Schnupperreise nach Spiekeroog
Tagebuch eines Kurzbesuches im Winter
Auf der Reisemesse in Hamburg habe ich Britta getroffen, die auf unserem Stand mit ausgestellt hat und für die „Spiekerooger Leidenschaft“ verkauft hat. Da ich noch nie auf Spiekeroog war und schon einiges darüber gehört hatte, beschloss ich sehr schnell, sie einmal kennen zulernen. Natürlich machte Britta mir ein spezielles Angebot – sie kann sehr gut verkaufen – und so war mir schnell klar, dass ich in Kürze auf die Insel reisen würde.
Nun war Spiekeroog schon immer die Lieblingsinsel meiner Hotelchefin Andrea und so fragte ich sie, ob sie nicht Lust hätte, mit ihrem Mann mitzukommen, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und bei Strandspaziergängen und nettem Abendessen auch mal außerhalb des Hotels über den Tellerrand des täglichen Geschäftes zu plaudern. Sie konnte ihn schnell davon überzeugen mitzukommen – auch ihre Kinder, dass sie mal ein Wochenende ohne Mama und Papa auskommen müssten – und auch den Dienstplan im Hotel organisierte sie so, dass sie mal zwei Tage nicht da sein brauchte, so dass nur noch Britta anzurufen war, die dann für uns die Zimmer buchte. Andreas wartet schon…
Eigentlich wollte ich ja schon einen Tag früher auf die Insel reisen, doch wie das immer noch so ist: Man glaubt, noch einmal nach Essen fahren zu müssen, um selbst zu sehen, ob sich eine Teilnahme an der dortigen Reisemesse lohnen würde. Und so fuhren wir gemeinsam erst an einem Freitag Ende Februar los.
Da die beiden nur eine Nacht bleiben konnten – sonst hätten ihr Kinder wohl nicht mehr mitgespielt – mussten wir in zwei Autos nach Neuharlingersiel fahren, denn ich wollte ja zumindest zwei Tage bleiben.
Wir fuhren rechtzeitig los und weil der Hinweg von Oldenburg nur eine Stunde dauert, hatten wir noch genügend Zeit, um einen kleinen Überraschungsausflug nach Groß-Holum zu machen, wo Kerstin – Andrea´s Vorgängerin – ein nettes Hotel , die „Bauernstuben“, mit Ihren Eltern und ihrem Mann führt.
Bei einem kleinen Mittagssnack haben wir dann über „wie geht’s, wie stet´s“ geplaudert, bis sie uns zu Fähre brachte und den Wagen wieder zurücknahm, so dass wir zumindest für ein Auto die Parkgebühren sparen konnten.
Die Fähre wartete schon auf uns und die letzten Gepäckstücke wurden im Container vom Kran an Bord gehoben.
Noch ein letzter Blick zurück…
…oder auf die Kameraleute, die bestimmt nicht unseretwegen filmten, ging´s auf die Fähre.
Die Gangway wurde eingeholt – geht heutzutage alles automatisch…
…und dann hieß es „Leinen los!“ und die Fähre legte ab.
Noch schnell ein „Selfi“ oder hat er mich im Blick?
Ein letzter Blick zurück auf Neuharlingersiel…
…und in flotter Fahrt hinaus auf das Wattenmeer.
Vorbei an den „Wegweisern im Wasser“…
… rauscht die Fähre in Richtung Insel.
Einige Sandbänke ragen aus dem Wattenmeer heraus… …und fast alle Passagiere suchen sie nach Seehunden ab…
…bis Spiekeroog am Horizont erkennbar wird.
Die Möwen warten schon auf die neuen Gäste…
…bis die Fähre sie dann ausspuckt.
Früher war das natürlich alles viel komplizierter, wie aus dem Buch „Wie es begann…“ hervorgeht:
„Wir atmeten auf, als die Postkutsche von Esens über holpriges Kopfsteinpflaster endlich Neuharlingersiel erreichte. Anschließend kreuzte das Fährschiff „Venus“ bei steifem Nordwind über eineinhalb Stunden auf dem Wattenmeer. Dann ankerten wir auf der Rhede. Der Kapitän hatte zwei Wimpel am Mast aufgezogen, um darzutun, dass für 8 Gäste mit Gepäck 2 Wagen kommen müssten. Da viel Wasser aufgelaufen war, mussten wir zunächst in ein Boot steigen. Die Wellen planschten ständig über die Bordwand. Rudernd wurden wir bis an die Wagen herangebracht, wo die Pferde bis zum Bauch im Wasser standen. Der vollbärtige Fuhrmann Eime Ulrichs Eimen kutschierte uns in langsamer Fahrt Richtung Dorf. Regen peitschte uns ins Gesicht. Wir trieften aus allen Kleidern. Dann hielten wir, steif vor Kälte, an der Ostseite der alten Inselkirche und stiegen über eine angelegte Treppe vom Wagen, froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.“
Da die Insel autofrei ist, muss jeder sein Gepäck selbst tragen (es sei denn, er nimmt den Gepäcktranksport in Anspruch).
Schöne alte Häuser empfingen uns und in wenigen Minuten waren wir im Hotel.
Mein Quartier war ein paar Minuten vom Hotel entfernt , wo mich folgendes Schild empfing:
Und daneben hin noch eines: Meine Güte, da kriegt man es ja richtig mit der Angst zu tun!
Und um eine Vorstellung zu bekommen, was für ein Monster man erwarten sollte, war auch schon ein versteinertes Exemplar auf die Treppenmauer gestellt worden. (Bis heute habe ich das Viech noch nicht gesehen, geschweige denn, ich wurde auf der „Erfolgsliste“ aufgeführt, doch noch bin ich ja nicht wieder auf der Fähre heimwärts….
Schnell das Gepäck abgestellt und dann raus in die Natur.
Da kamen auch schon Andrea und Andreas und hinaus ging es an den Strand. Da musste auch gleich ein Erinnerungsfoto mit dem Handy gemacht werden, um es nach Hause schicken zu können.
Toll, dieser Ausblick über die Dünen auf den Strand.
Nicht dass sie denken wir waren im Sommer auf Spiekeroog: Nein, es war der 23. Februar!
Und diesen Blick hat man von den Dünen in Richtung Wattenmeer.
Wenn im Winter so wenige Gäste da sind, könnte man das Schild für überflüssig halten, doch im Sommer hat es ganz sicher seine Berechtigung.
Da es leicht zu nieseln anfing und wir Appetit auf Kaffee und Kuchen bekamen, gingen wir zurück ins Dorf. Vorbei an dieser halbnackten Dame…
…sahen wir dann diese tollen Schaufenster. Und dahinter verbarg sich ein herrliches Café mit wundervollen Torten!
Das Schild habe ich fotografiert, doch die Torten – leider – nicht. Das habe ich vor lauter Gier völlig verschwitzt! Also: Selbst hinfahren und probieren!
So habe ich dann als Ausgleich auch am Abend das schöne Windlicht gleich mehrmals abgelichtet (doch hier genügt ja 1 Bild)..
Auch die witzige Speisekarte fand ich ganz interessant: „Speisekarte für Bauarbeiter“ steht da zu lesen.
Als dann der köstliche Lammrücken kam, habe ich wieder vor lauter Gier den Fotoapparat links liegen gelassen. Erst als ich das Lammgericht nahezu aufgegessen hatte, fiel mir ein, dass ich es fotografieren wollte, doch da war es leider zu spät.
Am nächsten Morgen bin ich vor dem Frühstück schnell ans Meer gegangen, um zu sehen, ob das Wasser noch da war. Ja, es war noch da, obwohl es im leichten Dunst kaum zu erkennen war. Keine Menschenseele weit und breit!
Was dieses Schild dort wohl soll, ist mir allerdings immer noch ein Rätsel: Gibt´s hier für Fahrräder eine Geschwindigkeitsbegrenzung? Auf Spiekeroog offensichtlich schon (diese Ostfriesen….)
Der schaut ja gar nicht freundlich drein. Wen wundert´s, denn drinnen wird er geschlachtet und verkauft! Wer will da schon lächeln?!
Nach unserem kräftigen und ausführlichen Frühstück haben wir noch eine kleine Hotelführung gemacht, doch dann trieb es uns hinaus ans Meer.
Da liegt er, der unendlich breite Strand von Spiekeroog. Soweit das Auge reicht: Kein Mensch! Oder sind die beiden kleinen Pünktchen dahinten etwa auch Menschen?
Ohne dass wir es geplant hatten, gingen wir immer weiter gen Osten an dem unendlich breiten und weiten Sandstrand entlang. Mindestens einen Kilometer breit und – keine Ahnung – wie lang (wusste man auch an der Rezeption nicht: „Sie stellen ja komische Fragen!“), doch es müssen mindestens 5 – 6 Kilometer von der Dorfmitte bis an die Ostspitze sein.
Die beiden schwarzen Punkte am Horizont sind offenbar Menschen! Das erlebt man nur im Winter! Könnte auch Schnee sein, der uns da entgegen fegte. Die Vögel haben den Strand für sich alleine. Doch nicht ganz:
Andrea kann es schon wieder nicht lassen, in das 4 – 5 Grad kalte Wasser zu laufen, und das mindestens 10 Minuten lang! Morgen hat sie bestimmt Schnupfen…
Doch nun einfach ein paar Fotos zum Genießen (wenn man – wie ich – ein Freund von leeren Stränden ist):
Wie entstehen diese Wellen auf dem Meeresboden? Ich weiß es nicht. Ergebnisse des ewigen Spieles zwischen Wind und Wellen.
Stundenlang sind wir gelaufen (mindestens 2), bis wir das Ende der Insel erreicht hatten und schon Wangerooge im Dunst erkennen konnten.
Bei der Ostbake endet praktisch die Insel und von dort aus ging es zurück auf der Wattenmeerseite.
Hier beginnt auch das Vogelschutzgebiet, das man nicht betreten darf. Nur ein Blick ist erlaubt.
Zum letzten Mal ein Blick auf die Windspuren an der Dünennordseite…
…und dann zurück über gewundene und markierte Pfade ins Dorf. Teilweise sehr schlüpfrig und manchmal auch auf Umwegen, denn nicht alle Stellen waren ohne Gummistiefel – die wir natürlich nicht dabei hatten – begehbar.
Während wir auf der Seeseite herrliches Wetter hatten und ich sogar noch einen Neidanruf nach München zu meiner Tochter Mirja schickte, trübte es sich auf der Südseite sehr schnell ein und schon kamen die ersten Tropfen vom Himmel. Es regnete sich so richtig ein und testete unsere Bekleidung.
Über 1 ½ Stunden brauchten wir bis zurück ins Dorf und der Regen war unser ständiger Begleiter. Andrea´s und meine Jacke hielten dieser Belastung nicht stand, während Andreas` Lederjacke offenbar von besserer Qualität war.
Zum Glück – wir denken ja positiv – kam der Regen von schräg hinten, so dass ich zumindest das Gesicht frei hatte, doch weder Andrea noch Andreas hatten eine Mütze auf, sondern nur ein Stirnband, sodass ihnen richtig der Kopf gewaschen wurde. Ich hatte Mütze und Kapuze, doch meine Mütze lehnten sie dankbar ab (dachten wohl, ich hätte Läuse oder so was…).
Im Hotel angekommen, mussten wir – obgleich wir richtigen Kuchenhunger hatten – uns erst einmal umziehen. Meine Jacke tropfte sogar von Innen, so dass ich sie zunächst mit dem Handtuch innen abtrocknen musste und sie dann noch gefönt habe!
Doch dann gab es Kaffee bzw. Tee & Kuchen: Aber bitte mit Sahne!
Da die beiden nur bis Samstag bleiben konnten, sind sie danach zur Fähre gegangen und ich in meine Kampf-Katzen Behausung, wo ich jetzt diesen Tagesbericht schreibe. Doch jetzt ist es schon gleich 8 Uhr abends und da will ich denn doch noch ein wenig für meinen Magen und meine Kehle tun.
Zum Abendessen zunächst mein „medizinisches Bier“……und dann bei Kerzenschimmer…
Nicht nur das Zanderfilet war köstlich, das ich genossen habe, sondern auch wenn man über die Art und Weise liest, wie die Untertanen früherer Zeit mit der Obrigkeit umzugehen hatten. Wenn ich da noch einmal aus dem von der Kurverwaltung Spiekeroog herausgegebenen Büchlein „Wie es begann…“ zitieren darf. Zum Beispiel aus einer Bewerbung eines Fährmannes an die Behörde, der den vom verstorbenen Vater übernommenen Fährvertrag übernehmen wollte:
„Nun gehet an Königl. Wohllöbliches Amt meine gehorsamste Bitte dahin, mir für dieses laufende Jahr das Geschäft eines Fährmanns zwischen Spiekeroog und Neuharlingersiel gütigst anvertrauen zu wollen.“ Und dann zum Schluß: „Nochmals um Gewährung meines gehorsamsten Gesuches bittend, verbleibe ich mit dem tiefsten Respecte Eurer Königl. Wohllöblichen Amtes gehorsamster Diener“.
Da bin ich doch froh, dass wir heute nicht mehr in dieser Untertanenmentalität leben müssen, obgleich das Beamtentum dieser schönen alten Zeit sicherlich nachtraueret. So hat man auch heute manchmal noch das Gefühl, dass diese Klasse immer noch der Ansicht ist, die Bürger sind als Diener für den Staat da und nicht umgekehrt. So muss man auch heute noch vorsichtig sein, Kritik am Vorgehen von Behörden zu üben, denn was sie machen, ist immer Recht. Sie können auch heute noch Monate ins Land streichen lassen, um mit verdrehten Sätzen darzulegen, dass alles seine Richtigkeit hat, auch wenn die Fakten gänzlich anders liegen. Zu sagen: „Es tut uns leid, das haben wir nicht erkannt“ oder ähnliches, kommt denen niemals über die Lippen, geschweige denn zu Papier. Hier muss es also noch sehr viele Ebben und Fluten geben, bis „die da Oben“ endlich kapiert haben, dass sie für die Bürger Dienste zu erbringen haben und nicht umgekehrt. Aber vielleicht passiert das ja in den nächsten hundert Jahren noch. Seien wir mal optimistisch!
Und wenn wir schon beim Zitieren sind, dann auch aus dem Buch „Die Norseeinsel Spiekeroog“ vom Peter Roterberg, das ich auch im meinem Kampf-Tiger Domizil gefunden habe.
Demzufolge kommt der Name von „Spieker“ = Speicher und „Oog“ = Insel. Weil sie so karg war und man nichts pflanzen konnte, musste alles an Lebensmitteln ect. gespeichert werden.
Laut diesem Buch weiß man bis heute nicht ganz genau, wie die Ostfriesischen Inseln entstanden sind, doch geht man davon aus, dass sie durch die Erhöhung des Meeresspiegels nach der Eiszeit übrig geblieben sind, da man bei Bohrungen erst in 20 Meter Tiefe Festlandsboden gefunden und sich der Sand im Laufe der Jahrtausende abgelagert hat.
Die Insel – wie auch die anderen „Ostfriesichen Inseln“ – wächst immer weiter, weil im Westen Sand abgebaut und neuer Sand im Ostteil ablagert wird. Vielleicht wird sie eines Tages mit Wangerooge zusammenwachsen, wenn der „Blanke Hans“ nichts dagegen hat. Doch Wangerooge hat offenbar was gegen eine solche „Ehe“, denn auch sie wandert immer weiter nach Osten und gerhört ja eigentlich nicht zu den Ostfriesichen Inseln, sondern zum Land Oldenburg und somit nicht zu Ostfriesland, worauf man dort großen Wert legt!
Interessant ist, dass ich in keinem dieser Bücher gefunden habe, wie groß die Insel eigentlich ist. Auch an der Rezeption konnte man diese „komische Frage“ nicht beantworten. Nun, ich werde es schon noch herausbekommen!
Im Internet habe ich dann nach vielem Suchen – nicht einmal auf der offiziellen Seite der Gemeinde habe ich die Länge erfahren können – folgendes gefunden:
„1860 war die Insel gerade mal 6 km lang, also ungefähr so groß wie das heutige Baltrum. Durch Eindeichung der Harle-Bucht am gegenüberliegenden Festland, kam es zu Verschiebungen im Strömungsverlauf, im Osten wurde die Insel durch Sandanspülungen immer länger und dicker, Heute ist sie fast doppelt so lang.“
(Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2006/04/10/551370.html)
Wenn der Sonntag nicht so verregnet gewesen wäre, hätte ich sicherlich die Abendfähre genommen, nicht zuletzt, um mir ein Konzert in der Alten Dorfkirche anzuhören. So habe ich nach dem erneut leckeren Frühstücksbuffet noch einige Fotos über den aufkommenden Frühling auf der Insel machen können:
Japanische Kirsche Strandrosen
Die ersten Narzissen Pfeffernuss
Krokusse Schneeglöckchen Sogar eine Rose hatte sich über den milden Winter gerettet.
Auch einen kleinen Dorfrundgang konnte ich noch machen.
Die alte Dorkirche außen und innen und ein alter Grabstein
Da der Regen nicht nachließ, sondern nur noch stärker wurde, habe ich mich dann wieder im Hotel mit der Zeitung von gestern beschäftigt, bis es Zeit für die Fähre wurde.
Froh, einen warmen Platz unter Deck zu bekommen und mein neues Buch anzufangen, habe ich dann auch keine Fotos mehr von den zurück gebliebenen Gästen gemacht, die ihre Besucher oder wen auch immer zum Abschied zuwinkten.
Auch in Neuharlingersiel regnete es, so dass ich schnell in den Shuttlebus ging, der uns zu den Garagen fuhr (1 Euro). Auch die Heimreise nach Oldenburg war voller Regenschauer, so dass das Ende der Kurzreise auf die Insel Spiekeroog im wahren Sinne des Wortes ins Wasser fiel.
Beim nächsten Mal nehme ich mir einen „Sylt-Nerz“ oder ähnliches und Gummistiefeln mit…
Ihr
Jens Diekmann
(diesmal nicht als Single sondern als Triple)