleicht angebracht.
- Ich kann mir kein Urteil über die Länder bilden, denn dazu habe ich zu wenig gesehen.
- Ich bin entsetzt, welche negativen Auswirkungen die sowjetische Besatzung hinterlassen hat und wie lange es dauern und wie viel es kosten wird, bis diese Schäden wieder beseitigt worden sind.
- Ich würde gerne in 10 Jahren wieder kommen, um zu sehen, wie sich die Länder weiter entwickelt haben.
- Ich war überrascht, wie viele teure Autos in allen drei Ländern herumfahren. Ich habe keinen Kleinwagen gesehen, sondern nur teure Marken, auch wenn ein paar Opels, VWs und Renaults dabei waren. Wie wohl auch in der Ex-DDR: wer über 10 Jahre auf ein Auto warten musste, dem gilt ein Auto als DAS Wunschziel Nr. 1.
- Landschaftlich fand ich die drei Länder nicht besonders aufregend – mit Ausnahme der Küsten. Ich habe nicht ein einziges Mal „Mein Gott, ist das schön“ ausgerufen, was sonst – lesen Sie meine anderen Reiseberichte – doch sehr oft vorgekommen ist. Litauen fand ich sogar eher langweilig, bis auf wenige Flecken.
- Dagegen sind die Küsten einmalig schön und was mich natürlich am meisten begeistert hat: einsam und menschenleer. An einer dieser Küsten – oder gar in Käsmu – ein kleines Häuschen sein eigen nennen und dort über Gott und die Welt zu lesen und philosophieren zu können, das wäre schon Glück.
- Die Zukunft gehört sicherlich den jungen Leuten, denn sie haben noch die Zeit und die Kraft, das Alte hinter sich zu lassen und ihren Weg zu gehen. Die Chancen sind da und wer sie ergreift, wird auch gewinnen. Es gibt noch viel zu tun, doch offenbar sind auch die Chancen da.
- Die Alten werden es wohl nicht mehr schaffen. Sie gehen vielfach Pilze und Beeren sammeln im Wald und versuchen diese dann, auf der Straße oder dem Markt zu verkaufen. Ihnen hat der Krieg – Hitler und Stalin sei Dank – und die Nachkriegszeit unter dem Kommunismus alles genommen. Sie mussten auf Sparflamme schalten, um überhaupt überleben zu können. Das prägt und ich kann nur von Glück sagen, dass ich in Schönberg/Holstein geboren wurde und nicht ein paar hundert Kilometer weiter östlich.
- Die neue Zugehörigkeit zur EU hilft sicherlich, die Uhren etwas schneller laufen zu lassen, denn die Milliarden, die aus Brüssel kommen, sind schon heute an vielen Baustellen mit blauer Fahne und vielen Sternen (wie viel sind es eigentlich?) zu erkennen. Ohne diese Summen würde es sicherlich mindestens eine Generation dauern – wenn nicht länger – um den Anschluss an das westliche Europa zu erlangen.
- Der Stolz auf die eigene Geschichte und die wieder gewonnene Unabhängigkeit scheint in allen Ländern sehr groß zu sein und das ist gut so. Ich hoffe nur, dass sich dieser Stolz nicht in einen Nationalismus ausweitet, denn alle -ismus Endungen sind äußerst gefährlich und enden meist in Diktaturen. Bei ihnen gilt nur die Ideologie wie beim Kommun-ismus, Nationalsozial-ismus, Islam-ismus, etc.
Doch jetzt muss ich aufhören, denn sonst wird’s erneut gefährlich, da ich diesen Faden bis zur Unendlichkeit weiterspinnen, und wieder auf Ideologien und Religionen und damit auf den Missbrauch von Ideen und Idealen zur Machtausübung und zur Unterwerfung Anderer kommen würde. Das sprengt jedoch dieses Reisetagebuch total, auch wenn die schrecklichen Folgen dieser Systeme gerade in den besuchten Ländern hautnah zu erleben sind.
12. Tag: Montag, 4. September 2006
Wie üblich – nein, nicht ganz – begann der Tag mit Regen. Doch nur solange ich im Bett lag bzw. im Hotel war, danach hatte es aufgehört. Nach einem guten und langen Schlaf, und einem erneut schwachen Frühstück, fuhr ich weiter, um mir die von Marco Polo beschriebenen Besonderheiten kennenzulernen.
Die Region nördlich der Straße nach Tallin birgt schon einige Besonderheiten:
So findet man hier die wohl ältesten Gräber Estlands:
Steinkistengräber (was immer das auch sein mögen) aus der Zeit vor Christi Geburt.
So wurden die Gräber auf einer Info-Tafel dargestellt.
Die Landschaft ist einzigartig, denn es sind Kalkberge mit einer dünnen Humusschicht darauf, auf der nur Wacholderbüsche wachsen.
Der Hundikangrund südlich von Muuski.
Doch auch ganz nette Kleinigkeiten sieht man zwischendurch, wie z.B. dieses Hinweisschild.
Doch ich wollte noch mehr von der Küste in diesem Lahema Nationalpark sehen und das habe ich auch. So fuhr ich bis hoch nach Kaberneeme. Können Sie sich diese Küste bei gutem Wetter vorstellen? Ich schon!
MMMM: Menschen müssen Müll machen oder besser: Müssen Menschen Müll machen? Schrecklich, oder?
Auch das war interessant, der Mönchsturm von Kiiu,
obgleich ich diesen Turm fast noch interessanter fand.
Nicht viel weiter davon – obgleich ich es nicht sofort gefunden, sondern mich verfranst habe, gibt es einen einzigartigen Wasserfall: Der Jagala Wasserfall, nur ein sehr flacher Fluss, doch dann reißt die Kalkschicht plötzlich auf.
Wenn die Kraniche ziehen… (Entschuldigung: schreiten!)
Als ob Petrus mit mir kein Einsehen hat: es begann in Strömen zu regnen, als ich endlich Tallin erreichte. Die Fahrt in die Stadt ist sicherlich nicht besonders erbaulich und als ich das Hinweisschild auf die Fähre nach Helsinki sah, wollte ich schon fast abbiegen. Doch irgendwie habe ich es dennoch gewagt, in die Innenstadt zu fahren und habe auch einen Parkplatz gefunden, denn in Estland gewesen zu sein und nicht Tallin gesehen zu haben, wäre sicherlich ein Fehler geworden. Hier nun meine regnerischen Impressionen eines Touristen in Tallin:
Ich war also auf jeden Fall in Tallin, auch wenn der Regen mir nicht erlaubt hat, einen „strahlenden“ Eindruck zu gewinnen. Dafür kam ich dazu, endlich estnische Kronen zu wechseln und ein Lachssandwich zu essen. Tallin ist sicherlich nicht zum im Vorübergehen zu besuchen. Doch andererseits ist es voll von Touristen und – obgleich ich ja auch dazu gehöre – habe ich an solchen Besichtigungen wenig Freude. Da hatte ich mit dem Regen ja auch eine gute Ausrede, mich um meine Überfahrt nach Helsinki zu bemühen.
Nachdem ich mein Auto wohlbehalten wieder gefunden hatte, fuhr ich zu einem der vier Terminals. Dort sagte man mir, wenn ich die Express-Fähre nehmen wolle, dann müsste ich zum Terminal D fahren, was ich dann auch tat. So buchte ich die Fähre für 16:00 Uhr und es klappe alles vorzüglich. Es gab eine Menge Fährschiffe, Tallin ist ein reger Fährhafen, doch welche ist wohl meine Fähre?
Es muss wohl diese sein, mit den zwei Düsenantrieben. Und sie war es denn auch. Ganz schön schnittig, oder?
Noch ein letzter Blick auf Tallin, und dann
ging´s mit viel Speed los.
Das war nun das Baltikum gewesen! Ach ja, das muss ich noch erzählen: Ich war kaum auf dem Schiff, da läutete mein Handy, sonst hatte mich – außer Saveria – auf der ganzen Reise nie einer angerufen. Es war ein Gast, der im Hermes Hotel in Neu Wulmstorf ein Zimmer mieten wollte! Ich gab ihm die direkte Telefonnummer und bedankte mich. Man kann mal sehen: wenn ich nicht immer erreichbar bin, geht in Neu Wulmstorf die Auslastung zurück! Das muss ich unbedingt Paulinchen sagen, damit sie endlich weiß, warum der Laden so gut läuft…
Nach gut 90 Minuten kam Finnland in Sicht und dann waren wir auch schon da.
Ich bitte um Nachsicht, dass ich Helsinki rechts habe liegengelassen. Aus diesen Gründen, wobei die Reihenfolge nicht entscheidend ist:
- Ich war schon ein paar Mal geschäftlich dort und hatte die Innenstadt kennengelernt bzw. gesehen.
- Als ich die Hotelpreise auf einer Liste gelesen hatte – 150 bis 250 Euro – habe ich um mein Reisebudget gefürchtet und
- bin ich nur mal kein großer Freund von Städten, wenn ich sie nicht ganz speziell besuchen will und extra deswegen dorthin reise.
- Wollte ich die Ostsee und die Küsten kennen- und lieben lernen.
- Doch nun genug nun der Entschuldigungen!
Es war übrigens schon gewaltig, den Unterschied zwischen Estland und Finnland zu erleben, als wenn man von vor 50 Jahren in die Gegenwart kommt. Und so ist es wohl auch: die ehemaligen Sowjetanhängsel haben über 50 Jahre nachzuholen. Da ist es sehr gut, dass sie viel Geld durch die EU bekommen, um diesen Nachholbedarf zumindest etwas ausgleichen zu können. Es wird aber wohl noch eine Generation dauern, bis sie es geschafft haben, denn Finnland und die anderen Länder bleiben ja nicht stehen.
6. Etappe: Finnland
Ich nahm die 51, die mich an der Küste entlang führen sollte. Doch die Küste ist ziemlich zerklüftet, also dachte ich mir, fahre einfach mal auf eine dieser Halbinseln und bog bei Kirkkonummi nach Süden ab, da ich hoffte, dass dort wohl ein netter kleiner Ort mit einem netten kleinen Hotel direkt am Wasser sein müsste. Ja, gedacht ist gedacht, doch in Wirklichkeit landete ich vor einer Schranke: und dahinter war militärisches Sperrgebiet! (Das war auf der Karte nicht vermerkt, muss ich zu meiner Entschuldigung hinzufügen). Also retour und nach einer neuen Destination suchen. Vielleicht etwas weiter östlich? Doch auch da endete die Straße in einem Nirgendwo. Nun, zumindest hatte ich eine wunderschöne Landschaft kennengelernt, bei der ich – wohl zum ersten Mal auf dieser Reise: Mein Gott, ist das schön! Ausgerufen habe. Das soll schon was heißen, oder? Goldgelbe Äcker mit Wildgänsen, die sich den Magen vollschlagen, um genügend Proviant für den Flug in den Süden zu haben.
Und dann kam der alte Romantiker in mir wieder hoch: In der Nähe von Virkkala gibt es ein altes Gut, das Svarta Mustin, das zu einem Hotel ausgebaut worden ist und in dem sich das Culinary Institut befindet. Nun, da musste ich natürlich hin, zumal es auch in Schweden ein Svarta Gutshotel gibt, das ich einmal als Romantik Hotel aufgenommen hatte. Das Svarta Mustin ist ein schöner großer Herrenhof, bei dem man sich zunächst verwundert fragt, wo ist denn hier der Eingang zum Hotel, denn in der Auffahrt steht ein Schild: Durchfahrt verboten, wie beim Ausgang einer Einbahnstraße. Also erst einmal auf den daneben liegenden Parkplatz fahren und zu Fuß gesucht. Da steht denn auch ein Schild „Reception“, doch ist nicht zu erkennen, wohin dieses Schild führt. Also wieder ins Auto und versuchen, von der anderen Seite an die Rezeption zu gelangen, denn normalerweise kann man als Hotelgast bis zur Rezeption mit dem Auto vorfahren. Doch auch das erwies sich als nicht besonders erfolgreich. Um es kurz zu machen: man muss das Auto irgendwo abstellen und zu Fuß mindestens 2 – 300 m laufen, um die Rezeption zu erreichen. Nicht besonders einladend, besonders bei Regen, denn es fing schon wieder an zu nieseln. Ja, man wolle die Tagesbesucher abhalten, sagte man mir dann, als ich es endlich geschafft hatte, doch man könne als Hotelgast ruhig das Schild ignorieren. Toll, dachte ich, die wollen wohl nur Stammgäste haben, die diese Regelung kennen.
Gegessen habe ich dann am Abend sehr lecker. Zunächst eine Art Elch Carpaccio mit marinierten Pfifferlingen und dann eine gefüllte Wachtel. Dazu einen Argentinischen Shiraz. Hat natürlich einen Haufen Kohle gekostet, doch habe ich in den baltischen Staaten ja auch ganz preiswert gelebt, so dass man sich mal wieder etwas gönnen konnte. Doch jetzt ist es schon wieder halb 12 und morgen früh gibt es nur bis 9 Uhr Frühstück!
13. Tag: Dienstag, 5. September 2006
Nach einer geruhsamen Nacht und einem, na ja, sagen wir „normalem“ skandinavischen Frühstück habe ich meine Rechnung bezahlt, über 150 €. Beim Auschecken habe ich die Rezeptionistin – oder was auch immer sie war – gefragt, ob es noch ähnliche Hotels in Südfinnland geben würde. Nein, dieses Hotel wäre einzigartig, da es sich ja auch im Besitz einer Familie befinden würde. Ich glaube, dass sie mich wohl nicht ganz verstanden hat, denn ich hatte das Gefühl, sie dachte ich würde eine Hotelkette meinen. Da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt und weitere Fragen vermieden. Danach machte ich noch einen kleinen Rundgang durch den Park, denn den hatte ich mir am Abend noch gar nicht ansehen können. Herrliche Seen umgeben das Herrenhaus
Das ist das Herrenhaus Svarta,
das auch einen wunderschönen Park hat.
Da muss ich doch erst nach Finnland reisen, um endlich einmal einen richtigen „Hermes“ sehen zu können!
Das Herrenhaus Svarta wurde 1813 gebaut und ist das größte aus Holz gebaut Haus in Finnland – wurde nur von einigen Kirchen übertroffen – und verdankt seiner Existenz dem Reichtum der Familie Linder aus der Erzgewinnung. Es muss schon immer ein Treffpunkt der Elite des Landes und seiner Gäste aus aller Welt gewesen sein und das scheint auch heute noch der Fall zu sein. Mich hat aus fachlicher Sicht nur gewundert, dass weder mein Zimmer als luxuriös anzusehen war, noch das Restaurant. Beide hätten auch einem besseren Landgasthof gut zu Gesicht gestanden, doch für ein Hotel mit einem solchen Image hätte ich mir etwas Besseres vorgestellt.
Über den „Königsweg“ fuhr ich die meiste Zeit meines Weges nach Turku, wie es sich standesgemäß für einen Götterboten auch gehört. Der Königsweg ist die Straße, auf der früher die Herrscher zwischen Oslo und St. Petersburg gereist sind, natürlich nicht so komfortabel wie heute, sondern eher beschwerlicher mit Ross und Reiter und in einer Kutsche über holperige Wege.
Erneut ein Herrenhaus, nur wenige Kilometer weiter. Auch hier gibt es ein Hotel gegenüber, das offenbar zum Herrenhaus gehört.
Die Gegend war bis Anfang 1900 eine wohlhabende Eisenhüttenregion. Eine schöne alte Kirche in Perniö.
Und dann war es auch nicht mehr weit bis nach Turku. Die beiden Wahrzeichen der Stadt: der Dom und die Burg.
Auch in Turku gibt es viele alte Holzhäuser, doch war ich erstaunt, wie verfallen sie teilweise waren. Da fühlte ich mich – fast – wie im Baltikum. Warum werden diese Häuser nicht besser gepflegt? Geht Turku das Geld aus?
Ein offenbar beliebter Treffpunkt sind die vielen Restaurantschiffe auf den Aurajoki.
Da dies nun doch schon der 13. Tag meiner Reise ist, beschloss ich, nicht den Bottnischen Meerbusen zu umfahren. Das wären noch mindestens 2.000 weitere Kilometer – und ich somit – wenn ich nicht nur über die Straßen düsen will, was bei maximal erlaubten 80 km/h auch gar nicht möglich ist, noch mindestens 5 – 6 Tage brauchen würde. Also entschied ich mich für den – hoffentlich – interessanten Schärenweg, um dann über die Aland-Inseln nach Schweden zu gelangen.
Und das war eine gute Entscheidung, denn dies ist eine wunderschöne Landschaft mit seinen zahllosen Schären und Inseln, die alle selbst herrlich anzusehen sind: Wasser, Wälder, Felder und hin und wieder eine Fähre, denn nicht alle Inseln sind mit Brücken verbunden. Doch zunächst musste ich erst einmal meine Golf-Abstinenz loswerden, denn diesem Reiz konnte ich mich bisher nicht entziehen. Mit 42 über Par hätte ich zwar keinen Blumentopf gewinnen können, doch das war ja auch nicht mein Bestreben gewesen.
Danach begann der etwas abenteuerlichere Teil des Tages. Es ist offensichtlich – sobald der August vorbei ist – nicht so ganz einfach, ein Quartier auf den Inseln zu bekommen. In der Hochsaison muss man sehr wahrscheinlich Monate vorher buchen, um ein Zimmer zu erhalten, doch Anfang September haben alle geschlossen. So bin ich zunächst der großartigen Werbung des Hotels Rumar Marina gefolgt, doch auch die hatten schon geschlossen. Ein freundlicher Herr schaute vom Balkon und sagte mir, dass sie nur noch am Wochenende aufmachen. Ich sollte es mal in einem B & B versuchen. „Und wo soll ich essen?“ fragte ich – natürlich nicht auf Deutsch, sondern auf Englisch (da kommt man übrigens sehr gut mit zurecht in Finnland, denn sie sprechen alle Englisch und natürlich Finnisch und Schwedisch in diesem Teil des Landes, auch alle Schilder sind zweisprachig). Das Restaurant „Buffalo“ wäre ganz gut und die könnten mir auch sagen, wo man übernachten kann. Nun gut, die Strecke also wieder zurück (kam mir irgendwie bekannt vor…). Ich hatte vorher das Schild schon bemerkt, doch irgendwie bin ich auf dem Rückweg daran vorbei gefahren. Als ich das B & B finden wollte, von dem ich auch schon ein Schild gesehen hatte, war an dem Haus nur eine Telefonnummer angebracht, sonst nichts. Nicht einmal ein Hinweis, dass es ein B & B ist. Also auch nichts. Als ich dann endlich das Buffalo erreichte, waren die Mitarbeiter – und wohl auch Gäste – sehr hilfreich und so bekam ich zunächst meine Sparerips und zwei Bier… Mein Abendmahl: Sparerips – nicht verbrannt, das Dunkle ist die Soße – mit Pommes. Und dann nahm ich den Herren mit, der mir sagte, er wüsste ein B & B, dessen Besitzerin zwar im Augenblick in Marokko wäre, aber er könne mich da für 30 € übernachten lassen. Er stieg in meinen Wagen und wir fuhren zum „Röda Huset“. Er holte den versteckten Schlüssel (was kann das wohl für ein „Versteck“ gewesen sein? Dreimal dürfen Sie raten?) und ließ mich ein. Schuhe ausziehen, wie dies in finnischen Privathäusern allgemeine Sitte ist, und er zeigt mir die Wohnung. Ich könne alles benutzen, denn ich wäre ganz allein im Haus.
Dann brachte ich ihn wieder ins Buffalo zurück und dabei erzählte er mir, dass er aus Estland kommt und hier als „Chef“ – sprich Koch – arbeitet. Nur einmal pro Monat sieht er seine Frau, doch mit der ist er schon 18 Jahre verheiratet und seine Tochter wäre 17, was mich veranlasste zu sagen „Die braucht Sie ja auch nicht mehr.“ Im Winter würde er wahrscheinlich in Lahti arbeiten, weil dort dann Wintersaison wäre, aber das wisse er noch nicht so genau.
Nun, da ich Morgen früh um 6:30 Uhr (also mitten in der Nacht für meine Begriffe) die Fähre nehmen musste (zum Glück hatte mir die – Serviererin gezeigt, dass mein Fahrplan, den ich ihr gezeigt hatte, für die Sommersaison galt und in der Wintersaison nur eine Fähre am Mittwoch geht und das wäre die um 6:30) ging ich bald ins Bett, um genügend Schlaf zu bekommen. So stellte ich meinen „Timer“ auf meinem neuen Handy ein, was für mich gar nicht so einfach war, denn ich konnte keine Uhrzeit einstellen, sondern musste erst ausrechnen, in wie viel Stunden ich geweckt werden wollte. Also lange gerechnet, bis ich dann endlich 7:30 Stunden eingestellt hatte, damit ich gegen 5:00 Uhr geweckt werden würde.
Geweckt wurde ich allerdings schon um 0:30 Uhr. Allerdings nicht durch mein Handy, sondern durch Leute, die plötzlich im Haus waren und dann sogar in meinem Zimmer standen. Wieso das? Fragte ich mich. Angeblich sollte ich doch alleine im Haus sein? Woher hatten die einen weiteren Schlüssel? Und unten hatte ich meinen Fotoapparat und meinen Laptop stehen gelassen. Panik, Panik. Also ging ich nach unten und da sah ich einen Küchenmitarbeiter aus dem Restaurant Buffalo, der sich vielmals bei mir entschuldigte, dass er mich geweckt hatte. Nun, wie dem auch sein, ich nahm meinen Laptop und meine Digicam mit nach oben und versuchte wieder einzuschlafen. Das war gar nicht so einfach, wie man sich vorstellen kann, doch irgendwann klappte es doch.
7. Etappe: Aland-Inseln
14. Tag: Mittwoch, 6. September 2006
Um 5:00 Uhr funktionierte mein Timer. Ich sprang nahezu aus dem Bett und sagte „o.k.“ zum Handy, das ich dann ausschaltete. So endete meine Nacht im Roten Haus und begann mein Morgen zur Überfahrt auf die Alandinseln. Ich hatte zwar noch kein Ticket, doch konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass die Fähre ausgebucht wäre. Also geduscht und angezogen und dann ging´s auch gegen 20 vor 6 los. Als ich nach ca. 10 Minuten an der Fähre ankam, war alles noch tief verschlafen, nur die Fähre stand schon hell erleuchtet am Kai. Es war noch viel dunkler, als es auf diesem Foto aussieht.
Nun, ich schlenderte herum und versuchte in dem kleinen Holzhäuschen irgendetwas zu finden, wie das mit dem Ticketkauf laufen würde, doch ich fand nichts. Es standen schon zwei PKWs und ein LKW in der Warteschleife und als ich genauer hinsah, bemerkte ich, wie die alle in ihren Autos schliefen. Nun, dachte ich mir, da hatte ich es ja viel bequemer (wenn auch nicht billiger).
Doch alles klappte prima: Bezahlen konnte ich direkt beim Auffahren auf die Fähre (44 €) und dann ging es pünktlich los. Zunächst begrüßte uns ein kräftiger Regenschauer, doch dann wurde das Wetter klarer – bei 4 – 5 Windstärken merkte man auch die See zwischen den kleinen Inseln – und nun sitze ich hier, und schreibe meinen gestrigen und heutigen Bericht.
Ich hatte mir einen Tee und ein Schinken-Tomaten Brötchen gekauft und nun wird es insgesamt 5 Stunden dauern, bis wir ankommen, mit mehreren Zwischenstopps auf den dazwischen liegenden Inseln. Zeit, während der ich die Natur bewundern und einige Fotos machen werde. Bis später also! Der letzte Blick auf Finnland. Adieu Finnland, hat mir sehr gefallen.
Wie groß muss eine Insel sein, um eine Insel zu sein und nicht nur ein Felsen im Meer?
Manchmal muss das Schiff tolle Kurven fahren, um die Inseln zu umfahren und ohne Wasserfahrzeug sind die Menschen hier ziemlich alleine.
Aland hat nicht nur ein eigenes Autokennzeichen, sondern auch eine eigene Flagge
und eigene Briefmarken. Es ist ein schwedisch sprechendes autonomes Land und gehört zu Finnland. Alles klar?
Die Fähre hält an 4 Inselchen, bis sie nach 5 ½ Stunden in Langnäs ist. Man kann aber auch eine ganze Rundreise auf dem Schärenring machen. Das muss auch sehr schön sein, doch die Hälfte genügte mir schon. Das ist die entgegenkommende Fähre, die von Aland nach Finnland fährt.
Und immer wieder Inseln, Inseln, Inseln.
Während es anfangs noch ziemlich aufgeklart war, wurde es im Laufe der Zeit immer trüber und als wir in Langnäs anlegten, war der Himmel total bedeckt. Nun, was soll´s, es kann ja nicht immer die Sonne scheinen. Doch wenn man schon seit Jahrzehnten auf diese Inselregion wollte, dann hätte man sich schon mehr gefreut, dieses Archipel bei Sonne zu erleben. Die Stimmung wäre sicherlich besser gewesen.
Als ich diese alte Mühle sah, bin ich natürlich abgebogen. Gleich daneben befindet sich dieses Haus.
Es ist das Bauern-Reeder-Hof Pellas, das 2005 abgebrannt ist und jetzt neu errichtet wird. Was ist ein „Bauern-Reeder“? fragt man sich automatisch, doch daneben hängt ein Schild,
so dass man gleich aufgeklärt wird. Hier in Kürze: Vom Bauernsein konnte man alleine nicht leben (ich frage mich sowieso immer, wenn ich irgendwo durchfahre „Wovon leben die Menschen hier eigentlich?“), also bauten sie Schiffe und trieben damit Handel. Manchmal hatte ein ganzes Dorf Anteile an einem solchen Schiff, doch einer hatte immer die meisten Anteile und war somit auch der Wohlhabendste im Dorf. Auf der Weiterfahrt sah ich dann das:
Ich habe kein Ahnung, was das für ein Kunstwerk ist!? Ich fand´s nur witzig.
Und dann war ich in Mariehamn, der „Hauptstadt“ der Aland-Inseln. Begrüßt wird man von diesem tollen Schiff, der „Linden“
Gleich daneben diese beiden schönen alten Segler.
Ob die wohl auch Bauern-Reedern gehörten? Und nun einige Impressionen von Mariehamn: Moderne Plastiken
und schöne alte Häuser
Eine schöne Kirche
mit einem herrlichen Kirchenschiff und tollen Malereien am Dach.
Toll anzusehende Häuser, nur leider im trüben Licht.
Im Touristbüro fragte ich, ob es schöne alte Hotels gab, doch die kleine Frau – höchstens 150 cm groß, mit etwa gleich großem Brustumfang (so etwas habe ich noch nie gesehen und hätte mich vor 30 – oder auch weniger Jahren – ganz schön nervös gemacht, doch da lebte sie sicherlich noch nicht einmal) konnte mir allerdings keines nennen. Da hat ein so schönes Städtchen so viele schöne alte Häuser, aus denen man herrliche Hotels oder B & B´s machen könnte, doch die Hotels sind alle nur moderne Blockbauten! Schrecklich.
Ich wollte noch einen Abstecher zur alten Burg machen, was ich auch getan habe, hier ist der Beweis: Die Schlossruine Kastelholm. Doch genauer angesehen habe ich sie mir nicht, denn die 5 € Eintritt erschienen mir – für diese Ruine – doch etwas zu teuer. Stattdessen habe ich auf den daneben liegenden Golfplatz – eigentlich hatte ich gar keine richtige Lust zum Golfen – Golf gespielt. Es war – um es gleich vorweg zu sagen – das schlechteste Golfspiel, das ich seit Jahren gespielt habe.
Meine Scorekarte zeigte zum Schluss über 120 Schläge an. Da weiß jeder Golfer, was für einen besonderen Tag ich hatte.
Das waren meine drei Golfpartner, die mit anderen 4 Spielern auch Schweden gekommen waren und hier ihr spezielles Turnier spielten. (Und das direkt vor dem Schloss, wie man sehen kann
oder auch nicht.)
Auf Empfehlung meiner Golffreunde fand ich dann auch noch ein Hotel, das „Cikda“, und da sah ich dann auch die berühmte „Pommern“,
die ich schon vermisst hatte. Doch Mariehamn liegt mehr oder weniger auf einer Halbinsel mit ZWEI Wasserseiten und an der zweiten Seite lag sie dann auch. Da wir über 5 ½ Stunden im Regen Golf gespielt hatten, war ich erst kurz vor 8 Uhr abends im Hotel und konnte nur noch schnell an die Pier gehen, um diese Fotos von der „Pommern“ machen zu können (und siehe da: plötzlich waren die Wolken weg!) Der Stolz von Mariehamn, die „Pommern“, so wie sie immer gewesen ist.
Da ich – weil ich so gut war beim Golfen – eine „Lady“ gespielt hatte, musste ich natürlich einen ausgeben. Das klappte nicht im Golfclub, da meine Mitspieler ja mit anderen zusammen waren. Doch dann, um die Geschichte kurz zu machen, in dem Restaurant, in dem ich zu Abend ass. Irgendwann kam auch die 7er Truppe – ohne mich zu bemerken – und ich sagte der Serviererin, sie solle 3 Bier bringen und sagen „von Jens“. Wir haben dann noch sehr nett miteinander geplaudert und sie haben zugesagt, im nächsten Jahr nach Oldenburg zu kommen, um dort ihr „Turnier“ auszutragen. Na, das wollen wir ja mal abwarten. Mit viel zu viel Wein im Bauch bin ich dann ins Bett gefallen…
15. Tag: Donnerstag, 7. September 2006
Heute hat es nur einmal geregnet: Immer und fast ohne Unterbrechung. Also war der Tag nicht nur äußerlich besonders trüb, sondern – obgleich ich das bisher gar nicht kannte – auch innerlich (das lag sicherlich nicht am Wein vom Vorabend). Irgendwie war mir nicht vergönnt, die Aland-Inseln so kennen zu lernen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und eine Insel ist bei Regen oder trübem Wetter genau so trüb, wie alle anderen Landschaften. Der Felsen sah aus, wie ein mehrfach gefärbter Pfeil. (Zufälligerweise hatte es gerade mal nicht geregnet). Eine schöne alte Kirche
Herrliche moosbedeckte Wälder.
Das Post- und Zollhaus Eckerö, nachfolgend die Einzelheiten: Die Geschichte des Posthauses
Regenwetter ist Museumswetter, also auf ins Museum für Jagen und Fischen
(ein tolles Logo, oder?!)
So sahen früher die Fischerhäfen auf Aland aus.
Und dann war es Zeit, zur Fähre zu fahren und Adieu zu Aland zu sagen. Gleich legt die Fähre ab.
… und das ist der letzte Blick auf Aland.
Auf See wurde das Wetter wieder trüber und so las ich mein Buch einige Seiten weiter und machte auch ein kleines Nickerchen, denn ich hatte keine Lust und keinen Hunger, in eines der Restaurants zu gehen oder mir im Duty-free-Shop etwas zu kaufen (Ja, das gibt es in Europa noch: Aland ist zollfreies Gebiet und so legen alle Fähren zwischen Finnland und Schweden dort an, um den Gästen zollfreien Einkauf zu ermöglichen. Eine Steueroase sozusagen.)
8. Etappe: Schweden
Und so war die Wetterbegrüßung in Schweden
Da wollte ich meinem Volvo mal seine Heimat zeigen, doch statt mit Sonnenschein aufzuwarten, begrüßte uns die kalte (12 Grad) Dusche (sicherlich, weil mein Auto in den über 4.000 bisher gefahrenen Kilometern etwas schmutzig aussah…)
Wieso gibt es in Schweden eine Dänemark-Kirche?
Das ist der Landsitz von Carl von Linné, (südöstliche von Uppsala) einem berühmten Wissenschaftler aus dem 18. Jahrhundert, der viel über Botanik und Medizin erforscht hat und deswegen geadelt wurde.
(Bei Regen macht es nicht so viel Spaß, sich alle seine Pflanzen anzusehen, also bin ich weitergefahren).
Ach ja, in Uppsala war ich auch noch. Ich dachte, eine so alte Universitätsstadt müsste eigentlich ganz interessant sein, doch fand ich das, was ich gesehen habe, gar nicht so interessant. Natürlich regnete es und natürlich kam ich vor der Stadt in einen ekligen Stau und das färbt wohl auch die eigene Meinung ganz gehörig. Doch außer der mächtigen Kirche fand ich nichts besonders beeindruckend. Somit habe ich auch keine Bilder gemacht.
Natürlich hatte ich wieder meine Schwierigkeiten, aus der Stadt zu finden. Alle Straßennummern waren angegeben, nur nicht die, die ich wollte, nämlich die 256. Also fuhr ich – nach Bauchgefühl – durch irgendwelche Vororte und dann hatte ich sie tatsächlich erwischt. So schlecht sind meine Baugefühle offenbar doch noch nicht. Im Krusenberg Herrenhaus wollte ich ein Zimmer, doch ausgebucht! Die Rezeptionistin sagte mir auf die Frage, wo ich ein ähnliches Hotel finden würde, dass ich es einmal im Särsta Värdshus in Knivsta versuchen sollte. Ich fragte sie auch noch, ob dieses Herrenhaus den Sweden Hotels oder einer anderen Kooperation angehören würde, doch davon hatte sie offenbar noch nie gehört. Nur zwei weitere Hotels gehören zu dieser Hotelgesellschaft, und zwar das Smadalarö Gard und das Fagelborg Hus, beide wie dieses Haus, etwa ½ bis ¾ Stunde von Stockholm entfernt. Doch das Särste Wärdshus war ebenfalls ausgebucht, wie auch die nächsten (waren es drei oder vier) Hotels in Stigtun, die alle voller Konferenzen waren. Da bin ich im Stora Brännbo Hotel gelandet, das nicht nur unfreundlich und teuer (1.100 Kronen = ca. 122 € für ein 3-Sterne-Hotel) war, sondern auch kein Abendessen für einen Einzelgast hatte, sondern man mir nur ein Konferenzmenü anbot und ich im großen Saal mit anderen Konferenzteilnehmern sitzen sollte – oder in die Stadt gehen könnte, da gäbe es ja auch nette Restaurants. Ja, in Sigtuna sollte man ein Hotel haben, habe ich mir dabei natürlich als Hotelier gedacht. Ich las dann auch noch, dass Sigtuna schon sehr lange ein absolutes Bildungszentrum in Schweden ist und eine der meisten Hotelübernachtungen verbuchen kann. Aha, daher also die vielen Hotels, die alle ausgebucht waren. Da macht sich sicherlich auch der Airport Arlanda bemerkbar, der nur ca. 20 km entfernt ist.
Ich wollte erst zu Fuß in die Stadt und habe mich – natürlich – verlaufen. Dann bin ich mit dem Auto auch noch rund um den Ort gefahren, bis ich endlich wieder in der Stadtmitte war. Dort habe ich dann auch ein Restaurant gefunden – Lachs gegessen, der gar nicht so schlecht war – und mir dann noch kurz die wirklich sehr reizvolle kleine Fußgängerzone dieses entzückenden Örtchens Sigtuna angesehen.
16. Tag: Freitag, 8. September 2006
Heute Morgen regnete es nicht, sondern es schien zunächst die Sonne, aber – wie gesagt – nur zunächst. Dann regnete es wieder den ganzen Tag, nein, nur bis ca. 15:30 Uhr, dann begann es, aufzuhören zu regnen. So habe ich mich denn aufgemacht – nachdem ich gerade noch um Punkt 9 Uhr zum Frühstück gekommen bin und essen durfte, was noch da war (Frühstück nur von 7 – 9, fast wie in einem Internat) – und einige Fotos von diesem wunderschönen Städtchen Sigtuna gemacht.
Die Store Gatan
und das Alte Rathaus Vergangenheit aus dem Mittelalter…
…und aus noch viel früherer Zeit...
Hier befindet man sich praktisch im alten Herzen von Schweden, denn es ist reich an alten Herrenhäusern, die die Macht des früheren Schweden dokumentieren, während der Schweden zu den mächtigsten Ländern Europas gehörte. Stockholm war ungefähr eine bis zwei Tagesreisen – nicht mit dem Auto – entfernt und somit war man sozusagen im Dunstkreis der Macht, doch fern vom Alltagsgeschäft. Dies wurde mir insbesondere deutlich, als ich in Gripsholm war, für mich immer noch das Sinnbild von Gustav Vasa und seiner Macht. Doch dazu später mehr.
Auf der Weiterreise über die 263 und 55 begegneten mir noch viele
schöne alte Kirchen
und Herrenhäuser (die z. T. auch mal renoviert werden sollten), deren Namen ich nicht mehr kenne oder auch nicht so wichtig finde, nur dass man sich einen Eindruck machen kann.
Tolles Kirchengewölbe.
Auffahrt auf ein Gestüt!
Kirchen mit so vielen unterschiedlichen Stilarten und tollem „Innenleben“.
Eine interessante Stadt – finde ich – ist Strängnäs. Nicht nur wegen seiner Geschichte, denn es gab sie schon zu Wikingerzeiten, sondern wegen seines mächtigen Domes und seiner 6-flügeliegen Mühle (habe ich – so glaube ich – auch noch nicht gesehen).
Das ist die 6-flügelige Mühle von Strängnäs…
… und das ist der mächtige Dom von 1260, der über der Stadt trohnt!
…und das der phantastische Altar im Dom.
Das ist nur der „Nebenaltar“ im Dom von Strängnäs, der schon in anderen Kirchen eine Sehenswürdigkeit erster Klasse wäre…
…die riesige Orgel braucht sich auch nicht zu verstecken…
… ein Blick zur Decke könnte auch nicht schaden.
Was ist denn das? Ein Sarkophag einer Reichsgräfin Hedwig Ulrica Taube von Hessenstein? Kommt die etwa aus Panker vom Hessenstein in Schleswig Holstein, den ich zu Beginn meiner Reise besucht und beschrieben habe? Daneben steht das gleiche Grab ihres Gatten. Da muss ich wohl mal bei Wikipedia nach sehen, wenn ich wieder zuhause bin: Und das ist die von Google aus dem Schwedischen übersetzte Kurzbiographe von ihr bei Wikipedia:
„Hedvig Ulrika Taube (31. Oktober 1714 – 11. Februar 1744), auch Gräfin von Hessenstein war ein schwedischer Höfling und Gräfin, ein Römisch Gräfin des Reiches, und Herrin zum König Friedrich I. von Schweden von 1731 bis 1744. Sie gilt als die einzige offizielle königliche Herrin in der schwedischen Geschichte.„
Mein nächstes Ziel sollte Gripsholm sein, doch ich kam zunächst immer wieder nach Akers und landete vor dem Fabrikgelände mit dem herrlichen Herrenhaus.
Also, diese Kanonen-Firma Akers wird mich wohl noch heute Nacht im Traum verfolgen. Ich habe sie mindestens 3 x unwissentlich aufgesucht, weil ich mich immer wieder verfahren habe und plötzlich wieder vor diesen Kanonen landete. Ist das nicht merkwürdig oder liegt es wirklich daran, dass ich 65 geworden bin? Das erste Mal passierte es auf dem Weg nach Gripsholm und später, als ich weiter gen Süden fuhr. Vielleicht liegt es auch dran, dass dieses Unternehmen – ich kann es nur vermuten – durch die Eisengewinnung so dominant geworden ist, dass sie magnetische Wirkung auf Touristen wie mich ausübt?
Doch dann habe ich Gripsholm – nach wer weiß wie vielen Jahren – endlich wiedergesehen. Hier liegt viel Gefühl bei mir im Blut, wohl nicht zuletzt durch Tucholsky, der eine so bezaubernde Liebesgeschichte darüber geschrieben hat, dass ich sie am liebsten selbst erlebt hätte. Ich muss sie unbedingt noch einmal lesen, denn ich weiß überhaupt nicht mehr wie sie war… (Dank Wikipedia weiß ich es jetzt wieder:
„Das Buch beginnt mit dem Abdruck eines fiktiven Briefwechsels zwischen dem Autor und seinem Verleger, Ernst Rowohlt, dessen Unterschrift Tucholsky mit „(Riesenschnörkel) Ernst Rowohlt“ wiedergibt. Darin regt Rowohlt Tucholsky an, doch mal wieder eine leichte und heitere Liebesgeschichte zu schreiben, während jener um ein höheres Honorar feilscht.
Die sich anschließende Erzählung handelt vom Sommerurlaub des Erzählers Kurt, genannt Peter, mit seiner Freundin Lydia, von ihm zumeist nur „die Prinzessin“ genannt, in Schweden. Nach der Zug- und Fährfahrt und einigem Suchen kommen beide im Schloss Gripsholm an, in dem sie etwa drei Wochen verbringen. In ihrer Sommerfrische erhalten sie nacheinander Besuch von Kurts altem Kameraden und Freund Karlchen sowie von Lydias bester Freundin Billie. Die Episodenerzählung, in der auch ein – für die Spätzeit der Weimarer Republik als kühn anzusehendes – erotisches Abenteuer zu dritt eingeflochten ist, kontrastiert mit nachdenklich stimmenden Szenen: Die Sommerfrischler beobachten auf einem Spaziergang ein kleines Mädchen, das in einem nahegelegenen Kinderheim lebt und unter der sadistischen Leiterin des Instituts leidet. Die Besucher beschließen, das drangsalierte Kind zu retten, und arrangieren mit der in der Schweiz lebenden Mutter, dass die Kleine der Heimleiterin entrissen und nach Hause gebracht wird.“
Die Enten lassen sich vom schlechten Wetter nicht beeinflussen.
Hier kurz die Geschichte von Gripsholm in Mariefred: im Bild: Kann man es gut lesen? Wenn nicht, bei Wikipedia gibt es Details:
„Gripsholm wurde 1383 als Burg vom schwedischen Reichsrat und Großgrundbesitzer, dem Truchsess Bo Jonsson aus dem Adelsgeschlecht der Grip gebaut. Er hatte einige Güter in der Gegend um Mariefred erworben und ließ daraufhin eine Burg in strategisch günstiger Lage auf einer kleinen Insel (schwedisch holme) erbauen. Die Burg wurde auf dem Grund des Hofguts Näsby errichtet, nachdem Jonsson dieses 1379 gekauft hatte. 1381 wurde die Burg, vermutlich die Vorgängerin, zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Nach dem Tod Jonssons im Jahre 1386 erwarb die dänische Königin Margarethe I. zwischen 1402 und 1404 von seinen Nachfahren die Burg und überließ sie samt Ländereien zwischen 1423 und 1446 Graf Hans von Ewersten als Pfand. Ewersten setzte einen Vogt, den Deutschen Hartvig Flögh, ein, um die umliegenden Güter zu verwalten. 1434 zündete Flögh die Burg allerdings an, nachdem die Nachricht eines Bauernaufstandes im Zuge des Engelbrekt-Aufstandes die Runde machte. Nach dem Brand wurden die Holzbauten der Burg wieder aufgebaut und die Burg blieb noch bis 1472 im Besitz der Krone.
Danach erwarb Sten Sture der Ältere die Burg, baute sie aus und befestigte sie zusätzlich. 20 Jahre später, 1498, schenkte er sie dann dem nahen Kloster, der Kartause Marienfred, das er fünf Jahre zuvor gestiftet hatte. Dieses Kloster war sowohl das letzte, das gestiftet wurde, als auch das erste, das 1525 wieder von der Krone eingezogen wurde.
In diesem Jahr beschloss Gustav I. Wasa die Verlegung seines ständigen Wohnsitzes nach Gripsholm und ließ aus diesem Grund das Schloss ausbauen, aber auch zur Festung aufrüsten. Die bedeutendste Maßnahme war der Anbau der vier mächtigen Türme, deren Außenmauern bis zu 4 m dick sind. Gustav selbst bewohnte einen der Türme. Ein Teil der alten Mauern ist heute noch in der Vorburg zu finden.
Die ersten Arbeiten am Schlosskomplex waren 1544 beendet und wurden von Henrik von Cöllen und Fredrik Nussdorffer geleitet. Aus Mangel an Baumaterial ließ Gustav das Kloster Vårfruberga, das in der gleichen Gemeinde lag, einreißen. Nach seinem Tod wurde der Schlossbau mit langen Unterbrechungen von Erik XIV. weitergeführt. Als Verteidigungsburg war das Schloss schon für die damalige Zeit ungeeignet, dagegen wurde es sporadisch als Gefängnis genutzt.
Erik ließ dort seinen Bruder Johann III. von 1563 bis 1567 mitsamt seiner Frau Katharina Jagiellonica festsetzen. Aus diesem Grund sind auch deren beide ersten Kinder dort geboren. Im Jahre 1571 wiederum setzte Johann seinen abgesetzten Bruder Erik mit Familie auf dem Schloss fest. Am 13. Juni 1573 wurde Erik von Gustav Wasas Sohn Karl, dem späteren König Karl IX., offiziell wegen notwendiger Deckenreparaturen aus der Gefangenschaft geholt. Zeitweise saßen bis zu 35 Staatsgefangene auf Gripsholm im Gefängnis oder Arrest.
Von 1592 bis 1600 wurden unter Karl der Reichssaal gebaut und die Burggebäude umgestaltet. 1690 wurde der Königinnenflügel errichtet. 1773 wurde das Schloss durch König Gustav III. umgestaltet und ein erstes Theater durch Carl Frederik Adelcrantz gebaut. Es wurde von Erik Palmstedt bereits 1781 bis 1783 neu gebaut.
Die letzten großen Restaurierungen und Umbauten fanden unter Fredrik Lilljekvist in den 1890er Jahren statt. Damals versuchte man, alle Veränderungen ab etwa dem Jahr 1600 rückgängig zu machen, konnte aber nach heftigen Protesten (u. a. von Verner von Heidenstam) die größten Veränderungen und Abrisse nicht durchführen. Als größte Veränderung kann die völlige Erneuerung des dritten Obergeschosses gesehen werden. Im inneren Burghof wurden die alten Malereien entfernt und durch neues Renaissancedekor ersetzt. Die Debatte um diese Restauration bedeutete das Ende der historisierenden Phase der schwedischen Kulturdenkmalpflege, der schon u. a. die Dome in Lund und Uppsala zum Opfer gefallen waren.“
Doch man muss nicht nur das Schloss – oder die Burg – bewundern, sondern z.B. auch das Gewächshaus…
…oder die Runensteine (die man auch unterwegs hin und wieder antrifft). Trotz Regenwetter: einen Blick in den wunderschönen Innenhof…
…oder in den „Vorhof“, natürlich mit Kanonen (vermutlich gestiftet von „Akers“!)
In Gripsholm steht übrigens das älteste Wirtshaus Schwedens aus dem Jahre 1609 (in dem wohl auch der Roman von Tucholsky spielt), und das ich immer für eine Mitgliedschaft bei den Romantik Hotels gewinnen wollte. Hat es wohl nie für nötig befunden, denn als ich mir die Preise ansah – 1.600 Kronen (ca. 175 €) für ein Einzelzimmer – wurde mir zwar nicht schlecht, doch ich dachte: Da hast Du letzte Nacht ja noch richtig preiswert übernachtet. Was hätte das wohl im 5 Sterne „Stadtshotel“ gekostet, das – zum Glück – ausgebucht war? Dennoch ein Foto vom Värdshus:
Das Värdshus in Gripsholm (Die dahinter liegende Kirche soll übrigens drei Jahre älter sein…)
Auf der Weiterfahrt gen Süden – nachdem ich erneut in Akers gelandet war – sah ich dann das: Ein Steingrab aus der Frühgeschichte.
Vielleicht kann man auf diser Tafel erkennen, wie sie damals gebaut worden sind.
Danach führte mich ein Sehenswürdigkeitsschild zu dieser verlassenen Eisenhütte, die einen Gasthof beherbergen sollte. Und das sind die Reste einer Eisengrube, die zum Wärdshuset benutzt wurden, doch derzeit (offenbar schon länger) nicht mehr genutzt wird.
Nach dieser Besichtigung stand ich dann plötzlich das dritte Mal vor dem Akers Unternehmen. Kapiere ich bis heute nicht, wieso. Unterwegs immer wieder sehr unterschiedliche Kirchen…
…bis ich zur Überfahrt über den Braviken kam
(sehen Sie, im Westen kommt Helles auf!)
Und dann waren es auch nur noch wenige Kilometer bis Söderköping. Zu Söderköping eine kurze Bemerkung: Ich kenne es seit vielen Jahren, doch war ich eigentlich nie richtig dort, denn ich habe immer nur das „Söderköpings Brunn“ besucht, weil es ein Romantik Hotel und Stig Egbad der Präsident der Skandinavischen Romantik Hotels war. Da mir bekannt war, das Stig nicht mehr Chef des Hauses war und ich vor ein paar Jahren, als ich diese Reise schon einmal vorhatte, vergeblich per Email an das Hotel versucht hatte, seine private Telefonnummer zu bekommen, wusste ich nicht, ob er noch in Söderköping wohnte oder nicht. Also bin ich direkt ins Hotel gefahren und habe gefragt. Ja, er lebt noch in Söderköping und man könne mir die Mobilnummer geben. Das hat die Rezeptionistin auch sofort gemacht und ich rief an: „Hier ist Jens Diekmann!“ „Hallo, wo bist Du?“ „Im Söderköpingsbrunn“. „Ich bin hier.“ War die Antwort und ich dachte, er wäre in Söderköping, doch zwei Sekunden später – oder waren es drei? – stand Stig, noch größer als zuvor, so erschien es mir (er ist mindestens 2 Meter groß) vor mir. Ja, sein Pächter hätte gekündigt und ab 1. Oktober würde er es wieder selbst übernehmen. Heute Abend hätte er allerdings Sekretärinnen eingeladen, mit denen er auf ein Schiff auf dem Göta-Kanal fahren würde (der alte Sales-Manager!), doch morgen früh könnten wir in Ruhe erzählen. Heute bin ich also zum ersten Mal als Tourist dort und habe auch zum ersten Mal den Göta Kanal gesehen. (Nur soviel zu Geschäftsreisen, die angeblich ja so toll sein sollen. Man war zwar in vielen Teilen der Welt, doch hat man auch etwas gesehen?)
Daher jetzt ein paar Fotos von Söderköping: Das Freilichtmuseum
und der Göta-Kanal, zwei Highlights von Söderköping.
Und hier kann man etwas über die Entstehung erfahren. Der Göta-Kanal von der einen
und der anderen Seite.
Offenbar gehört das auch dem Stig, denn Buchungen sind nur über „Söderköpings Brunnn“ machbar (auf dieses Schiff hat er offensichtlich auch die Sekretärinnen eingeladen…!) Ja, es stimmt, wie er mir am nächsten Morgen sagte. Es gehört ihm seit 15 Jahren und er nutzt es nicht nur für Promotions in eigner Sache.
Einige Eindrücke von Söderköpings schönen Gebäuden.
Mit den skandinavischen Ländern ist man offenbar ganz gut dabei, doch mit der EU (die hinterste Fahne) scheint es am letzen Faden zu hängen (man sieht sie auf dem Bild so gut wie gar nicht!) Ist das nur Zufall?
Stig besorgte mir eine Suite im Hotel (keine Ahnung, was mich das kosten wird) doch bin ich frohen Mutes. Und da sitze ich nun, nach einem köstlichen Abendessen in seinen immer noch wunderschönen Räumen im Restaurant – während die Zimmer viel „romantischer“ und dem Stil des Hauses entsprechender sein könnten – und schreibe meinen Tagesbericht. Und nun Gute Nacht!
17. Tag: Samstag, 9. September 2006
Söderköpings Brunn am Morgen
herrlich am Fluss gelegen.
Beim Frühstück erzählte mir Stig, wie das so war mit seinem Hotel, das er an eine große Kette verpachtet hatte, die mehrere Konferenzhotels betreibt. Doch während sie bisher immer nur Managementverträge mit irgendwelchen Organisationen hatten, die derartigen Hotels ihr Eigen nannten, war dies das erste, das sie gepachtet hatten. Dabei merkten sie sehr schnell, dass es wohl doch nicht ganz so einfach ist, den Betrieb von Stockholm aus zu managen und keinen verantwortlichen Leiter vor Ort zu haben, was sich an den rapide sinkenden Umsätzen bemerkbar machte. Nach nur 4 Jahren geben sie es jetzt auf und Stig mit seiner Frau Gunn werden ab 1. Oktober wieder Chefs ihres eigenen Hotels. Jetzt müssen sie natürlich wieder Vieles auf die Reihe bringen und wieder ein richtig gutes und liebenswertes Hotel daraus zu machen, doch da habe ich keinerlei Bedenken, dass sie das nicht schaffen werden.
Natürlich kamen wir auch auf die Romantik Hotels zu sprechen, denn Stig war einmal als Romantik-Hotel Präsident von Skandinavien sehr stark engagiert und hat die Gruppe auf knapp 20 Häuser in Schweden ausgebaut. Dazu kamen noch jeweils zwei oder drei in Dänemark und Norwegen. Heute gibt es nur noch zwei Hermes Hotels in Schweden und in den beiden anderen Ländern kein Romantik Hotel mehr. Das tut uns beiden sehr leid. Doch ich habe das Gefühl, dass er sehr schnell wieder Romantik Hotel wird – angefragt hat er schon, man kann sich nur nicht entscheiden – und er dann versucht, die bisherigen Häuser wieder zur Fahne zurückzuholen. Das Zeug dazu hat er allemal. Doch was soll ich viel über Romantik Hotels schreiben, es interessiert vielleicht sowieso niemand, allerdings tat es schon gut zu hören, dass ich mit meiner Ansicht über die schwache Führung der letzten Jahre nicht alleine stehe.
Also weiter auf meiner Reise. Bei endlich wieder schönem Wetter – drei Tage trüb und regnerisch, lässt auch die Landschaft nicht im besten Licht erscheinen (und die Fotos schon gar nicht!) – konnte ich mich jetzt wieder an der herrlichen Landschaft erfreuen. Sie schien sich auch wieder zu erfreuen, denn sie strahlte im frisch gewaschenem Glanz.
Die Kirche in Vestervik
und der Hafen.
Die tief ins Land reichenden Fjorde – nennt man sie an der Ostsee eigentlich Fjorde?
Und selbst die Straßen waren wieder blitzsauber wie der Himmel.
Die Pilze konnten sich wieder sonnen…
…und die Felsen ebenso.
In Vestervik habe ich vorerst Abschied von der Ostsee genommen, denn wenn man durch Schweden fährt und nicht Pipi Langstumpf einen Besuch abgestattet hat, dann war man nicht in Schweden. Auf dem Weg von Västervik nach Vimmerby kommt man an solch schönen Plätzen vorbei. So wie man sich Schweden im Bilderbuch vorstellt.
Und an solchen Rastplätzen findet man dann so eine blitzsaubere Toilette mit gemaltem Bild vor.
(Die Tür steht immer so offen, so dass jeder sehen kann, wie sauber es drinnen aussieht! Kompliment, Kompliment, kann ich da nur sagen. Da sollte man die deutsche Autobahnverwaltung mal hinschicken.
Schon viele Kilometer vor Vimmerby, dem Geburtsort von Astrid Lindgren, weisen Schilder auf das „Astrid-Lindgren-Land“ hin. Hier wird sie also richtig vermarktet. Da wird man von Pipi Langstrumpf selbst begrüßt…
Doch Pipi Langstrumpf ist offenbar schon wieder mit ihrem Vater auf Weltreise, denn die Astrid Lindgren World ist Anfang September geschlossen, nur das „Astrid Lindgren Garden“ ist noch geöffnet. Von den 10 Autos, die davor standen, waren 9 Deutsche. Ist sie in Schweden nicht so populär oder kommen die nur wenn da richtig was los ist?
Wenn ich in diesem Teil Schwedens bin, das man auch das Glasland nennt, weil hier so viele unbekannte aber auch weltbekannte Glasfabriken zu Hause sind, muss ich auch in Orrefors gewesen sein. Tolle Glasklumpen vor dem Werk lassen schon Schönes erwarten. Auf der ganzen Reise habe ich mir bisher nichts an Souvenirs gekauft, doch hier habe ich ein Weinglas erstanden – zumal mein bisheriges Reiseglas vorgestern zerbrochen in meinem kleinen Handkoffer lag und ich meinen Rotwein einmal aus einem Plastikbecher (in Stora Brännbo) und gestern aus einem stinknormalen Wasserglas, das auch als Zahnputzglas benutzt wird, trinken musste.
Auf der Weiterfahrt zwischen Orrefors und Kosta – wo es ebenfalls eine sehr bekannte Glasfabrik gibt – fuhr ich an einem Schild „Algpark“ vorbei. Also, wenn man auf der ganzen Strecke – bisher – keinen Elch gesehen hat, (begegnen sollte man diesen Riesenviechern besser nicht, denn das könnte für beide Seiten schlechte Folgen haben) dann kann man sich ja zumindest in einem Gehege welche ansehen. Ich also kurz gewendet und hinein: Für 35 Kronen (knapp 4 Euro, man gönnt sich ja sonst nichts) habe ich sie mir dann auch ansehen können. Wollen Sie sie auch mal sehen? Hier sind sie: Die Alte kümmert sich um den Nachwuchs
während der Alte weiter weg alleine seine Ruhe haben will (wie im menschlichen Leben, oder?) Das wäre vielleicht etwas für Eva Herman, die ja dafür plädiert, dass die Frau zurück an den Herd kommt und die Kinder hüten soll.
Das Jungtier war der einzige Elch, den ich im größeren Gehege gesehen habe. Es hat noch nicht einmal aufgeblickt, als wir Menschen vorbeigingen bzw. Fotos machten. Ganz schön snobistisch.
Heute Morgen hatten Stig Egblad und ich noch über das „Toftaholm“ gesprochen, da er Mitglied des Beirates dieses Hotels ist. Es ist auch kein Romantik Hotel mehr. Obgleich ich die neuen Besitzer nicht kenne, hatte ich schon die Absicht, dort zu übernachten, denn es hat mir bisher immer sehr gut gefallen. Ja, Zimmer hätte man noch, wurde mir an der Rezeption gesagt, doch essen könnte ich nicht, da das Restaurant völlig ausgebucht wäre. „Haben Sie denn nicht noch einen kleinen Stuhl, denn wo sollte ich sonst essen gehen?“ Ein kurzes Überlegen und dann sagte mir die Dame: „Ja, wenn Sie etwas später essen würden, da ein Tisch schon um 6 Uhr kommt und die Küche um 9 Uhr schließt, könnten Sie ja gegen acht – halb neun zum Essen kommen. Also blieb ich. Ich habe noch ein paar Fotos vom Toftaholm gemacht, denn die Sonne beleuchtete das Haus so schön: Toftaholm von der Seeseite.
Hurra, es ist Pilzsaison! Aber wenn man diese essen will, sollte man besser vorher bezahlt haben…(Man kann alle Pilze essen, manche nur einmal!)
Ich habe übrigens hervorragend gegessen – es soll eine der besten Küchens in Süd-Schweden bieten – und auch ein ausführliches Gespräch mit dem Inhaber, Tjörborn Colfach geführt. Nach dem Gespräch mit Stig am Morgen war das die zweite Bestätigung, welche Fehler man in Frankfurt gemacht hatte, um die skandinavischen Romantik-Hotel Mitglieder zu vergraulen: der alte Fehler, den auch die französischen Vereinigungen wie „Chaine de Rotisseurs“ oder „Relais et Chateaux“ immer wieder gemacht haben: Alles wird zentral geregelt. Die Mitglieder haben in den anderen Ländern gefälligst das zu tun, was die Zentrale oder das Präsidium beschließen. Daher haben sie bei den Romantik-Hotels auch die Organisation umgeändert, um „schlanker“ zu werden. Der Verwaltungsrat mit den nationalen Präsidenten wurde abgeschafft und damit die Grundlage für die Fehlentscheidungen geschaffen. Dabei habe ich immer sehr viel Wert darauf gelegt, nicht in die nationalen Eigenheiten hinein zu regieren. Als ob man in Deutschland weiß, wie man in Skandinavien Marketing betreiben muss. Die Leute in der „Zentrale“ waren ja noch nicht einmal da, geschweige denn, haben dort gelebt. Wie sollen sie es wissen können? Doch vorschreiben, was man in Skandinavien – und das ist kein homogener Block, denn Dänen, Schweden und Norweger sind ganz unterschiedlich – zu tun oder zu lassen hat, ist so etwas von falsch, wie man es nur machen kann. Die Konsequenz war, dass nahezu alle ausgetreten sind und sich anderen Kooperationen zugewendet hat oder, wie Colfach das getan hat, eine neue Kooperation „Historic Hotels of Scandinavia“ gründete und zur Konkurrenz geworden ist. Er hat die gleichen Kriterien, wie sie ursprünglich bei den Romantik Hotels waren, übernommen und sofort 10 Hotels gewonnen. Das ist nie wieder rückgängig zu machen! Es gehört offenbar doch mehr dazu, eine international tätige Kooperation aus selbständigen Hoteliers zu führen, als ein oder zwei oder auch drei eigene Betriebe zu leiten!
Irgendwie hatte ich abends das Gefühl, dass Tjörborn Colfach froh war, es endlich einmal jemanden erzählen zu können, doch am Morgen hatte ich eher den Eindruck, als ob er mir dafür die Schuld geben würde, denn er war sehr kühl und zurückhaltend. Jetzt wird man auch noch für Dinge bestraft, die man selbst nicht getan hat und für große Fehler hält. Zukünftig muss ich also sehr vorsichtig sein, wenn ich sage, ich hätte die Romantik Hotels gegründet.
18. Tag: Sonntag, 10. September 2006
So langsam merkt man, dass die Reise seinem Ende entgegen geht. Wie eine satte Maus schmeckt irgendwann auch das beste Mehl nicht mehr so richtig, sondern bitter, wie das Sprichwort sagt, und man ist auch nicht mehr so neugierig. Teilweise liegt es aber auch daran, das ich schon mehrmals hier war und vieles schon kennen- und schätzen gelernt habe und es daher eine „alte Liebe“ geworden ist, aber immer wieder schön.
Dennoch bin ich nicht die schnellste Verbindung nach Hälsingborg gefahren, sondern habe nach wie vor kleine Seitenstraßen genutzt, da ich Autobahnfahren für stinklangweilig ansehe, gerade auf einer solchen Reise, denn man sieht überhaupt nichts außer der vorbeifliegenden Landschaft. Doch manchmal war es gar nicht so einfach, denn die Verkehrsschilder führten mich immer wieder auf die Schnellstraße, die anderen Möglichkeiten ließ man unbeschildert, so dass ich immer wieder auf der E 4 landete. Als ich diesen netten Werbeeffekt sah, bin ich jedoch endgültig von der Schnellstraße abgebogen.
In Skane stehen noch heute – nur symbolisch – die Milchkannen an der Straße. Teilweise hübsch angemalt, teilweise mit Blumen versehen und teilweise auch verrostet. Herrliche Seen
und alte Kirchen. So schöne Seen und alte Kirchen sah ich immer wieder, bis ich dann in Ängerholm endlich wieder die Ostsee erblickt habe. Oder ist das hier schon ein Teil der Nordsee oder wie nennt sich dieser Teil eigentlich, das Belt-Meer?
Der erste
und der zweite Blick über die „Skälderviken“
Die Sommersaison ist wirklich zu Ende…
Links und rechts keine Menschenseele mehr zu sehen.
Nur die herrlichen Muscheln sind noch da, jetzt ungestört und ohne Sammler.
Ein Abstecher auf die Halbinsel Kullaberg lohnt sich auf jeden Fall. Zunächst die Mühle bei Krapperup…
…dann das Schloß …
…und dann die Kirche von Möle
Im Naturschutzgebiet Kullaberg – kostet Eintritt – stürzt das Ufer wohl am stärksten ab ins Merr von ganz Schweden (aber sicher bin ich mir da nicht.)
Das ist der Öresund und auf der anderen Seite liegt schon Dänemark
Wieder ein Vorteil, wenn man auf dem Weg nach Hälsingborg von der Hauptstraße abbiegt, sieht man zunächst die Mühle von Hittarp…
…und dann das Schloss Kulla Gunnarstorp, das auch schon von Carl von Linné 1749 besucht wurde.
Und dann ist man schon auf seiner letzten Schweden-Station: Hälsingborg.
Ein letztes Foto von Hälsingborg… Das könnte auch „Hermes der Meere“ auf der Säule sein.
Dann legt die Fähre ab von Schweden nach Dänemark.
Sehnsüchtig nimmt man Abschied…
…begegnet dem Schwesterschiff…
…bevor man zu neuen Ufern gelangt und das sieht: Das Hamlet-Schloß Kronberg
9. Etappe: Dänemark
Ich habe Kronberg früher immer nur von Ferne betrachten können, da ich nie die Zeit hatte, es einmal zu besuchen. Jetzt mache ich es zum ersten Mal.
Ich bin – wie man sich denken und sehen kann – nicht der Einzige.
Ein gewaltiges Schloss mit einem tollen Innenhof – wo man herrliche Festivals veranstalten könnte.
Kronborg im Ansichtskartenformat.
Da ich Seeland schon vielfach bereist habe und wir auch mit der Familie schon mal Urlaub dort gemacht hatten, wollte ich nicht die herrliche Küstenstraße nach Kopenhagen fahren und auch nicht die „Schlösserstraße“ – wie ich sie nennen möchte über Fredensborg, sondern eigentlich so quer durchs Land reisen. Dabei sah ich dann auch diese schönen Dinge: Schöne Kirchen,
alte Kro´s und Herrensitze.
Über die imposante Brücke über den Großen Belt kommt man von Seeland auf die Märcheninsel Fünen mit seinen vielen
Kirchen,
Herrenhäusern,
Schlössern
und wunderschönen Küsten.
Am Abend habe ich mich im Munkebo Kro einquartiert, bei dem ich früher schon versucht habe, ihn zum Romantik Hotel zu machen, was nicht gelang.
Ich war überrascht, wie gut renoviert er sich beim ersten Eindruck zeigte: hier hatte sich viel getan. Doch noch überraschter war ich, als ich dann eintrat. Es hatte sich sehr viel verändert. Ein alter Krug im neunen Glanz. Seit im Jahre 2000 Thomas Pasfall den Krug übernommen hat – er hatte früher das bereits sehr bekannte „Graasten“ in Frederikhavn – ist er zu einem Gourmet-Tempel geworden. Alles sehr, sehr gut. Selbst die Badezimmer, die in Skandinavien meist einen sehr einfachen – um nicht zu sagen primitiven – Eindruck machen, waren die besten, die ich in Skandinavien gesehen habe. Ich fragte mich nur, warum nur ein so winziges Waschbecken und warum nicht das ganze Bad gefliest, sondern nur den Duschteil?
Das Essen und der Service waren erstklassig – ich könnte auch sagen perfekt – doch wie so oft in solchen Lokalen, ohne Herz. Ein Lächeln habe ich – glaube ich – nicht bemerkt und ich achte schon sehr darauf. Alles in diesem Kro ist auf den Inhaber abgestimmt – selbst seine Frau erscheint nur im Prospekt auf einem Bild auf dem er sie auf die Wange küsst – doch er ließt sich bei seinen Gästen nicht blicken. Selbst am nächsten Morgen tauchte er in ziviler legerer Kleidung nur im Frühstücksraum mit einem Mitarbeiter oder Handwerker auf, um etwas bei einem Kaffee zu besprechen. Kein „Guten Morgen“ oder etwas Ähnliches. In Wien würde man dazu sagen: Noch nicht einmal ignoriert! Wollen diese jungen Starköche nur noch hofiert werden oder sind sie einfach noch zu jung, um zu erkennen, dass ein guter Gastgeber nicht nur gut kochen können muss, sondern sich auch um seine Gäste zu kümmern hat und dies nicht nur Mitarbeitern überlassen darf? Ich weiß nicht, was die anderen Gäste gedacht haben.
Mukebo Kro in Munkebo, so muss ein Kro aussehen!
19. Tag: Montag, 11. September 2006
Ja, und dies sollte nun mein letzter Tag werden. Da ich gestern spät abends erst nach Hause gekommen bin, sitze ich erst heute an meinem Schreibtisch daheim, um den letzten Tag Revue passieren zu lassen. Während ich vor zwei Tagen schon vom „bitteren Mehl“ geschrieben habe, hatte ich gestern überhaupt nicht mehr das Gefühl. Im Gegenteil: ich habe jede – nun sagen wir fast jede – Seitenstraße ausgenutzt, als ob ich überhaupt nicht nach Hause wollte. So bin ich zunächst nach Odensee, der Hans-Christian Andersen Stadt zu fahren. Die Altstadt ist wirklich so, wie man sich in seinen Märchen die Orte vorstellen könnte: Kleine Häuschen…
…mit Blumen vor dem Haus.
…doch auch 2-stöckige Häuser,
und das Hans Christian Andersen Haus
…sowie das bekannte Restaurant „Under Lindentre“ – „Unter der Linde“. Außerdem beherbergt Odensee noch ein sehr altes Restaurant
Den Gamle Kro von 1683…
…mit einem einzigartigen Aushängeschild (in deutscher Sprache!).
Die Insel Fünen, die man auch als Märcheninsel bezeichnet – nicht zuletzt wegen seines berühmten Sohnes Andersen – ist jedoch auch sonst ein ganz bezauberndes Fleckchen Erde. Nicht nur die liebliche Landschaft erfreut die Seele und den Geist, sondern auch die vielen wunderschönen Katen, Schlösser und Kirchen, die alle in einem sehr gepflegten Zustand sind. Hier wird mir immer wieder deutlich, wie sehr die Dänen ihre Vergangenheit pflegen, ohne dass sie das Moderne verabscheuen.
Herrliche Fachwerkhäuser
Wunderschöne Kirchen (haben offenbar fast alle den gleichen Architekten gehabt, wie ich das auch schon oft in Irland gesehen habe…)
…mit herrlicher Innenarchitektur….
… und einem Altarbild aus Glas!
Schöne Herrenhöfe in lieblicher Landschaft
Das zum Hotel ausgebautes Schloss Hvedholm
oder das Steensgaard Herregard
oder den Faldsled Kro
Diese architektonisch einmalige Kirche in Horne besteht aus drei Teilen. Der Mittelteil war eine ehemalige Wehrkirche aus dem 12. Jahrhundert mit 2 m dicken Mauern, die später nach Westen und Osten geöffnet wurden, um die „Anbauten“ dranzusetzen. Sie hat eine sehr schöne Innengestaltung.
(Sie ist NICHT im Marco Polo Guide aufgeführt.)
Und immer wieder schöne Katen und Kirchen
… und die Gehsteige werden hier noch geharkt!
Der Innenhof eines Vierkanthofes
und die daneben liegende Kirche.
Dieses schöne Fachwerkhaus war sogar zu verkaufen.
Das ist auch die Ostsee und zwar der Kleine Belt,
und diese Wegweiser führen in ganz Dänemark zu all diesen versteckten Kleinoden.
Diese Brücke führt bei Middelfahrt über den Kleinen Belt und zwischen dem Geländer sieht man die große Autobahnbrücke.
Der „Kryb i Ly“Kro bei Taulov war auch einmal ein Romantik Hotel.
Und noch ein paar schöne Impressionen von Jütland:
So sieht die Ostseeküste bei Sönderballe aus
und das ist schon die Flensburger Förde
Abschied von Dänemark in Sonderburg
mit der Dübbeler Mühle, wo 1864 eine entscheidende Schlacht zwischen Dänemark und Deutschland stattfand.
Von Sonderburg führt der Fördeweg nach Flensburg, den ich immer wieder gerne befahre, da er herrliche Ausblicke auf die Förde zulässt.
Noch ein letzter Blick über die Förde
und dann war ich auch schon in Flensburg.
Statt jetzt über die Autobahn direkt nach Hause zu fahren, habe ich es vorgezogen, durch „Angeln“ – so heißt die Gegend wirklich und gehört zur Wiege von Angel-Sachsen, also England – zu reisen. Auch .hier gibt es schöne alte Kirchen und den Dom in Schleswig zu bewundern.
Nicht zu vergessen: das Schloss Gottorf in Schleswig, das größte Museum in Schleswig-Holstein.
In Eckernförde endete dann meine Rundreise um die Ostsee bei Sonnenuntergang.
Ein schöner Abschluss einer wunderschönen Reise.
Nicht jeder, der diese Zeilen gelesen und die Bilder betrachtet hat, wird so verrückt sein wie ich, eine solche 19-tägige Reise nachzuvollziehen. Ich habe viel gesehen und selbst wenn man die Regentage einmal mitberücksichtigt, sehr viele herrliche und unterschiedliche Landschaften kennengelernt, einmalige historische Gebäude bewundert und die Ostsee in ihren sehr verschiedenen Variationen ins Herz geschlossen. Natürlich habe ich immer nur einen kurzen Eindruck gewinnen und keineswegs Detailkenntnisse erlangen können. Dann wäre die Reise über Monate gegangen und zu einer Aufzählung von Sehenswürdigkeiten geworden. Doch Reiseführer gibt es genug und überall zu kaufen. Für mich sind nicht die einzelnen Städte, Dörfer, Schlösser, Museen oder was auch immer mein Ziel, sondern wie schon eingangs geschrieben: Der Weg ist das Ziel! Wenn der Weg dann – wie vielfach in den Städten der Baltischen Länder der Fall war – plötzlich zu Ende ist und man umkehren muss, ist das in dem Moment sicherlich frustrierend, doch im Nachhinein ist das auch ein Teil einer Reise, bei der der Weg das Ziel ist.
Und damit taucht die Frage auf. Warum nicht einmal rund um die Nordsee fahren? Einen entsprechenden Radwanderweg gibt es ja bereits. Damit hat mich der Alltag wieder. Meine Wäsche ist schon in der Waschmaschine und gleich geht’s an die Beantwortung der Geburtstagsgrüße und dann muss auch die angefallene Geschäftspost bearbeitet werden und dann sollte ich auch mal meine Wohnung wieder auf Vordermann bringen (wo kommen bloß die vielen Spinngewebe während meiner Abwesenheit her?)
Bis zur nächsten Reise.
Ihr
Single-Reisender
Jens Diekmann